Tichys Einblick
Staatskrise ante portas:

Worum es Olaf Scholz im Hütchenspiel um den Termin der Neuwahlen tatsächlich geht

Hat die Bundeswahlleiterin allen Ernstes verkündet, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage ist, organisatorisch abzusichern, dass in drei Monaten Bundestagswahlen stattfinden können? Und das in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzler? Das riecht nach Tarnen, Tricksen, Täuschen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt das Schloss Bellevue, 07.11.2024

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Nicht erst seit gestern ist bekannt, dass unter dem Bundeskanzler Olaf Scholz in den letzten drei Jahren die Wirtschaft in einem erstaunlich rasanten Tempo gegen die Wand gefahren wurde und wird, das Gesundheitswesen kollabiert, die Rente nicht mehr sicher ist, die innere Sicherheit systematisch durch die innere Unsicherheit ersetzt wurde, die Infrastruktur zusammenbricht, der öffentliche Verkehr ohnehin. Über die Hälfte aller Züge sind nicht pünktlich, wenn sie überhaupt losfahren, die Fluggesellschaften fliehen aus Deutschland. Seit gestern aber ist bekannt, dass in dem von Olaf Scholz regierten Deutschland in drei Monaten keine Wahlen stattfinden können, weil die Bundeswahlleiterin sich außer Stande sieht, das notwendige Papier zu beschaffen und die Druckaufträge auszulösen. Was macht die Frau eigentlich beruflich?

Noch am Donnerstag hatte auf Anfrage ein Sprecher der Bundeswahlleiterin erklärt, dass die organisatorischen Vorbereitungen für die Wahlen kurzfristig veranlasst werden können. Dann äußerte Olaf Scholz am Freitag in Budapest, dass der Wahltermin „auch den Anforderungen der Bundeswahlleiterin genügen“ müsse, „um eine ausreichende Zeit für die Organisation einer fairen und demokratischen Wahl zu genügen“. Wie durch ein Wunder erreichte am gleichen Tag ein Brief der Bundeswahlleiterin Ruth Brandt den Kanzler, den wie durch ein SPD-Wunder fast zeitgleich der SPIEGEL veröffentlichte, in dem die Bundeswahlleiterin ihrer eigenen Behörde widerspricht.

Das kann ja wohl nicht wahr sein. pic.twitter.com/sla7RU1sIl

— Dr. Friedrich Pürner, MPH (@DrPuerner) November 8, 2024

Plötzlich können Ende Januar doch keine Wahlen stattfinden, weil die Menge an Papier nicht besorgt und die Druckaufträge nicht rechtzeitig durchgeführt werden können? Verkündet die Bundeswahlleiterin allen Ernstes, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage ist, organisatorisch abzusichern, dass in drei Monaten Bundestagswahlen stattfinden? Und das in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzler? Damit macht sich die von Nancy Faeser berufene Beamtin höchst unglaubwürdig. Das riecht nach Tarnen, Tricksen, Täuschen.

Fazit: Wenn eine faire und demokratische Wahl stattfinden soll, muss die Bundeswahlleiterin zurücktreten. Sie ist nicht mehr über jeden Zweifel erhaben. Mehr noch, Nancy Faeser hatte vor längerem erklärt, dass sie die Weiterleitung der Wahlergebnisse aus den Wahllokalen sich genauer anschauen will, um sie gegen Cyberangriffe Putins zu sichern. Gegen Putin also, oder auch gegen Stimmen für Parteien, denen man dreist unterstellt, in Putins Sold zu stehen. Reicht die Zeit nicht aus für Faesers „Sicherungen“? Die Schmierenkomödie, die die SPD aufführt, rüttelt am Grundvertrauen in die Demokratie, am Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Wahlergebnisse, die nach diesen seltsamen Vorgängen nicht mehr über jeden Verdacht möglicher Einflussnahme von wem auch immer erhaben sind.

Warum fragt Faesers Bundeswahlleiterin nicht Robert Habeck, wenn es an Papier mangelt? Gerade eben hat der Bundeswirtschaftsminister der Papierfabrik Adolf Jass in Fulda eine Förderung bis zu 564 Millionen Euro überreicht.

Unkalkulierbare Zeiten:
Für Olaf Scholz hat der Wahlkampf schon begonnen
Kanzler kann Scholz nicht, Intrige dafür um so besser. Man gewinnt von Tag zu Tag mehr das Gefühl, dass man es bei Olaf Scholz mit einem zufällig ins Kanzleramt geschickten Bürgermeister von Hamburg Eppendorf zu tun hat, weil in der SPD gerade kein anderer mehr da war. Man erinnert sich an die Zeit, an der Gerhard Schröder über den „Scholzomaten“ spottete. Der Spott hat seine Berechtigung nicht verloren, es gibt nur keine Spötter mehr. Seine Gesellenzeit hat Scholz unter Aufsicht der Architektin des deutschen Niedergangs absolviert. Schon Angela Merkel regierte eher nicht auf der politischen, sondern auf der Ebene der politischen Intrige.

Seit dem Sommer befindet sich Scholz bereits im Wahlkampf. Robin Alexander schreibt in der WELT: „Zunächst erschien in einem Nachrichtenmagazin eine erkennbar aus dem Kanzleramt gefütterte Story über den Niedergang der Ampel. Dann verabredete der Regierungschef mit der SPD-Führung auf einer Klausurtagung die Fokussierung auf die Themen: Rente, Mindestlohn, Rettung der Industriearbeitsplätze. Und dann rief er in einer Regierungserklärung überraschend einen ‚Pakt für Industrie‘ aus, bei dem er sowohl seinen grünen Wirtschaftsminister als auch seinen liberalen Finanzminister bewusst außen vorließ.“ Ein Rätsel ist es, weshalb sich der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das bieten lässt?

Er muss gehen
Olaf Scholz, der fiese Möpp
Ende der vorigen Woche schickt Christian Lindner ein 18-seitiges Reform-Papier an die Spitzen der SPD und der Grünen. Unklar ist, wer das Konzept an die Medien durchgestochen hat. Am Sonntag schlägt Lindner dem Kanzler in einem Vier-Augen-Gespräch die Auflösung der Koalition vor. Am Mittwoch verlangt Scholz im Koalitionsausschuss von Lindner die Aussetzung der Schuldenbremse, obwohl er weiß, dass Lindner da nicht mitgehen kann. Daraufhin entlässt er Lindner und hält spornstreichs eine vorbereitete Rede, die kanzlerunwürdig ist, voller persönlicher Angriffe, Unterstellungen und Schmähungen.

Nicht nur in der Union wird der Umgang von Olaf Scholz mit der FDP als niederträchtig empfunden. Es dauert nur wenige Stunden, als in Scholzens Wahlkreis die ausformulierte mit Bildern gelayoutete Bewerbung Scholzens als Kandidat für die Bundestagswahl für diesen Wahlkreis unter seinen Genossen verteilt wird. Hat Scholz so viel Angst vor dem Verlust der Immunität, wenn er nicht wieder gewählt wird als Abgeordneter? Hat die SPD nicht genügend Zeit für die Operation Abendsonne? Reicht die Zeit nicht für die Vorbereitung der Wahlen in jeder Hinsicht?

Das Bild, das Scholz und seine Leute bieten, ist abstoßend. Die SPD scheint ein neues Regierungsmotto zu haben: erst Olaf Scholz, erst Nancy Faeser, erst Svenja Schulze, erst Karl Lauterbach, erst Hubertus Heil, erst Klara Geywitz, und dann? War doch noch etwas? Das Land? Welches Land?


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