„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist,“ meinte Israels erster Ministerpräsident David Ben Gurion am Tag der Staatsgründung. Genau 73 Jahre später erleben wir die tiefe Wahrheit dieser Erkenntnis bei uns in Deutschland. Ja, auch das alte Sprichwort stimmt: Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich. Was „Corona“ alles möglich macht! Unglaublich! Und die Alternativen in Medien und Politik müssen sich den Vorwurf gefallen lassen: alles Fakenews, alles Verschwörungstheorie, alles finstere Propaganda. Wie konnte man nur gebetsmühlenartig jahrelang behaupten, unsere Polizei sei personell und finanziell ausgeblutet, von der Politik im Stich gelassen, überlastet und überfordert. Unsinn!
Nein, unsere Polizei verfügt über ungeahnte Kapazitäten und Möglichkeiten. Denn der Bundesinnenminister höchst persönlich erteilt den Beamten den Auftrag und hält sie für fähig und in der Lage, unsere Grenzen zu schließen. Und das ist ja auch dringend nötig. Denn Deutschland steht vor einer „gewaltigen Bedrohung“, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt, so Horst Seehofer. Nach der Bewegungsfreiheit (um die wirksam einzuschränken kommen jetzt ganze Rollkommandos Uniformierter, um kleine Kinder vom Spielplatz oder der Rodelbahn zu vertreiben!) wird nun auch die Reisefreiheit beendet. Im Merkel-Jargon: Wir wuppen das.
Umso mehr verwundert es, wie detailliert Seehofer in seiner Grenzregime-Phantasie mit Taktik und Strategie brilliert. Keine Reisen mehr ins gefährliche Ausland, keine Tickets mehr für Zug und Flug. Überall lauert ja Corona. Und das touristische Volk ist ja, wobei wir wieder bei Ben Gurions Wunder wären, ansteckender als Business reisende Politiker, soviel RKI-Ehrlichkeit muß sein. Besonders bitter wird’s für die, die sich erlauben, aus den Hotspots dieser Welt (wozu bekanntermaßen ja auch Bayern gehört, mal so ganz nebenbei) die deutsche Grenze zu überschreiten. Unverzeihlich! Rückgängig machen. Abweisen, zurückschicken oder ab in die Quarantäne – am besten gleich in ein Quarantäne-Verweigerer-Lager a la Günther („Wer ist Günther?“) oder Kretschmer (nicht der Handballer).
Und der Herr Seehofer, der weiß Bescheid, wie man da polizei-taktisch vorgeht, obwohl er ein blutiger Laie ist, ich dagegen wenigstens Ehrenkommissar der Bayerischen (!) Polizei. Also verkündete er gestern schon mal: Damit bloß niemand wage, etwa über dem Umweg Paris Charles-de-Gaulle per Auto oder zu Fuß nach Deutschland einzureisen, werde man kontrollieren. Schengen hin, EU her. Schleierfahndung!
Tja, man sollte sich immer wieder an die (neue) Taktgeberin und Busenfreundin von Seehofer und Söder erinnern. Sie sagte 2015 im Blick auf den „Asyltourismus“ (so Söder/ Seehofer damals noch in alt-bajuwarischer und Straußscher Verblendung): „Wir schaffen das!“ 2020 hieß ihr Credo: „Bitte, bleibt zu Hause!“ Zwei richtige Sätze, nur in der falschen Reihenfolge. Aber das ist natürlich wieder alternativ-mediale Besserwisserei eines alten weißen Mannes.
Denn 2015, manche werden sich schwach erinnern, war dieses „Bleibt zu Hause“ ja gar nicht durchsetzbar. Angeblich. Da wurde man als Journalist, der im Sinne seines Berufsethos kritische Fragen stellt, angeblafft, als hätte man Dummheit mit Majestätsbeleidigung kombiniert: „Wo denken Sie denn hin, davon auszugehen, dass man heute noch Grenzen absichern kann?!“ „Wollen Sie etwa überall bewaffnete Polizei aufstellen,“ herrschten mich höchstrangige Herrschende an.
Wirkliche Fachleute (also keine griechisch-lateinischen Idioten) wie der gerade wieder gewählte Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt oder der CDU-Bundestagsabgeordnete (am 9. November 2020 zurückgetreten!) Armin Schuster , bis 2009 Leiter des Bundespolizeiamtes der Grenzstadt Weil am Rhein, wurden nicht müde, darauf zu verweisen: Doch, es geht ohne jedes Problem technisch und personell, Grenzen zu schließen und zu bewachen. Man erinnere sich, wie Bayern (als es noch Bayern war) notfalls eigene Landespolizei postieren wollte, um dem Feindstaat Österreich zu widerstehen, der bekanntlich (ich habs mit eigenen Augen gesehen) Hinweisschilder aufgestellt hatte mit dem Schriftzug „Germany“, dem Schlaraffenland-Ziel der meist jungen schutzsuchenden, geflüchteten, willkommenen Männer, die unsere Gesellschaft ach so bunt machen (der Grüne MP Kretschmann in einem Lichtblick: „Testosteron gesteuerte Männerhorden“).
Und weil diese elenden touristischen Corona-Leugner, diese RAF-terroristischen (Söder) Verbrecher natürlich nicht schutzsuchend, geflüchtet oder gar willkommen sind, erleben wir das größte Wunder der deutschen Geschichte, noch größer als das des Niederringens des antifaschistischen Schutzwalls: Die Polizei ist in der Lage, so der Laie Seehofer, unsere Grenze „gegen die Bedrohung“ zu sichern. Sogar gegen die EU-Länder Irland und Portugal, was schert uns Schengen. Ein unfassbarer Corona-Nationalismus! An deutschem Wesen soll wieder mal alles genesen. „Wenn das auf europäischer Ebene nicht erreichbar ist, dann müssen wir es national tun,“ so Seehofer, was seinem Spitznamen Drehhofer wieder alle Ehre macht.
Das besage ja schließlich auch der Amtseid: „Schaden vom deutschen Volks zu wenden.“ Komisch: 2015 ging das (noch) nicht. Oder sah man da gar keine Bedrohung, sondern nur den anderen Teil des Eides: „Nutzen zu mehren“. Es werden ja Ärzte und Facharbeiter dringend gebraucht. Die anderen 99 Prozent waren halt Kollateralschaden. Toll! Innerhalb von fünfeinhalb Jahren zeigt die Politik, was sie mit der Polizei alles kann. Ein Wunder!