Der 9. Juli 2024 stellte – von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet – eine Art Offenbarungseid der Regierung dar. An dem Tag veranstaltete die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Unterstützung der Deutschen Bank in Frankfurt die Erste Kapitalmarktkonferenz Energiewende unter Robert Habecks Schirmherrschaft statt. Klar, der Mann braucht Geld für sein Fass ohne Boden, Energiewende genannt, was gleichzeitig das effektivste und schnellste Deindustrialisierungsprogramm darstellt, das die Bundesrepublik je gesehen hat – für sein negatives Wirtschaftswunder.
Doch Robert Habeck glaubt an die Märchen seiner Hintermänner, Hinterfrauen und Hinterdiversen – und Deutschland muss dran glauben. Die Wirtschaftsdaten sind bestens bekannt: 41 Prozent mehr Firmeninsolvenzen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023. Im Mai 2024 sanken die deutschen Exporte im Vergleich zum April um 3,6 Prozent, auf 131,6 Milliarden Euro. Vor allem brach die Ausfuhr nach China ein. Laut Ifo-Institut sinkt die Exporterwartung im Juni auf minus einen Punkt. Aufgrund der Politik der Ampel, von Merkel und ihrem Trupp bereits konsequent vorgearbeitet, haben Bürokratie und vor allem hohe Energiekosten der Produktion von Grundstoffen die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt entzogen.
„Wenn sich daran nichts nennenswert ändert, und danach sieht es bisher nicht aus, ist das Geschäftsmodell für diesen Teil der Chemieindustrie hier tot“, sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie Markus Steilmann. „Der Export von Grundstoffchemikalien, den Deutschland bis 2017 sehr erfolgreich betrieben hat, gerät dadurch an das Ende seiner Lebenszeit.“ Um diese Lebenszeit wirksam zu verkürzen, treibt Habeck nicht nur weiter die Energiekosten nach oben, sondern will die Produktion grüner Grundstoffe wie Stahl oder chemische Grundstoffe wie Ammoniak erzwingen, die noch weniger weltmarktfähig als die ohnehin schon von hohen Energiekosten verteuerten Grundstoffe wie Ammoniak oder eben Stahl sind.
Die Stahlindustrie wird zunehmend durch Subventionen am Leben gehalten, die Chemische Industrie reduziert die Produktion und wandert ab. KFZ-Zulieferer und Maschinenbau schwächeln. Wir erleben den von Habecks Energiewendepolitik getriebenen Niedergang der traditionsreichen und früher sehr erfolgreichen Chemischen Industrie in Deutschland. BASF hat angekündigt, die energieintensiven Anlagen zur Herstellung von Ammoniak und Methanol in Ludwigshafen abzustellen und stattdessen 10 Milliarden Euro bis 2030 zum Ausbau eines Verbund-Standortes in China zu investieren. Wertschöpfung findet zunehmend weniger in Deutschland statt.
Doch in der Welt sehr schlechter Kinderbücher hat die Realität keinen Platz, nicht einmal in poetischer Übersetzung und Verfremdung. Man gewinnt den Eindruck, dass weniger begabte Autoren sich deshalb in das Verfertigen von Kinderbüchern retten, weil sie vermeinen, dass Wirklichkeit dort keine Rolle spielt. Wenn man mit dieser Vorstellung allerdings Wirtschaftspolitik betreibt, führt das zum Niedergang. Der Weltmarkt ist kein Kinderbuch.
Die Ursache von Habecks Desaster sind nicht die Krisen in der Welt, nicht Putins Krieg gegen die Ukraine. Die Ursache für Habecks Desaster ist Robert Habeck allein. Die Wirtschaftsalchemie, die von Jürgen „Eiskugel“ Trittin initiiert und von seinen Gefolgsleuten in der Stiftung Klimaneutralität oder Agora Energiewende vom grünen Tisch der Ideologie verfügt wird.
Doch die Klimaplanwirtschaft ist nicht wirtschaftlich, sie verschlingt Unsummen von Geld und wird doch nicht funktionieren. Transformieren ist inzwischen nur ein anderes Wort für Zerstören. Und so phantasiert Habeck in seinem üblichen Jargon auf der Konferenz zur Finanzierung der Energiewende: „Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein und den Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien bis 2030 auf 80 Prozent steigern.“ Und selbst wenn Habeck das Kunststück fertigbringen sollte, den Anteil auf 200, auf 300 auf 1000 Prozent zu steigern, ist das Grundproblem der erneuerbaren Energien nicht behoben, das in ihrer Unplanbarkeit und Zufälligkeit begründet liegt.
