Exakt an diesem 30. Dezember 2023 jährt sich ein gigantischer Flop der Regierenden zum fünften Mal: Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, damals 44) hatte am 30. Dezember 2018 gegen allen Expertenrat einen riskanten Vertrag mit einem Konsortium abgeschlossen, das eine deutsche PKW-Maut umsetzen sollte. Der Europäische Gerichtshof kippte dieses Vorhaben mit Entscheidung vom 8. Juni 2019 als rechtswidrig. Scheuer musste den Vertrag noch an eben diesem Tag kündigen. Das Betreiber-Konsortium fordert umgehend mehr als 500 Millionen Euro Schadenersatz. Man einigte sich schließlich auf 243 Millionen Euro
Nun hat Scheuers Nachfolger Volker Wissing (FDP) entschieden: Es wird wegen der versaubeutelten 243 Millionen keine Klage und keine Regressansprüche gegen Scheuer geben. Wissing hatte im Juli 2023 bei einer renommierten, auf Vergaberecht spezialisierten Kanzlei ein Gutachten in Auftrag gegeben. Er wollte geklärt haben, ob bei Scheuers Handeln Vorsätzlichkeit oder zumindest grobe Fahrlässigkeit geltend gemacht werden könnten.
Mit unseren Worten: Weil der Nachweis des Vorsatzes bzw. der groben Fahrlässigkeit nun laut Gutachten nur schwer zu führen sein wird, kann Scheuer Grundgesetz Art. 34 in Anspruch nehmen:
„Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.“
Und was das „Bundesministergesetz“ begrifft: Hier gibt es in Sachen Haftung eine Regelungslücke.
Die Maut war 2013 Prestigeprojekt der CSU – Auch die SPD war immer dabei
Was jetzt ein unrühmliches Ende findet, begann 2013. Damals wollte die CSU zur Bundestagswahl mit der Forderung nach Einführung einer PKW-Maut ausschließlich für ausländische PKW-Fahrer punkten. Fahrer aus dem Inland sollten für die PKW-Maut voll über die KfZ-Steuer entlastet werden. Die damalige Kanzlerin war zunächst gegen diese Forderung, später wegen des Koalitionsfriedens dafür. Im CDU/CSU/SPD-Koalitionsvertrag hieß es am 14. Dezember 2013 schließlich: Wir wollen „eine europarechtskonforme PKW-Maut, mit der wir Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW an der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das Autobahnnetz beteiligen wollen, ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher als heute zu belasten“.
Die Sache nahm unter dem damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (Minister von 2013 bis 2017) als „Infrastrukturabgabengesetz“ am 8. Juni 2015 dann erste Gestalt an. Das eigentliche „Maut-Gesetz“ brachte Dobrindt als Änderung des „Infrastrukturabgabengesetzes“ am 27. März 2017 durch den Bundestag. In namentlicher Abstimmung waren 434 Abgeordnete dafür (komplette CDU/CSU-Fraktion, bis auf 11 alle SPD-MdB), 127 Abgeordnete dagegen (11-mal SPD, je 58-mal Linke und Grüne). (Die FDP war in der Legislaturperiode 2013/2017 nach 4,8 Prozent bei der 2013er Wahl nicht im Bundestag vertreten, die AfD nach 4,7 Prozent noch nicht). Das Gesetz sollte ab 2019 gelten.
Ohne Scheuers Verantwortung relativieren zu wollen, sei noch einmal festgehalten: Diese Art von PKW-Maut war ein Prestige-Objekt der CSU, dem sich schließlich auch CDU-Chefin und Kanzlerin Merkel sowie der Koalitionspartner SPD anschlossen. Bei den Unions-Wählern freilich hatten die Maut-Pläne zunächst verfangen. CDU/CSU erzielten bei der Bundestagswahl 2013 mit bundesweit 41,5 Prozent das seit langem beste Ergebnis, die CSU erreichte in Bayern 59,8 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2017 (zwischenzeitlich waren Deutschlands Grenzen sperrangelweit geöffnet worden) waren es dann allerdings bundesweit geschrumpfte 32,9 Prozent der CDU/CSU und in Bayern für die CSU 47,5 Prozent.
Der Steuerzahler ist immer der Blöde
Juristisch heißt es, durch Scheuers Handeln sei kein „Dritter“, sondern „nur“ der Staat selbst geschädigt worden. Nun ja, wer aber ist der Staat, wer ist der Souverän, wer finanziert den Staat? Es ist der Steuerzahler. Bei Steuerhinterziehung werden – zu Recht – selbst „Promis“ wie Uli Hoeneß oder Alfons Schuhbeck hinter Gitter gebracht. Das ist nicht nur gerecht, sondern „generalpräventiv“ auch wichtig zur Pflege des Rechts- und Unrechtsbewusstseins der Bevölkerung, also des Souveräns.
