Eine der ältesten und banalsten, gleichwohl perfidesten Propagandatechniken heißt auf Altdeutsch, einen Nebenkriegsschauplatz aufmachen, oder auf Neudeutsch: Whataboutism. Robert Habeck, der glaubt, Politik findet statt, wenn Robert Habeck redet, bedient sich dieser Technik besonders fleißig. Allerdings stellt das Absurde, mehr noch das Krude, einen Offenbarungseid dar, das Eingeständnis, vollkommen gescheitert zu sein.
So ließ sich Habeck in Wien zu der Äußerung hinreißen: „Wir haben ein Wärme- und ein Versorgungsproblem, kein Stromproblem. Und da hilft uns Atomkraft gar nichts.“ Ein Problem mit der Wärme? Warum? Aufgrund der Erderwärmung vielleicht? Wäre es so, bräuchten wir nur nach Wärme anstatt nach Erdgas zu bohren. Würden wir mit Geothermie arbeiten, benötigten wir allerdings mehr Strom, was laut Habeck kein Problem darstellen würde, denn wir haben ja „kein Stromproblem“. Wenn wir aber kein Stromproblem haben: Weshalb empfiehlt dann sein Staatssekretär Patrick Graichen den Firmen, Notstromaggregate zu kaufen, die am besten 72 Stunden mit Strom laufen, mit dem wir laut Habeck kein Problem haben. Kann also doch Strom ausfallen, obwohl wir mit dem laut Habeck kein Problem haben? Kann diesen Widerspruch Robert Habeck irgendwie erklären?
Warum, wenn wir kein Stromproblem haben, wird Erdgas weiterhin für die Erzeugung von Strom genutzt? Weil Habecks Windräder es nicht verlässlich können, selbst wenn sie in jedem Vorgarten und auf jedem Kinderspielplatz und in jedem Stadtpark stehen.
Wieso hilft der beschleunigte Ausbau von Windparks, das Wärmeproblem, das wir haben, zu lösen? Was ist überhaupt satzlogisch ein Wärme- und Versorgungsproblem? Zwischen Wärme und Versorgung besteht keine semantische Gleichheit, sodass man sie mit einem Bindestrich koppeln könnte, denn man kann höchstens ein Versorgungsproblem mit Wärme haben, dann müsste Habecks Satz aber lauten: Wir haben ein Problem mit der Wärmeversorgung, aber kein Problem mit der Stromversorgung. Ist das wirklich so?
Folge der Sanktionspolitik wird, wie Habeck warnt, „möglicherweise eine monatelange Unterbrechung von Gas-Strömen“ sein. In diesem Dilemma greift, um von dem Schaden abzulenken, Habeck zum allerbilligsten Whatbaoutism, wenn er kaltschnäuzig dekretiert, dass private Haushalte auch „ihren Anteil leisten“ müssen, denn „eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion“ hätte „massive Folgen“ für die Versorgungssituation.
Habeck hofft, und darin besteht der Nebenkriegsschauplatz, den er in seiner Not eröffnet, dass nun jeder einsieht, dass man die Industrie nicht gegen die Wand fahren lassen kann, und man sich deshalb einschränken muss. Immer mehr und immer mehr. Denn die Einschränkung wird keine Grenze finden, weil die Ampel, anstatt die falsche Politik zu beenden, sie weiter beschleunigt.
Dabei ist die Antwort für jeden sehr einfach zu beantworten:
- Die AKWs müssen am Netz bleiben. In die Nutzung und Erforschung der Kernenergie muss sofort eingestiegen werden, auch wenn es erst mittelfristig Nutzen bringt. Hätten wir kein Stromproblem, würden Habecks Windparkwerbeblöcke überhaupt keinen Sinn ergeben. Die Abschaffung aller Genderlehrstühle, aller Lehrstühle für Postkolonialismus etc. würde einen finanziellen Grundstock für eine zu schaffende Forschungsstiftung Kernenergie bilden.
- Die Kohleverstromung muss hochgefahren werden.
- Man wird die Wirksamkeit der Sanktionen evaluieren und irgendwann auch mit Russland verhandeln müssen.
Eine Außenministerin, die Verhandlungen ausschließt, mag eine gute Oppositionspolitikerin sein, doch in der Regierung hat die Weltinnenministerin und Klimaaußenpolitikerin ihren Beitrag dafür geleistet, Deutschlands Energiedilemma erheblich zu vergrößern. Deutschlands Energieproblem ist von Baerbocks Politik mitverursacht.
Vielleicht glaubt Robert Habeck, dass Deutschland kein Stromproblem hat, weil auch ein irrlichternder Minister noch genügend Licht für die ihm Glaubenden erzeugt. Eines jedoch ist sicher, Habeck wird die Folgen seiner eklatanten Fehler auf die Bürger abwälzen, wenn es sein muss, mit Gesetzesrepression. Schon jetzt denkt er darüber nach, im Rahmen des Energiesicherungsgesetzes Verordnungen zur Energieeinsparung zu erlassen, indem er Vorgaben zu Mindesttemperaturen beim Heizen diktiert. Ein Staat jedoch, der festlegt, welche Temperaturen in den Wohnungen und Häusern der Bürger höchstens herrschen dürfen, ist weder bürgerlich noch freiheitlich, jede seiner diesbezüglichen Maßnahmen würde ihn delegitimieren. Ein Freund der Freiheit scheint Robert Habeck nie gewesen zu sein, die Idee der Freiheit dürfte ihm sogar fremd sein. Die Frage stellt sich allerdings, ob Habeck zur Kontrolle der Vorgaben zur Energieeinsparung ein Amt zur Energieeinsparüberprüfung ins Leben rufen und hauptamtliche und informelle Energieschnüffler einstellen wird.
Im Grunde scheint die Handlungsmaxime des Vizekanzlers zu lauten: Wir werden unsere Politik durchsetzen – und wenn darüber der deutsche Wohlstand zugrunde geht – und ihr, ihr habt das auszubaden zu wollen.