Tichys Einblick
Habeckgate

Hat Robert Habeck im Bundestagsausschuss für Klima und Energie gelogen?

Die Spitze des Eisbergs lässt sich nun so beschreiben: Die Bundesminister Habeck und Lemke setzten ohne Rücksicht auf eine energiepolitische Katastrophe Trittins grüne Politik durch, die AKWs abzuschalten. Die Öffentlichkeit wurde sowohl hinsichtlich der Sicherheit der Reaktoren, als auch in der Frage der Brauchbarkeit der Brennstäbe aus politisch-ideologischen Gründen bewusst getäuscht.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Am Freitag, dem 26. April 2024, trat der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, der sich auch sehr gern Vizekanzler nennen lässt, demonstrativ gelassen im Bundestagsausschuss Klima und Energie auf. Viel zu befürchten hat er allerdings nicht, die Ampel-Mehrheit hatte zuvor die Geschäftsordnung so gestaltet, dass es zur Aufklärung gar nicht kommen konnte. Sie demonstrierte kaltschnäuzig, was sie von den Rechten und übrigens auch Pflichten des freigewählten Volksvertreters hielt. Nämlich nichts. Jeder Fraktion wurden nur 3 Minuten für ihre Fragen zugestanden, Nachfragen gab es nicht.

Dabei stand eine gewichtige Frage auf der Tagesordnung: Hatte der Minister entgegen den Interessen der Bundesrepublik Deutschland aus Parteiräson den Atomausstieg wider besseren Wissens vorangetrieben und damit die Energiesicherheit Deutschlands vorsätzlich gefährdet? Hatte der Minister damals die Öffentlichkeit getäuscht, hatte er gelogen oder wurde er selbst von seiner grünen Entourage belogen?

Wird das Bundeswirtschaftsministerium nicht vom Minister, sondern von der Bundestagsfraktion der Grünen geführt? Ist Robert Habeck letztendlich nur Darsteller, aber weder Autor, noch Regisseur der Schmierenkomödie, die von den Grünen aufgetischt wird, vor allem von Jürgen Trittin und seinem über Jahre gewachsenen Netz Grüner Garden?

Darauf, dass Habecks Bundesministerium für Wirtschaft und Klima von der Bundestagsfraktion der Grünen geführt werden könnte, weist eine Äußerung des Cicero-Redakteurs Daniel Gräber hin, der die betreffenden Akten freigeklagt hatte. Aus seiner Kenntnis der Akten äußerte er gegenüber dem Focus: „Wichtige Entscheidungen zur Energiepolitik wurden nicht von den Fachleuten im Ministerium vorbereitet, sondern sie kamen direkt von der grünen Bundestagsfraktion, die einen direkten Draht ins Ministerium hatte. Darüber haben wir bisher noch gar nicht berichtet. Die Akten zeigen das in einem Fall, den wir bald öffentlich machen werden, sehr klar.“

Im Ausschuss behauptete der „gelassene“ Robert Habeck, dass im Frühjahr 2022 nach der Einschätzung der Betreiber, eine Beschaffung neuer Brennstäbe 18 Monate gedauert hätte und dass ein Weiterbetrieb durch den Streckbetrieb nicht umsetzbar wäre. Das darf man wohl als Lüge werten.

Ende Februar 2022 behauptete Robert Habeck in der Tagesschau, dass kein Ausweg darin bestünde, wenn die letzten drei AKW anders als geplant in diesem Jahr nicht abgeschaltet werden würden. Zwar wolle er „das nicht ideologisch abwehren“, aber für „den Winter 2022/23 würde uns die Atomkraft nicht helfen.“ Deutlich formulierte Robert Habeck damals in der ARD: Die Vorbereitungen für die anstehenden Abschaltungen seien so weit fortgeschritten, dass die AKW „nur unter höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen“ weiter betrieben werden könnten.

