Tichys Einblick
Rüdiger Lautmann und Helmut Kentler

Als der Berliner Senat Kinder an einschlägig Vorbestrafte auslieferte

Die "schwul-lesbische" KiTa und der Rücktritt des Pädophilenverstehers Rüdiger Lautmann haben gezeigt: ein seit Jahrzehnten bestehendes Netzwerk aus Pädophilenverstehern hat offenbar immer noch seine Finger in der Berliner Pädagogik - und nicht nur dort.

Symbolbild

IMAGO/Ageofstock

Im Anfang war Kentler. Transgender, Pubertätsblocker und aktuelle Auswürfe der LGBT-Lobby mögen globale Phänomene sein. Doch daneben gibt es einen spezifisch deutschen Traditionsstrang, wenn das Thema Pädagogik und Kindesmissbrauch auftaucht. Seinen Ursprung hat er in Berlin; und es ist wenig verwunderlich, dass das Ungeheuer erst neulich mit der Ankündigung zweier „schwul-lesbischer“ KiTas sein Haupt gezeigt hat.

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Die Personalie Rüdiger Lautmann machte alsbald die Runde, weil der Soziologe im Ruf stand, ein Pädophilie-Verfechter zu sein. 1994 veröffentlichte er das Buch „Die Lust am Kind“. Lautmann verteidigt sich, nicht Pädophilie zu verteidigen, sondern sie zu erforschen und verstehen zu wollen. Lautmann saß im Vorstand des Psychosozialen Zentrums für Schwule e.V., dem Trägerverband der anberaumten Kindertagesstätten. Um „weiteren Schaden“ von Verband und Einrichtungen abzuwenden, trat er aus dem Vorstand zurück.

Doch die jüngsten Geschehnisse und auch die Berichterstattung kratzen nur an der Oberfläche. Anders, als es der 86 Jahre alte Lautmann darstellt, stand er nicht im bloßen Dienst der Wissenschaft. Denn Lautmann beantragte 1979 den Paragrafen 176 (Sexueller Missbrauch von Kindern) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Laut BILD wirkte er 1997 an der Broschüre „Kind und Sexualität“ mit. Darin werde die Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen „im Grunde bejaht“.

Lautmann stand im engen Kontakt mit Kentler, der Pflegekinder in die Obhut vorbestrafter Päderasten gab

Vor allem stand Lautmann aber mit dem Mann im Kontakt, der im Zentrum einer bis heute offenbar bestehenden Seilschaft steht, die verdächtigt wird, Pädophilie in der Bundesrepublik seit den 1970ern entkriminalisieren zu wollen: Helmut Kentler. Im Rahmen jener berüchtigten „Kentler-Experimente“ brachte der Sexualwissenschaftler gezielt auffällige und verwahrloste Jugendliche bei pädophilen Männern unter. Es handelte sich um „Modellversuche“, um „Resozialisierungsexperimente“ auf dem Höhepunkt der Sexuellen Revolution.

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Kentler nutzte dabei seine guten Verbindungen zur Berliner Senatsverwaltung. Allein im Fall der „Pflegestelle H.“ wurden zehn Jungen von einem Pädosexuellen missbraucht und vergewaltigt. Ein Kind starb unter ungeklärten Umständen. Die Verantwortung der Berliner Jugendämter, unter deren Aufsicht die Kinder an vorbestrafte Pädophile bzw. Päderasten ausgehändigt wurden, ist bis heute nicht aufgearbeitet.

Kentler stieß im Zeitgeist der 1970er auf offene Ohren. In der Wochenzeitung Zeit durfte er 1969 die bisherige Sexualerziehung kritisieren, die „alte Tabus“ festige. Der Bundestag berief ihn als Sachverständigen zur Reform des Sexualstrafrechts; Kentler schlug vor, den Paragrafen 174 (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) zu streichen und die Altersgrenzen abzuschaffen oder zumindest zu senken. Im Zuge der Reform wurde Kindesmissbrauch nicht mehr als Verbrechen, sondern nur noch als Vergehen eingestuft. Erst seit 2020 gilt Kindesmissbrauch wieder als Verbrechen.

Kentler idealisierte die Päderasten, die Opfer sind bis heute traumatisiert

Von 1966 bis 1974 war Kentler Abteilungsleiter am „Pädagogischen Zentrum“ (PZ) in Berlin. Der SPD-geführte Senat hatte das Zentrum in den 1960ern aus der Taufe gehoben, um Berlin zu einem Zentrum „fortschrittlicher“ Bildungs- und Erziehungsreformen zu machen. Das PZ gab mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung die Zeitschrift „betrifft: erziehung“ heraus, in der eine Ausgabe mit dem Namen „pädophilie – verbrechen ohne opfer“ erschien.

Der pädophile Komplex
Kentler selbst idealisierte die „Ersatzväter“ der Berliner Kinder und Jugendlichen. Seine Modellversuche seien ein voller Erfolg gewesen. Sexuelle Bindungen zwischen erwachsenen Männern und Jungen könnten sich sehr positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Jungen auswirken, so Kentler, besonders wenn sich der Erwachsene als „Mentor“ erweise. „Diese Leute haben diese schwachsinnigen Jungen nur deswegen ausgehalten, weil sie eben in sie verliebt, verknallt und vernarrt waren“, verteidigte Kentler seine Versuche noch 1981 – gegenüber FDP-Bundestagsabgeordneten.

