Nach seinem schmachvollen Auftritt in Hamburg vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss benötigte Kanzler Scholz vor seinem Trip nach Kanada womöglich noch ein schönes Erlebnis, geeignet zur Besänftigung der Gemüter. Was könnte noch schnell passen? Irgendwas mit Bauern, Landwirtschaft; also besichtigte er die Agrargenossenschaft AGT Trebbin. Vorteil: Die liegt nicht weit von seinem Wohnort Potsdam, um die Ecke in Brandenburg, also noch schnell erreichbar.
Die großen Landmaschinen hätten es dem Kanzler angetan, konnten die staatstragenden Medien vermelden. »Das ist großartig, ich wechsle den Beruf«, zitiert die dpa Scholzens warme Worte, als er auf einem Trecker saß. Bei näherer Betrachtung ist das allerdings keine so gute Idee – der Landmann muss sich sehr genau erinnern können an die Ernten der vergangenen Jahre zum Beispiel. Kaum ein Boden gleicht dem anderen, ja sogar auf großen Flächen unterscheiden sich die Eigenschaften bereits auf wenigen Hektar. Eher schlecht, da etwas zu verwechseln oder sich nicht erinnern zu können.
Äußerst misslich auch, wenn der Landwirt vergisst, welche Eigenschaften jene 2.200 Sorten Mais haben, aus denen er die passende Sorte wählen muss, die er auf seinem Acker anbauen will. Einmal vor der Aussaat die für die Eigenschaften seines Ackers falsche Sorte gewählt – schon sind Ertrag und damit Gewinn dahin.
Die nehmen heute jene Landmaschinen-Hightechmonster ab, die GPS-gesteuert präzise ihre Bahnen über die Äcker ziehen, dabei nur noch so viel Saatgut und Dünger beispielsweise verwenden, wie der Boden an den verschiedenen Stellen tatsächlich verträgt. Grundlage sind Daten, die der Mähdrescher liefert. Sensoren in der Maschine messen kontinuierlich, wie viel geerntet wird, das GPS-System speichert den genauen Ort. Ertragskartierung nennen das die Techniker. Hier würde Technik dem mangelnden Erinnerungsvermögen von Scholz helfen.
Mit Sicherheit würde er sich jedoch nicht mehr an die große Kulturleistung der Vorfahren erinnern, das Land urbar gemacht und hochwertige Ackerflächen aufgebaut zu haben. Die wird gerade durch grüne Landwirtschaftspolitik gründlich zerstört. Vor allem eine EU unter dem linksradikalen Kommissar Timmermans will zudem, dass die Anbauflächen immer weniger und damit Lebensmittel verknappt werden. Das in einem Europa, das zu den weltweiten Standorten zählt, in denen gute Anbaubedingungen vorherrschen. Auch das kann man leicht vergessen.
Alzheimer-Erscheinungen sind auch eher eine ungünstige Eigenschaft für Tierhalter. Wenn der Bauer in seinen Kuhstall geht, sieht er es einem Tier sofort an, ob es sich wohl fühlt und ob es gesund ist. Denn nur dann gibt die Kuh Milch.
Ganz schlecht erscheint der Satz von Scholz »ich wechsle den Beruf« auch im Hinblick auf die Dokumentationspflichten, die ein Landwirt heute zu erfüllen hat. Die Vielzahl an Dokumentationsvorschriften, mit denen ein wildgewordener Staat die Bauern traktiert, sind mittlerweile existenzgefährdend. Olaf Scholz würde mehr Zeit hinter dem Computer als auf dem Traktorsitz verbringen, um auf die Kommastelle genau aufzuschreiben, welche Düngemengen oder Pflanzenschutzmittel wohin ausgebracht wurden. Aber dazu müsste er sich erst einmal erinnern können, was er denn tagsüber getan hat.