Tichys Einblick
Das politische Jahr 2023

Die sieben Grundübel der Bundesregierung

Das erste Jahr der Ampel verlief schlecht. Im zweiten ging es richtig bergab. Kleine Meldungen über das tägliche Scheitern dominieren seitdem die Presse. Der Jahreswechsel ist die Zeit, um sich die großen Grundübel dahinter zu betrachten.

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Das erste Jahr der Ampel verlief schlecht. Im zweiten ging es richtig bergab. Kleine Meldungen über das tägliche Scheitern dominieren seitdem die Presse. Der Jahreswechsel ist die Zeit, um sich die großen Grundübel dahinter zu betrachten.

1. Das fehlende Geld

Schon zum Jahreswechsel ist TE der Frage nachgegangen, was passiert, wenn Deutschland das Geld ausgeht. Zum Jahreswechsel 2021-22 wohlgemerkt. Das Problem mit den Finanzen gab es schon, als linke Medien und Politiker die Berichterstattung darüber noch als rechte Hetze gebrandmarkt haben. Auf 2,4 Billionen Euro Schulden kommt die gesamte öffentliche Hand in Deutschland laut Bundesrechnungshof.

Eine vorausschauende Politik hätte sich die gleiche Frage stellen müssen, wie TE in seiner kleinen Serie: Wie muss Politik aussehen, wenn wir kein Geld mehr haben? Doch Olaf Scholz hat das Gegenteil getan. Erst als Finanzminister, dann als Bundeskanzler: Wenn ein Problem nicht lösbar war, wollte er es mit Geld zuschütten: Coronahilfen (Wumms), Entlastungspaket I, Sondervermögen, Entlastungspaket II, Transformationsfonds, Entlastungspaket III und krönender Abschluss: der Doppelwumms. Weil dieses Geld nicht da war, hat er Schulden gemacht. Weil er nicht so viele Schulden machen durfte, hat er sich Tricks ausgedacht. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Plan jetzt zerschossen.

Der Eiertanz um den Haushalt 2024 – heute einen Entwurf beschließen und ihn morgen schon wieder in Frage stellen – zeigt auf, wie ratlos gerade die SPD im Umgang mit fehlendem Geld ist. Statt Probleme mit Geld zuzuschütten, müssten jetzt politische Lösungen gefunden werden, die das Land wieder handlungsfähig machen. Doch genau dazu scheinen SPD; Grüne und FDP nicht in der Lage zu sein. Was auch zum nächsten Grundübel der Ampel führt:

2. Die Bürokratie

Der Satz „Wir müssen Bürokratie abbauen“ hat „Ich starte eine Diät“ als folgenloseste Ankündigung abgelöst. Eigentlich ist jedem klar, dass dieses Land jede Initiative in Berichten und Antragsformularen zur Erteilung eines Antragformulars erstickt. Doch es geschieht nicht nur nichts. Nicht einmal das. Die Ampel sorgt stattdessen dafür, dass der bürokratische Aufwand rasant wächst. Das ist kein Versehen.

Das ist nicht einmal ein handwerklicher Fehler. Das ist vielmehr eine notwendige Folge der linken Ideologie, der SPD und Grüne sowieso folgen – und der sich nun auch die FDP verpflichtet hat.

Es ist der Wunsch, den Bürger bis ins Detail zu führen. Das Heizungsgesetz ist ein gutes Beispiel dafür. Der Staat will genau wissen und darüber entscheiden, mit welcher Heizung der Bürger wann wie viel verbraucht. Dass irgendwer all diese Daten sammeln, abheften oder gar lesen und auswerten muss, ist nicht auf dem Schirm der Ampel. Wie bei allen üblen Folgen einer ideologischen Verbohrtheit steht am Anfang eine eigentlich gute Absicht:

Die Ampel will Einzelfallgerechtigkeit. Ein Beispiel: Das nächste Bürokratiemonster rollt an. Es geht um die KfZ-Steuer für landwirtschaftliche Geräte und um den Agrardiesel. Die SPD will nun gegebenenfalls kleine Betriebe von den Belastungen ausnehmen. Ist im Prinzip nichts gegen zu sagen. Erstmal. Nur: Dann müssen wieder Daten gesammelt werden – Betriebsgröße, Fuhrpark, Dieselverbrauch, Umsatz, Steuerlast… Das drückt auf die Betriebe, die all diese Daten sammeln müssen. Aber das vergrößert auch wieder den bürokratischen Aufwand, weil irgendwie irgendein Beamter die Daten daraufhin prüfen muss, welcher Betrieb finanziell zusätzlich belastet wird und welcher nicht.

Die Mehrkosten für die Verwaltung drohen dann das aufzufressen, was der Staat durch die übrige Mehrbelastung der Landwirte einnimmt. Dann muss der Staat neue Aufnahmequellen öffnen. Natürlich mit Ausnahmen. Die dann wieder geprüft werden müssen: So entsteht eine bürokratische Lawine, die immer größer wird – und irgendwann den Berg zu schlucken droht.

3. Das Personal

Boris Pistorius ist der beliebteste Politiker Deutschlands. Er war es sofort, als er kurz nach dem Jahreswechsel Christine Lambrecht im Verteidigungsministerium abgelöst hat. Da hatte er noch nichts getan, kaum etwas gesagt und nur eine Minderheit kannte ihn. Angesichts des politischen Personals der Ampel reicht es schon, nicht unangenehm aufgefallen zu sein, um als beliebtester und kompetentester Politiker zu gelten.

