Tichys Einblick
Abwanderung der Industrie

Robert Habecks Politik ist eine „Herausforderung“ für die deutsche Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft denkt zunehmend ans Auswandern ins Ausland. Das lässt sich auf zwei Gründe zurückführen: Robert und Habeck. Der beglückt das Land nun mit einem Verfahren, so umständlich wie es kaum denkbar ist.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Ilja Nothnagel ist ein höflicher Mensch. Wenn er zur Kritik ansetzt, baut er vorher gerne eine Passage darüber ein, was an der jeweiligen Sache gut ist. Nun lautet die Frage, was die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) vom Bieterverfahren zu den „Klimaschutzverträgen“ halte? Das Mitglied der Geschäftsführung sucht nach Worten, die nicht allzu vernichtend sind. Er findet: „Diese Verträge zeigen die Herausforderung, vor der Unternehmen stehen.“

Herausforderung ist hübsch gesagt. In ihrer Konjunktur-Umfrage will die Kammer von den Betrieben wissen, was für sie zu den größten Geschäftsrisiken gehört. Die „Wirtschaftspolitik“ Robert Habecks (Grüne) sehen Unternehmer mittlerweile als genauso große Herausforderung an wie die hohen Energiepreise oder den Fachkräftemangel. Mehr als die Hälfte der Unternehmer sehen sich von Habeck herausgefordert. Ein Rekordwert.

In der Sache sind es die „Fülle und Verständlichkeit von bürokratischen Auflagen“, die Unternehmer als Problem angeben. Noch mehr als die Höhe der Energiepreise oder die Höhe der Steuern und Abgaben. Die Ampel verspricht kaum etwas so oft, wie die Bürokratie abbauen zu wollen. Doch die Realität hinter diesen Versprechen heißt „Bieterverfahren“ zu den „Klimaschutzverträgen“.
Wie so oft bei der Ampel handelt es sich dabei um einen Etikettenschwindel – vergleichbar mit „Sondervermögen“ für Schulden oder „Tierwohlabgabe“ für die Lebensmittelsteuer. An dieser Stelle nennt „Wirtschaftsminister“ Habeck einen Vorgang Versteigerung und Bieterverfahren. Das klingt nach Marktwirtschaft – nach etwas von Wert, für das jemand Geld zu zahlen bereit ist.

Dabei handelt es sich beim „Bieterverfahren“ und der Versteigerung um staatliche Subventionen. Der Staat, der so viele Steuern einnimmt wie noch nie, entscheidet, welches Unternehmen etwas davon zurückerhalten soll. Das Verfahren dazu ist maximal bürokratisch. Die Unternehmer müssen im „Bieterverfahren“ haarklein belegen, wie sie mit möglichst wenig Geld den Ausstoß von Kohlendioxid möglichst stark reduzieren wollen. Das Ministerium entscheidet dann, welches Unternehmen dafür etwas von seinem Geld zurückerhält und welches weiterhin über die hohe Steuerlast und die „Wirtschaftspolitik“ in Deutschland klagen muss. Nothnagel nennt das Verfahren eine Herausforderung. Diplomatisch.

Bürokratische Last lässt sich nur schwer in Zahlen ausdrücken. Aber es geht: Deutsche Unternehmen müssen heute 16 Prozent mehr Informationspflichten erfüllen als noch vor zehn Jahren. Allein in den letzten zwei Jahren ist die Zahl der Pflichten von 12.001 auf 12.265 gestiegen, wie das Statistische Bundesamt auf eine Nachfrage von Sahra Wagenknecht (BSW) mitgeteilt hat. Die Kosten der Bürokratie sind demnach in den letzten sechs Jahren von rund 50 auf heute 66,5 Milliarden Euro im Jahr gestiegen.

Es gäbe eine Lücke, sagt Nothnagel, zwischen der Eigenwahrnehmung der Bundesregierung, die sich ständig dabei sehe, wie sie Bürokratie abbaue – und zwischen dem Abbau, der bei den Unternehmen ankommt. So sei es ein richtiger Schritt, Belege nur noch acht statt wie bisher zehn Jahre aufbewahren zu müssen. Das sei aber in der digitalen Welt, angesichts der sich ständig ändernden Software und Speicherplätze, schon Herausforderung genug.

Der Bürokratieabbau müsse umgreifend sein, um die Standortnachteile abzubauen, sagt Nothnagel. Ein wichtiges Beispiel sei das E-Government. Also die Möglichkeit, Verfahren mit dem Staat, etwa bei Anträgen, digital durchführen zu können, da hinke Deutschland immer noch hinterher. Eigentlich wollte Deutschland viel weiter sein, konnte aber seine Ziele nicht einhalten. Doch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dafür gesorgt, dass Deutschland diese Ziele nie wieder verfehlen wird. Denn sie hat entschieden, keine Ziele mehr aufzustellen. Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung kommt irgendwann. Vielleicht. Oder auch nicht. Egal. Die Ampel ist für die deutsche Wirtschaft eine echte Herausforderung.

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