Tichys Einblick
Nun haben sie wirklich den Verstand verloren

Politik auf Schulden-Speed: Kukies will 2.000 bis 3.000 Milliarden – von privaten Konten

Die Idee des SPD-Finanzministers: Wenn die Kreditlinie ausgeschöpft ist, holt sich der Staat noch mehr Geld von den Konten der Bürger. Berlin-Mitte ist im Zuge der Koalitionsverhandlung zu einem Spielcasino geworden, in dem die Bürger, die keinen Zutritt haben, die Zeche für die Spielsucht der neuen Aristokratie zahlen müssen.

Jörg Kukies, Bundesfinanzminister, Berlin, 18.03.2025

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Es klingt wie eine Glosse, wie ein gewaltiger Gag galligen Humors, aber am Ende wird Alexander Roda Roda recht behalten, der einst schrieb: „In manchen Ländern sind Satiriker überflüssig; die Regierung macht sich selbst lächerlich.“ Seitdem vor ein paar Tagen vier Professoren der Ökonomie namens Hüther, Fuest, Schularick und Südekum heillos dem Übermut verfielen, weil man sie im Gesindetrakt an der großen Sause in Neu-Versailles von Berlin-Mitte mitmachen ließ – ein Poker-Spielchen wagten, wie hoch man die Neuverschuldung Deutschlands treiben kann, ohne auch nur die geringste Verantwortung zu übernehmen oder sich durch die hässlichen Fesseln der Wissenschaft binden zu lassen –, grassiert auf den Partys des Ancien Regimes in Neu-Versailles die Schuldensucht. Die vier Wirtschaftswissenschaftler wurden zu Dealern von Politikern auf Schulden-Speed. Man kann das Spiel Russisch-Roulette oder Black German, oder 3600 (Milliarden Euro) zu 86 (Millionen Deutsche) nennen.

Berlin-Mitte ist im Zuge der Koalitionsverhandlung zu einem Spielcasino geworden, zu einem deutschen Monte Carlo der Classe Politique, in dem die Bürger, denen kein Zutritt zum Casino gewährt wird, die Zeche für die Spielsucht der neuen Aristokratie zu zahlen haben, oder wie Wagenknecht sarkastisch bemerkte, für: „Kriegskredite mit Klimasiegel“. Der eigentliche Grund für den Ausbruch des I. Weltkrieges lag im eklatanten Versagen der europäischen Eliten, die eher in den Krieg hineinglitten, als hineinmarschierten, wie die Juli-Krise zeigt. Arroganz und Dummheit führten zum großen Krieg.

Helds Ausblick – 1-2025
Jenseits jeder Staatsräson
Ganze 500 Milliarden Euro will man für die Infrastruktur auf Pump ausgeben. Ein Viertel des gepumpten Geldes wird wohl im Bürokratieaufbau verschwinden, denn so viel Geld will verwaltet und die Verwaltung kontrolliert werden, nicht nur, was die Verwendung des gepumpten Geldes betrifft, sondern auch, ob es divers und inklusiv genug verwaltet wird, muss von staatlich finanzierten NGOs ständig überprüft werden. Wichtiger als Kompetenz sind Herkunft, Geschlecht und sexuelle Vorlieben. Auch in der Kriegsertüchtigung. Deutschland geht divers zu Grunde, weil es sich vielfältig verschuldet. Die 400 Milliarden Euro für die Verteidigung reichen bei Weitem nicht aus, und nicht weil Wladimir Putin so böse ist. Im Grunde geht es auch nicht um Putin. Schon lange nicht mehr.