Deshalb will Habeck ja auch Backup-Kraftwerke bauen lassen, die aber unwirtschaftlich sind, weshalb Bau und Unterhalt vom Staat finanziert werden müssen. Da aber der Staat immer weniger Geld hat, weil immer mehr Geld in Subventionen, ins Ausland und in den durch die Turbomigration zusätzlich belasteten und explodierenden Sozialhaushalt gesteckt wird, tüfteln Habecks Leute daran, wie sie die enormen Investitionen strecken und möglichst unauffällig auf die Stromrechnung der Stromkunden umleiten können. Schließlich hat man ja den Stromkunden gerade entlastet, indem man den Steuerbürger belastet hat, indem man die EEG-Umlage von den Stromrechnungen in den Staatshaushalt überführte, weshalb man auch weniger Geld für Subventionen für den Kraftwerkszubau hat, die dann wieder der Stromkunde berappen muss – Kreislaufwirtschaft eben zum Nachteil der Bürger und zum Wohl der Banken, Hedgefonds und EEG-Millionäre. So ist es kein Zufall, dass die Konferenz von der Deutschen Bank unterstützt wird und „Infrastrukturfonds, Pensionskassen und Versicherungen, Vermögensverwaltungsgesellschaften, Banken sowie Unternehmen der Energiewirtschaft“ teilnehmen.
Doch Habeck wäre nicht Habeck, wenn er die Wirklichkeit nicht nur ignorieren, sondern stattdessen eine Erfolgsgeschichte auftischen würde, die allein in seiner und seiner Freunde Phantasie stattfindet – und bei der sich die Investoren das Lachen verkneifen, weil sie nüchtern prüfen, wie sie aus Habecks irrealen Ideen sehr reales Kapital schlagen können. Und Habeck träumt: „Nachdem Erneuerbare in 2023 erstmals mehr als die Hälfte der Stromversorgung in Deutschland abdeckten, sind diese verbindlichen Klimaziele in Reichweite.“ Klar, wenn Deutschland wirtschaftsneutral geworden ist nach erfolgreicher Deindustrialisierung. Doch je größer die Träume, die Idiosynkrasien, umso größer die Leere in den Kassen, denn Habeck ist gemessen an seinen Luftbauten doch recht blank. „Der nächste große Meilenstein der Energiewende ist der Ausbau von Energieinfrastrukturen. Den Netzausbau haben wir bereits spürbar beschleunigt, der Bau des Wasserstoff-Kernnetzes startet.“
Doch Habeck träumt von robusten Pfaden, so robust wie die Pfade, auf denen sich die Bahn während der Fußball-EM zur Freude aller ausländischen Fans, die so etwas aus ihren Heimatländern nicht kennen, bewegt: „Dabei verfolgen wir langfristige Ziele und haben robuste Pfade eingeschlagen, die ein verlässliches, langfristiges und lohnendes Anlagefeld für Investoren bieten. Diese Konferenz bringt relevante Akteure aus Finanzwelt, Energiewirtschaft und Politik zusammen und ermöglicht so wertvolle Diskussionen zu Finanzierungspfaden für die deutsche Energiewende.“ Es ist die Mazzucato-Idee, wonach der Staat als größter Investor agiert und alle anderen Investoren ihm deshalb folgen, weil der Staat investiert hat und den Investoren die unternehmerischen Risiken abnimmt.
Banker und Hedgefondsmanager sind jedoch in der Regel nicht anfällig für Poesie, schon gar nicht, wenn es Poesiealbenverse von Leuten in den Konvulsionen des geistigen Backfischalters sind. Für Banker und Hedgefondsmanager gilt am Anfang und am Ende des Tages, ob das Verhältnis von Risiko und Rendite stimmt, wie es der Chef der Deutschen Bank Christian Sewing zusammenfasste. Dass er dabei eiskalt die Konten und das Geld der Bundesbürger im Blick hat, wird klar, wenn er für die Schuldenunion unter dem hübschen Titel „Kapitalmarktunion“ wirbt und doch recht genau weiß, dass für Habecks Phantasien am Ende die Stromkunden aufkommen müssen.
300 Milliarden Euro wird der Netzausbau kosten. Da ist der Kraftwerksausbau von letztlich vielleicht 50 bis 60 Milliarden Euro nicht eingerechnet. Unklar ist auch, ob auch die wirklichen Kosten für Umspannwerke und Verteilernetze realistisch erfasst sind. Die Entwicklung und Schaffung von Speichern und der Ausbau des sogenannten Wasserstoff-Kernnetzes sind in dieser Rechnung auch noch nicht enthalten.
Habeck behauptet: „Deutschland hat einen Plan.“ Stimmt, der Plan lautet: Am Ende stehen die Bürger für Robert Habecks Plan gerade, während, wie in der berühmte Karl-Marx-Karikatur von Roland Beier, Robert Habeck mit schiefem Grinsen und nach außengekehrten leeren Hosentaschen dasteht und sagt: „Tut mir leid, Jungs! War halt nur so ’ne Idee …“