Im Ausschuss am 26.04.2024 verstieg sich Robert Habeck zu der Behauptung, dass die Akten erzählen würden, „wenn man sie genau und unparteiisch prüft, dass ergebnisoffen diskutiert wurde.“

Wohl an, dann werfen wir einen genauen und unparteiischen Blick auf die Akten. Robert Habeck behauptete, dass die Betreiber, RWE, E.on und EnBW im Frühjahr 2022 mitgeteilt hätten, dass die Brennstäbe „ausgelutscht“ seien und die Beschaffung neuer Brennstäbe 18 Monate dauern würde. Doch das stimmt nicht. Zwar hüllten sich die Betreiber in der Öffentlichkeit in Schweigen, doch am 2. März wandte sich EnBW an das Bundeswirtschaftsministerium und schlug vor, die Leistung der Kraftwerke in der Zeit, in der größere Mengen der sogenannten Erneuerbaren Energien vorhanden waren, zu drosseln, um dann mit den vorhandenen Brennelementen über den Winter 2022/23 Strom zu produzieren.

Zudem könnte man sofort neue Brennelemente bestellen, nur werden dafür „sehr zeitnah einige zentrale Entscheidungen“ notwendig. EnBW widersprach Habecks Aussage intern und stellte fest, dass seitens der AKWs die „Unterstützung der Versorgungssicherheit mit Kernenergie in den Wintern durchaus möglich“ sei. EnBW stellte einen konkreten Zeitplan auf und legte sich fest: „Versorgungssicherheit der Wintermonate 2022/23 und 2023/24 könnten mit Kernenergie unterstützt werden, wenn unverzüglich:

EnBW stellt in dem Schreiben klar: „Die Anlagen befinden sich, auch im internationalen Vergleich auf höchstem sicherheitstechnischem Niveau. Der Weiterbetrieb könnte daher auf diesem hohen sicherheitstechnischen Status quo erfolgen.“ EnBW belegt die Aussage mit der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission. Auch die Fachleute der Abteilung S (Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz) im Bundesumweltministerium kamen am 1. März 2022 zu dem Ergebnis, dass die Verlängerung der Laufzeit der drei noch laufenden Atomkraftwerke über den gesetzlich festgelegten und planerisch zugrunde gelegten 31.12.2022 hinaus sicherheitstechnisch zu vertreten ist.“ Zudem schätzten die Beamten vollkommen richtig ein, „dass eine echte Laufzeitverlängerung mit neuen Brennstäben für mehrere Jahre sicherheitstechnisch möglich wäre.“ Doch der grüne Abteilungsleiter Gerrit Niehaus drehte die Aussage um und formulierte im krassen Gegensatz: „Eine Laufzeitverlängerung ist aus Gründen der nuklearen Sicherheit abzulehnen.“ Diese Einschätzung übernahm das Bundeswirtschaftsministerium und der damals mächtige Staatsekretär Patrick Graichen.

Im Ausschuss hatte Robert Habeck am 26.04. 2024 behauptet, dass die Betreiber erst im Laufe des Jahres 2022 ihre Einschätzung korrigiert hätten und zu der Anschauung gekommen wären, dass die Brennelemente noch ein paar Monate länger gestreckt werden könnten. Doch in dem Schreiben vom 2. März 2022 schlug EnBW bereits die Streckung der Brennelemente vor, die Leistung der Kraftwerke im Sommer und Herbst zu drosseln, um dann mit den vorhandenen Brennelementen über den Winter 2022/23 Strom zu produzieren. Also haben die Betreiber eben nicht erst im Lauf des Jahres ihre Meinung korrigiert.

Doch es kommt noch schlimmer. Laut Handelsblatt bekam der US-Hersteller von Brennstäben Westinghouse eine Anfrage der Bundesregierung kurz nach Ausbruch des Ukrainekrieges, ob die Firma kurzfristig Brennstäbe liefern könnte. Das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium kamen zu dem Schluss, dass „selbst bei sofortiger Bestellung und beschleunigter Abwicklung sei mit einer Nutzung neuer Brennstäbe „nicht vor Herbst 2023 zu rechnen“, wie das Handelsblatt schreibt. Statt einer Lieferfrist von 18 Monaten, wie die Bundesregierung behauptete, stellte Westinghouse eine Lieferfrist von 6 Monaten in Aussicht. Da sich die Bundesregierung jedoch nicht mehr meldete, mahnte Westinghouse: „Das Zeitfenster schließt sich nun schnell, eine Anfrage müsste rasch erfolgen“. Daran waren, wie man nun weiß, BMWK und BMU nicht interessiert.