Wie aber ist es bei Steuerverschwendung in der Höhe von Hunderten von Millionen? Wenn Regierende Gelder verpulvern, dann werden sie nicht an ihrem Amtseid gemäß Grundgesetz Artikel 56 (… „Nutzen mehren“, „Schaden abwenden“, „Pflichten gewissenhaft erfüllen“ …) gemessen, dann können sie sich hinter einem hier nichtssagenden Bundesministergesetz und hinter dem Grundgesetz Artikel 34 verstecken. Oft genug werden sie auch noch wiedergewählt, wenn auch knapp. Siehe Scheuers Erststimmenergebnisse in Passau: 2013 59,8 Prozent, 2017 47,5 Prozent, 2021 30,7 Prozent.
Der Wähler hat ansonsten offenbar ein kurzes Gedächtnis. Er wählt brav weiter, auch wenn Regierende dem Volk massiv schaden und das Geld (der Steuerzahler!) zum Fenster hinauswerfen:
- Wenn Hunderte von Millionen für unsinnige Entwicklungsprojekte in den Sand gesetzt werden. Oder in den Gazastreifen gehen.
- Wenn sich Spitzenpolitiker ihre Eitelkeit pflegen lassen: Baerbock mit 136.552 Euro für eine Visagistin, Habeck für 83.184 Euro für Fotobegleitung, Ex-Kanzlerin Merkel 57.000 Euro für eine „Hair-Make-up-Artistin“ (jeweils pro Jahr).
- Wenn das Baerbock-Ministerium für den Kauf einer Residenz mit 15.000 Quadratmeter Grund sowie mit Tennisplatz und Innen-Pool in Brüssel 8 Millionen ausgibt.
- Wenn eine Baerbock oft genug sinnlos durch die Welt fliegt und etwa auf den 16.000 Kilometern entfernten Fidschi-Inseln (mit seinen 333 Trauminseln, davon 110 von rund 900.000 Menschen bewohnt) ein Goethe-Institut errichtet.
- Wenn ab 2006 die nie zum Einsatz gekommene Drohne „Euro Hawk“ mit 900 Millionen zu Buche schlägt.
- Wenn das Kanzleramt für 800 Millionen erweitert werden soll.
- Wenn 6 Milliarden für vielfach überteuerte PCR-Tests ausgegeben werden. Wenn es zu einer Überbeschaffung von 5,8 Milliarden OP- und FFP2-Masken kam und 755 Millionen Stück wegen Überschreitung des Verwendungsdatums schließlich vernichtet werden mussten.
- Wenn ein Hamburger Senat unter einem Bürgermeister Scholz (SPD, Erster Bürgermeister dort von 3/2011 bis 3/2018) der Warburg-Bank 47 Millionen Steuerschuld erlässt.
- Wenn der Steuerschaden durch Cum-Ex-Geschäfte allein für Deutschland rund 36 Milliarden ausmacht und die Aufdeckung dieses Schadens auch wegen angeblicher Gedächtnislücken führender Politiker (Scholz!) nicht vorankommt.
- Wenn die seit 2015 anhaltenden Grenzöffnungen Milliarden kosten, wenn diese Politik – als tausendfaches Leid monetär überhaupt nicht bezifferbar – Mordopfer in dreistelliger Größenordnung fordert und seit 2015 allein 7.000 Frauen (täglich also rund 18) sexuell von Flüchtlingen belästigt wurden.
Wir brechen die Auflistung hier ab. Endlos viele weitere Beispiele kann man den „Schwarzbüchern“ des Bundes der Steuerzahler und den Berichten des Bundesrechnungshofes entnehmen.
Aber tut die Politik selbst etwas gegen Verschwendungen? Oder sind die 243 Scheuer/Steuer-Millionen nur Peanuts, zumal diese 243 Millionen nur 0,01 Prozent der gesamten „öffentlichen“ Verschuldung ausmachen? Immerhin hat die „öffentliche“ Verschuldung mittlerweile die Summe von rund 2.400 Milliarden (ausgeschrieben: 2.400.000.000.000) Euro erklommen: rund 1.650 beim Bund, 610 bei den Ländern, 140 bei den Kommunen; pro Nase vom Neugeborenen bis zum Greis: 30.000 Euro. Nein, die „hohe“ Politik überbietet sich oft genug mit immer neuen – weltweit wirksamen – Wohltaten (siehe Bürgergeld und weitere „Pull“-Faktoren), auf dass man gewählt werde oder zumindest als moralischer Weltmeister dastehe.
Der Bürger, der Wähler aber – er (!) ist der Staat, er (!) ist der Souverän – möge sein oft genug kurzes Gedächtnis ablegen und die Verschwendung seiner mühsam erarbeiteten Steuerlast konsequent an der Wahlurne ahnden.