Es geht um den eigenen Machterhalt mit wirklich allen Mitteln, um den erweiterten Verteidigungsbegriff, hier vor allem um den Kampf gegen den inneren Feind, um die Etablierung einer flächendeckenden Zensur, um die Finanzierung des Umbaus des Verfassungsschutzes zur politischen Polizei, zur Finanzierung und vor allem zur Erhöhung der Anzahl der NGOs als schwarzrotgrüne Garden zur Verteidigung des Ancien Regimes der Postdemokratie, wie es sich in den letzten vierzig Jahren peu à peu herausgebildet hat. Schließlich gilt es, die vielen jungen Menschen, die nicht einmal ein Studium der Politikwissenschaft oder der Soziologie bewältigen, vor Begabungsdiskriminierung zu schützen und sie, gute Gesinnung und Veganismus vorausgesetzt, in einer der vielen NGOs in Lohn und Sushi zu bringen. Die Parlamente reichen für das gigantische Beschäftigungsproblem nicht mehr aus.

Nicht zu vergessen, dass die SPD und Svenja Schulze bereits klargestellt haben, dass auch die Entwicklungshilfe zur Verteidigung gehört, schließlich wird Deutschlands Freiheit auf den Radwegen in Peru verteidigt. Mögen auch die deutschen Krankenkassen und die deutschen Krankenhäuser Insolvenz anmelden wie vor kurzem die Regiomed Kliniken, Deutschland ist nur dann verteidigungsbereit, wenn 86 Millionen Euro in Tansania helfen, eine gesetzliche Krankenversicherung aufzubauen oder 15 Millionen Euro für die Krankenhauspartnerschaft für ein islamistisches Regimes in Syrien spendiert werden, das die eigene Bevölkerung terrorisiert und massakriert, was offenbar Teil der wertegeleiteten Außenpolitik und Grundpfeiler der wehrhaften Demokratie ist. Auf diese Art und Weise helfen möglicherweise die Sonderschulden Verteidigung auch dabei, den Etat des Entwicklungshilfeministeriums (BMZ) zu verdoppeln.

Sie prügeln sich ums Geld
Freude über neue Schulden - aber für alle kann es nicht reichen
Tout Berlin-Mitte hat sich jedenfalls auf seinen Partys, die in freilich deutscher Plumpheit die Salons der Julirevolution mit ihrem berühmten Motto Enrichissez-vous (Bereichert euch) nachbanausieren, dem großen Rausch der ganz großen Zahl, der großen Summen hingegeben. Nicht kleckern, sondern klotzen. Hatte Angela Merkel noch im deutschen Fernsehen während ihres fröhlichen Pandemie-Regimes sich für einen Versprecher mit dem Scherz entschuldigt: „Millionen? Milliarden? Man kommt schon ganz durcheinander“, geht es in Berlin-Mitte längst nicht mehr um Millionen, um Milliarden. Man ist doch nicht kleinlich, nicht spießig. Wer nicht wenigstens in Billionen denkt und stattdessen mit ein paar lumpigen Milliarden, oder, oh Himmel, mit ein paar schäbigen Millionen daherkommt, hat sich wirklich als Dorftrottel aus Basishausen geoutet und zieht nur den Spott aller in Berlin-Mitte auf sich.

Und weil allen aufgeht, dass die Art von Wirtschaft, die nun in Merzens Juli-Regime Einzug hält, nur aufrechtzuerhalten ist, wenn die Bankrotte dadurch vermieden werden, dass wenn schon Geld verbrannt wird, noch mehr Geld verbrannt werden muss, damit das Feuer niemals ausgeht, kam Finanzminister Jörg Kukies auf eine famos dreiste Idee:

„Das Ziel ist nicht, bei 500 Milliarden Euro öffentlichem Geld stehen zu bleiben, sondern durch Crowding-in von privatem Kapital auf 2.000 oder 3.000 Milliarden Euro zu kommen, so Minister @joergkukies bei der @bitkom #TRANSFORM25 #Sondervermögen“.