Es kommt sogar noch hanebüchener. Am 9. März 2022 unterbreitete ein Fachbeamter des Kernenergie-Referats II A 6, das nicht mehr existiert, in Eigeninitiative einen Vorschlag, wie das Brennelementeproblem kurzfristig gelöst werden könnte. Er schlug vor, sich an die Franzosen zu wenden, weil die für ihre 58 Reaktoren mit Sicherheit eine Brennelemente-Reserve vorhalten würden, von der man noch vor dem Winter einige Elemente bekommen könnte. Doch auch dieser Vorschlag wurde kaum gemacht abgebügelt, diesmal vom Abteilungsleiter Christian Maaß, der am 9. März 2022 um 15.52 mailte: „Bitte abschließend regeln, keine weiteren Aktivitäten in Richtung Brennelementebeschaffung aus unserem Haus nötig.“

Es waren also nicht die Betreiber, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das die Möglichkeiten, kurzfristig Brennelemente zu beschaffen, ausschloss, und über eine Lieferzeit von 18 Monate schwadronierte. Versteht Bundesminister Robert Habeck das unter „ergebnisoffener Prüfung“?

Auch Christian Maaß ist kein Unbekannter. Maaß, ein enger Vertrauter von Patrick Graichen und Chef der Abteilung II „Wärme, Wasserstoff und Effizienz“, hatte im Sommer 2022 im Zusammenspiel mit Graichen demonstriert, wie man mit Beamten umgeht, die auf Grund ihrer Fachkompetenz den grünen Herren an der Spitze des BMWK widersprechen: man schaltet kurz den Verfassungsschutz ein und verdächtigt die Mitarbeiter, für die Russen zu spionieren. TE berichtete.

Ein Beamter soll den Vorgang übrigens so kommentiert haben: „Wenn ich meine Fachmeinung kundtue, dann besteht die Möglichkeit, dass ich in den Verdacht gerate, ‚Russenversteher‘ zu werden.“ Mit grober Einschüchterung bis dahin, dass man Haldenwangs Verfassungsschutz gegen untadelige Beamte einschaltete, disziplinierten Habeck, Graichen und Maaß das Bundeswirtschaftsministerium.

Die Spitze des Eisbergs lässt sich inzwischen so beschreiben: Die Bundesminister Robert Habeck und Steffi Lemke setzten ohne Rücksicht auf eine energiepolitische Katastrophe Trittins grüne Politik durch, die AKWs abzuschalten. Die Öffentlichkeit wurde sowohl hinsichtlich der Sicherheit der Reaktoren, als auch in der Frage der Brauchbarkeit der Brennstäbe aus politisch-ideologischen Gründen bewusst getäuscht. Erst Olaf Scholz setzte unter Einsatz seiner Richtlinienkompetenz den Streckbetrieb durch.

Weder Habeck noch Lemke stellen sich ihrer Verantwortung, sondern versuchen sich ihrer durch Geschäftsordnungstricks und unrichtigen Behauptungen zu entledigen.

Nach allem, was vorliegt, hat Robert Habeck die Abgeordneten im Ausschuss, wenn nicht belogen, so doch getäuscht. Da weder bei Habeck, noch bei Lemke ein Mindestmaß an Verantwortungsbewusstsein und demokratischen Gewissen erkennbar ist, werden beide zum Rücktritt gezwungen werden müssen. Es ist eine Frage der Demokratie, eine Frage der Achtung vor dem Souverän. Der Ball liegt bei der Union. Wie lange will die Union ihre Nibelungentreue zu den Grünen noch aufrechterhalten?

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