Dass eine solche Äußerung dazumal keinen Aufschrei provozierte, spricht eine deutliche Sprache. Auch große Teile des „liberalen“ politischen Flügels waren von der vermeintlichen Befreiung der Libido zu sehr benebelt, als das Verbrechen zu erkennen. Die Experimentierkaninchen sind bis heute traumatisiert. Erst die EMMA klagte Kentler Anfang der 1990er an – zusammen mit dem oben erwähnten Lautmann. Beide sind Teil der „Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität“ (AHS). Ein Großteil ihrer Mitglieder entstammt – wie etwa der Geschäftsführer Bruno Bendig – der aufgelösten Pädophilenverbindung „Deutsche Studien- und Arbeitsgemeinschaft Pädophilie“ (DSAP).

Modellversuche offenbar von einflussreicher Pädophilenlobby gedeckt

Das Umfeld gestaltet sich aber noch größer. So existierte in den 1980ern die pädophile Zelle „Jung und Alt“ in der „Alternativen Liste“ in Kreuzberg. Ihr fielen 1.000 Jungen zum Opfer. Mitbegründer waren Fred Karst und Dieter-Fritz Ullmann. Karst war zwölf Jahre Mitglied der AL/Grünen in Berlin, erklärte 1995, über 140 Jungen missbraucht zu haben. Ullmann betitelte die FAZ als einstigen „pädokriminellen Cheflobbyisten“ der Grünen.

Eine Studie der Universität Hildesheim aus dem Jahr 2020 kam zudem zum Schluss, dass es sich bei Kentlers eingerichtete „Pflegestellen“ auch um „alleinlebende, mitunter mächtige Männer (…) aus Wissenschaft, Forschungseinrichtungen und anderen pädagogischen Kontexten“ gehandelt habe. Quer durch Politik und Wissenschaft seien „pädophile Positionen akzeptiert, gestützt und verteidigt“ worden. Offenbar konnten die „Modellversuche“ also auch von einer im Hintergrund tätigen, einflussreichen Lobby wegen geschützt werden.

Dass dieses Netzwerk auch über Berlin hinaus aktiv war, zeigen Verknüpfungen zur hessischen Odenwaldschule. Die Senatsverwaltung vermittelte „schwierige Jungen“ an das reformpädagogische Internat, wo in den 70er und 80er Jahren 130 Schüler Opfer sexueller Übergriffe von Lehrern wurden.

Kentler wurde noch 2008 als „Leuchtturm“ gewürdigt – und zwar ausgerechnet von Lautmann

IM BLICKPUNKT
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Zuletzt sei die Humanistische Union (HU) genannt. Sie kooperierte mit der AHS. Ihr gehörte Kentler als Beirat an. Noch im Jahr 2000 wandte sich der Bundesvorstand gegen eine „Verpolizeilichung der Gesellschaft“ im Bereich der Sexualstraftaten sowie eine mediale und öffentliche „Erzeugung moralischer Panik“. Die Erklärung stieß auf dem Verbandstag desselben Jahres auf Widerstand. Dennoch dauerte es bis 2004, dass man sich zu einer Distanzierung gegenüber der AHS veranlasst sah.

Zugleich war es die HU, die 2008 einen lorbeerreichen Nachruf auf Helmut Kentler veröffentlichte. Ein „Leuchtturm“ des Beirats sei erloschen. Zitat:

„Wie kein zweiter verkörperte Helmut Kentler die humanistische Aufgabe einer aufklärerischen Sexualerziehung, und zudem war er ein Vorbild für öffentliche Wissenschaft. (…) In der Moral- und Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland – und nicht nur der alten BRD – besetzt Helmut Kentler einen sichtbaren Platz: mit seinem Eintreten für eine fundierte Sexualerziehung, die nicht vom Religionsunterricht oder durch die Zeitschrift Bravo erteilt wird. Mündigkeit und Emanzipation, in Absetzung von tradierten und fraglosen Autoritäten, galten als hohes Ideal in der jungen Demokratie. Kentler gebot hier damals über die Alleinstellung auf seinem Gebiet; die sexologischen Kollegen verblieben in der Deckung einer empirischen Grundlagenforschung.“

Keine Aufarbeitung möglich, solange „Toleranz“ über dem Kindeswohl steht

Verfasser dieser Zeilen? Niemand Geringeres als Rüdiger Lautmann. Fast zwanzig Jahre, nachdem Kentler in die Kritik geraten war und in einer Epoche, in der Grüne und Liberale ihre Pädophilenphilie langsam kritisch hinterfragten, konnte die HU einen solchen Nachruf ohne spürbaren Widerspruch publizieren; ähnlich, wie auch in der gegenwärtigen Diskussion um schwul-lesbische Kindertagesstätten und anderer pädophiler Wandlungen vergessen zu sein scheint, auf wessen Fundament der heutige Zeitgeist steht.

Teresa Nentwig vom Göttinger Institut für Demokratieforschung, aber auch die „Demo für alle“ von Hedwig von Beverfoerde haben die Causa immer wieder in den Vordergrund gerückt. Auch die taz hinterfragt ihre eigene Verantwortung. Lautmann ist deswegen nur eine kürzlich wieder aufgetauchte Eisbergspitze des niemals trockengelegten Berliner Pädophilensumpfes. Und solange in der Republik eine vermeintliche „Intoleranz“ als skandalöser gilt als die Bedrohung des Kindeswohls, wird sich daran auch wenig ändern.

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