Old Texastown, die Westernstadt, liegt mitten in Berlin. So sang die Gruppe Truck Stop 1980. Das galt für West-Berlin. In Ost-Berlin herrschte damals die Planwirtschaft, weshalb die DDR zehn Jahre später unterging. Heute ist das alles anders. Planwirtschaft herrscht wieder, aber dieses Mal trifft es Berlin in West und Ost. Es geht um die „Energiewende“ von „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne).
Habeck hat einen Fünfjahresplan aufgestellt. Nach dem müssen alle Bundesländer ein Prozent ihrer Fläche bis 2027 für Windräder vorgesehen haben. Im nächsten Schritt des planmäßigen Aufbaus des Klimasozialismus müssen die Länder dann die Arbeitsnorm auf zwei Prozent verdoppeln. Nun wäre es wirtschaftlich unsinnig, auch Stadtstaaten ein Soll für Windräder aufzuzwingen. Was nicht heißt, dass es Habeck nicht trotzdem tut. Wobei der „Wirtschaftsminister“ Berlin, Hamburg und Bremen nur 0,25 und dann 0,5 Prozent ihrer Fläche abverlangt. Das ist ganz im Sinne von Kanzler Olaf Scholz (SPD): Die Bürger dürfen die Ampel nicht so harsch kritisieren, denn deren Wirtschaftspolitik mag zwar für sie ruinös sein – aber sie ist dabei zu „Kompromissen“ bereit.
In den nächsten Stufen haben Bosch und Partner sowie das Fraunhofer-Institut insgesamt Flächen von 330 Hektar ausgemacht. Diese lassen sich in etwa so beschreiben: Für Windkraft eigentlich ungeeignet und mit Widerstand der Anwohner ist zu rechnen, aber mit zwei zugedrückten Augen, einem festen Glauben an Robert Habeck sowie einer gefälligen Presse im Rücken kann es die Politik an diesen Standorten mal versuchen.
Der Klimasozialismus erklärt den Palästen den Krieg und verschont die Hütten. Vorerst. Denn die Studien sehen Windräder vor allem dort vor, wo in Berlin das Geld lebt. Im Südwesten und Südosten der Stadt. Im Norden von Spandau, Reinickendorf und Pankow. Zu den Flächen, die Berlin demnach zu Windparks umgestalten soll, gehören der Grunewald, die Ufer des Großen Müggelsees oder des Seddinsees. Die Chance, dass dort Leute leben, die sowohl das Geld als auch das Wissen haben, zu klagen, ist also nicht gerade gering.
Das Szenario erscheint irrsinnig und unrealistisch? Nun ja, zumindest unrealistisch ist es nicht. Denn nach der vorliegenden Studie kommen in Berlin nur 330 Hektar für den Bau von Windrädern irgendwie halbwegs in Frage – vorausgesetzt die Anwohner klagen nicht erfolgreich. Um aber Habecks Arbeitsnorm zu erfüllen, müssten es 456 Hektar sein. Berlin hätte noch die Chance, andere Bundesländer zu bitten, für die Hauptstadt auf ihrem Hoheitsgebiet Flächen auszuschreiben. Doch wie die Berliner Morgenpost berichtet, haben die anderen Länder schon Probleme, für sich selbst genug geeignete Flächen zu finden.
Triggerwarnung: Wer die Geschichte bis zu dieser Stelle für unerträglich absurd hält, der sollte vor dem letzten Twist die Lektüre besser abbrechen. Denn zu den für Windräder halbwegs geeigneten Flächen gehören auch solche, die als Gewerbegebiet vorgesehen sind. Bis die Erfüllung von Habecks Fünfjahresplan abschließend geklärt ist, wird Berlin diese nicht zur Bebauung freigeben. Ein Land, dessen Wirtschaft bedenklich kriselt, verzichtet also auf Gewerbeansiedlungen, um einen Fünfjahresplan zu erfüllen, der weder wirtschaftlich sinnvoll noch faktisch verwirklichbar ist. Wer dies nicht für gut heißt, den stellt die Ampel als rechten Aufwiegler dar. Rund um Berlin – und rund um Deutschland – sollten wieder Schilder aufgestellt werden: „Achtung, Sie verlassen den Sektor jeder rationalen Vernunft.“
Manche der kommenden Windräder liegen so nahe an der tatsächlichen Texastown im Berliner Westen, dass Truck Stop nun singen könnte: Old Texastown, die Westernstadt, liegt mitten in Berlin / Windräder bauen wir überall / Egal, wohin Sie zieh’n / Wir haben Spaß am Eiern und einen mächt’gen Spleen / Old Germantown, die Beklopptenstadt, nennen andere Berlin.