Tichys Einblick
Ein neues Traumpaar?

Scholz und Merz planen offenbar Kuschel-Wahlkampf

Die Präferenzen gehen kreuz und quer: Daniel Günther bringt die Linkspartei (mal wieder) ins Spiel, Karin Prien das BSW, Hendrik Wüst liebäugelt mit den Grünen. Währenddessen schickt Scholz Liebessignale an Merz. Der verspricht dafür in Zukunft weniger provozieren zu wollen.

picture alliance/dpa | J. Penschek, dts - Collage: TE

Die nächste Bundestagswahl findet – falls die FDP weiter brav-schlapp in der „Ampel“ mitschunkelt – im September 2025, also in 16 Monaten, statt. Schlaue Beobachter meinen, der Wahlkampf sei eigentlich jetzt schon im Gange. Naja, wenn man sich Kanzler Scholzens und Oppositionsführer Merzens jüngste Äußerungen anhört, wird es kein Wahlkampf, sondern eher ein Schlafwagen-Wahlkrampf. Kernaussagen der beiden: „Ein Gegenkandidat Merz wäre mir recht“ (Scholz). „Ich will in Zukunft weniger provozieren“ (Merz). Aber vielleicht ist dies ja hinterhältiges Kalkül: Ein solchermaßen ins politische Wachkoma beförderter deutscher Michel (der Schein-Souverän) würde die Kreise der Politikschaffenden und mithechelnden Medienschaffenden vor und nach der Wahl weiter nicht stören.

Das Ganze bahnt sich topaktuell so an:

Akt 1: Olaf Scholz hat soeben seinen Wunsch-Gegenkandidaten gekürt: CDU-Chef Friedrich Merz. Wörtlich: „Ich halte das für sehr wahrscheinlich, und wenn ich das sagen darf: Das wäre mir auch ganz recht“, sagte der Kanzler auf einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland am 11. Mai. Warum Scholz in Merz für einen angenehmen Gegenkandidaten hält, wollte er auf Nachfrage nicht sagen. Das Verhältnis zu Merz, der dem Kanzler noch im März „jämmerliches Verhalten“ vorwarf und mehrfach das schlechte Verhältnis zwischen sich und Scholz betonte, bezeichnete der Kanzler trotzdem als „von meiner Seite aus gut“. Ersticken also durch Umarmung?

Akt 2: Friedrich Merz will in Zukunft weniger provozieren – und kündigte an, stattdessen „staatsmännischer zu agieren“. Im Interview mit der britischen „Financial Times“ sagte Merz soeben: „Je näher wir an die Bundestagswahl herankommen, desto weniger Wähler sehen mich als Oppositionsführer und desto mehr bewerten mich als potenziellen Kanzler.“ Darum werde es eine bestimmte Art scharfer politischer Angriffe wie in der Vergangenheit weniger geben. Wohlgemerkt, Merz will Kanzler und nicht Bundespräsident werden.

Fragen über Fragen

Bei so viel Weichspülung und Sympathiebekundung stellen sich doch einige Fragen:

Manche von Merzens markanten Worten hatten eigentlich für Klarheit gesorgt: Kritik an der „Wohlfahrt für Migranten“ und am „Sozialtourismus“, Migranten-Kinder als „kleine Paschas“, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, aber volle Leistungen bekommen, sich die Zähne machen lassen „und die deutschen Bürger bekommen keine Termine“.

Übrigens: Eine schwarz-rote GroKo hätte aktuell keine eindeutige Mehrheit. Die Union verharrt bei 30 Prozent, die SPD dümpelt bei 15,5 Prozent. Das würde knapp reichen, wenn zehn Prozent der Wählerstimmen ab 2025 wegen der 5-Prozent-Hürde nicht im Bundestag vertreten wären: die Wähler von FDP, Links-Partei, Wagenknecht-Partei und einigen weiteren Bewerbern wie Freie Wähler, Werteunion, Splitterparteien.

Allerdings ist auch klar: Je mehr sich die (vermeintlich) großen Konkurrenten ähneln, desto mehr gewinnen die Konkurrenten an den Rändern rechts und links. Da könnte die Union ja glatt noch einmal mit Armin Laschet antreten. Oder noch einmal mit „Mutti“; sie ist ja auch nur ein Jahr älter als Merz.

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