Die Idee des Finanzministers aus der SPD, der sein Handwerk bei Goldman Sachs lernte, war so einfach und fabelhaft, dass ihn alle Demokraten aus der Mitte dafür einfach lieben. Genial: Wenn unsere Kreditlinie ausgeschöpft ist, holen wir uns einfach das Geld von den Konten der Bürger. Wenn jemand in eine Bank einbricht und den Tresor knackt, ist er ein Verbrecher und kommt ins Gefängnis. Macht es der Staat, ist es Demokratie. Oder wie es in Heiner Müllers Hamletmaschine heißt, so als habe Müller die Demokraten aus der Mitte von Neu-Versailles vorausgeahnt: „ER WAR EIN MANN NAHM ALLES NUR VON ALLEN.“

Die 500 Milliarden Euro, die für die Sonderschulden Infrastruktur aufgenommen werden sollen, sind durch keinerlei Planung untersetzt. Man weiß nur, dass 100 Milliarden für Habecks Klimatransformationsfonds (KTF), für die EEG-Barone und für die Finanzierung von grünem Stahl in Schilda verjuxt werden, ansonsten existiert keine Analyse der Bedarfe. Als sei es Teufelszeug, wurde tunlichst vermieden, den Bundeshaushalt 2025, der noch nicht vom Parlament beschlossen wurde, nach Sparpotentialen durchzusehen. Die Leute, die die neue Regierung bilden wollen, kümmern sich anstatt um den Bundeshaushalt um Schattenhaushalte.

Chefredakteurstalk
Merz beerdigt die Schuldenbremse: Ein Land wird umgebaut
Es ist noch nicht einmal Bilanzfälschung, jedenfalls bis jetzt noch nicht, man macht einfach eine neue Bilanz auf Pump auf. Der französiche Schriftsteller Honoré de Balzac riet allen Bankrotteuren dazu, wenn ihre Firma pleite ist, eine neue Firma zu gründen, damit mit den Krediten der neuen Firma die Schulden der alten bezahlt werden. Und immer so weiter, so lange es eben geht. Im Staatshaushalt funktioniert die Insolvenzverschleppung freilich länger als im privaten Geschäftsleben. Und der Staat kann, wie die grüne Haushälterin Schäfer einmal meinte, nicht pleite gehen – schließlich, wäre hinzuzufügen, solange er genügend Leistungsträger unter seiner Steuerknute hält. Verrückt, aber die Kreditwürdigkeit des Staats beruht auf der künftigen Arbeitsleistung seiner Bürger.

Dabei sprechen wir doch, was vollkommen verschleiert wird, von den Kernaufgaben des Haushaltes, die auch vom Haushalt bestritten werden müssen, denn für Brücken und Schienen zahlen wir Steuern und nicht für Fahrradwege in Peru. Und obwohl niemand weiß, wie die Zahl 500 Milliarden Euro zustande kam, außer aus dem Übermut von vier Wirtschaftsprofessoren, die leichtsinnigerweise mal ins Casino von Neu-Versailles gelassen wurden, obwohl niemand weiß, wie und wofür das Geld konkret ausgegeben wird, erklärt der von Goldman Sachs kommende Finanzminister, dass die fast 1000 Milliarden Euro Schulden, die man aufnimmt, ganz und gar nicht reichen werden, denn man braucht 2000 oder 3000 Milliarden, statt 1 eben 2 oder 3 Billionen Euro.

Man könnte angesichts der Berliner Tristesse fragen: Was kann man für ein Land noch tun, das von der eigenen Regierung verspielt wird. Denn die Funktionäre der Parteien, die sich ohne Unterlass demokratisch nennen, um den möglichst größten Abstand zwischen sich und ihren Wählern herzustellen, weil sie ihre Herkunft aus den Hinterzimmern von Groß-Kleinhausen, von Schwatzingen oder vom Sonnenblumenbilligmarkt wie jeder Parvenü glauben, verschleiern zu müssen, finden im Rausch der großen Party in Neu-Versailles eine immer noch schlimmere Wendung für unser armes deutsches Vaterland. Ihre Losungen lauten: „Alles für die Ukraine!“ und „Alles gegen Deutschland!“. Der gewitzte Franzose Molière hatte vor ein paar Jahrhunderten bereits all die Typen der Berliner Blase vorgeahnt und proträtiert im „Bürger als Edelmann“, im „Tartuffe“, im „Eingebildeten Kranken“.

Aber was hilft an dem Tag noch, wenn auch die 2000 oder 3000 Milliarden Euro privaten Vermögens verprasst worden sind? Krieg?


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