Angesichts des Angebots ist das wenig verwunderlich: Nancy Faeser, Karl Lauterbach, Marco Buschmann, Christian Lindner, Bettina Stark-Watzinger, Christian Lindner, Lisa Paus, Robert Habeck, Annalena Baerbock… eigentlich sitzen in Scholz Kabinett nur Problemfälle. Das gilt auch für den Inhaber des Chefsessels selbst.

Ein Blick auf die geschasste Lambrecht wirft eine Frage auf: Die nahm nämlich ihren Sohn mit. In den Urlaub. Im Bundeswehr-Helikopter. Wovon der – ganz der Instinkt der Mutter – Protzfotos in die sozialen Netzwerke stellte. Die wiederum von Panzern sprach, als Dinger, die mit ihrem Rohr in die Luft schießen würden. Um dann letztlich ein Video ins Netz zu stellen, indem sie den Berliner Feuerwerks-Wahnsinn dokumentierte – genauso wie den eigenen Blick auf die angenehme Erfahrung eines Krieges. Wenn so jemand wie Lambrecht bei einer Bestenauslese rauskommt, würde man schon gerne was über den Rest erfahren.

4. Die falschen Themen

Eigentlich wollte die Ampel die Regierung der identitätspolitischen Politik werden. Entsprechend war auch das „Selbstbestimmungsgesetz“ der Schwerpunkt der ersten Hälfte der Wahlperiode. Endlich soll es die Möglichkeit geben, sich aus der Galaxie an Geschlechtern jedes Jahr ein neues raussuchen zu können.

Nur dummerweise haben sich andere Themen in den Vordergrund geschoben. Harte Themen, wichtige Themen: Die Wirtschaft kollabiert. Die Armee ist nicht verteidigungsfähig, was blöd ist, weil 800 Kilometer entfernt ein Angriffskrieg tobt. Immer mehr Menschen können Essen, Strom und Wohnung nicht bezahlen. Für sie mag es erheiternd sein, wenn Buschmann das Zucken von Augenbrauen unter Strafe stellen will, solange sich ein intersexueller Bimetrosexueller davon diffamiert fühlt – aber wirklich tröstend ist es nicht.

5. Die fehlende Lösungskompetenz

Doch selbst in den Themen, in denen sich die Ampel wohlfühlt, bekommt sie keine tragfähigen Lösungen hin. Etwa bei der Legalisierung von Cannabis. Der Gesetzentwurf von Karl Lauterbach ist absurd. Vereine sollen gegründet werden, die Hanf anbauen, aber als Vereine nicht zu groß sein, aber ihre Blüten auch außerhalb des Vereins verkaufen dürfen, aber nur in bestimmten Mengen an begrenzten Tagen im Monat.

Das Gesetz ist nicht nur kompliziert, es bringt noch eine Freude mit sich: Wer in den Genuss der Legalisierung kommen will, muss sich anmelden. Dann gibt es bald staatlich anerkannte Kiffer. Ein Privileg, das den Trinkern und pathologischen Mettbrötchenessern noch verwehrt bleibt. Kein Wunder, dass die Hasch-Szene in dem Gesetz nicht wirklich die erwünschte Legalisierung sieht.

6. Der fehlende Grundkonsens

Die Ampel basiert auf der Einigung von FDP und Grünen. Volker Wissing und Christian Lindner haben mit Annalena Baerbock und Robert Habeck zuerst sondiert. Erst dabei entschieden sich die Vier, ob sie mit Olaf Scholz oder Armin Laschet koalieren wollen. Die Ampel ist daher die Koalition von FDP und Grünen mit der SPD.

Nur: Das passt eben nicht. Die FDP ist eigentlich eine liberale Partei. Sie will eigentlich, dass der Staat sich so wenig wie möglich in das Privatleben seiner Bürger einmischt. Die Grünen sind indes eine Partei, die alles regeln will: Ob der Bürger Cola oder Tee trinken soll? Welchen Tee? Wo dieser Hagebuttentee angebaut werden soll? Mit wie viel Bewässerung? Zu welcher Uhrzeit? Von welchem Anbauer? FDP und Grüne passen nicht zusammen. Das führt zum nächsten Grundübel.

7. Die fehlende Mehrheit

SPD, Grüne und FDP haben die Mehrheit der Stimmen – aber keine gesellschaftliche Mehrheit. In der Koalition setzen sich fast ausschließlich die Grünen durch. Sie sind demnach auch die Ampelpartei, die in den Umfragen am stabilsten geblieben ist. Verloren haben sie nur die Wähler, die sich unter grüner Politik etwas anderes als grüne Politik versprochen haben.

Die Wähler der FDP haben fast geschlossen ihre Stimme für die FDP gegeben, weil sie keine grüne Politik wollten. Jetzt wird ihre Stimme für eine Politik genutzt, die sie ausdrücklich nicht wollten. Auch einem nicht zu unterschätzenden Teil der SPD-Wähler geht es so. Der tatsächliche Anteil der Gesellschaft, der eine grüne Politik will, dürfte bei 30 bis 40 Prozent liegen. Genau dort steht die Ampel in den Umfragen.

Den Spitzen von SPD und FDP ist klar, dass sie umso mehr Stimmen verlieren, desto mehr grüne Politik sie umsetzen. Allerdings brauchen sie die Grünen im Bundestag – und sie brauchen auch die überwiegend grün dominierten Medien. Also stimmen sie ein wenig zu, ein wenig dagegen und werfen das Ganze auch gleich wieder um. Diesen Regierungstango mögen sich manche in der dünnen Luft der Berliner Blase schönreden können – außerhalb dieser Blase überzeugt das immer weniger Menschen.

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