Tichys Einblick
Eindeutige Umfrageergebnisse im Osten

Wird die erste Regierungskoalition zwischen CDU und BSW in Sachsen entstehen?

In Sachsen wird nach den aktuellen Ergebnissen eine Koalition aus CDU, BSW und SPD wahrscheinlich, allerdings dürfte es für Michael Kretschmer harte Arbeit bedeuten, die sächsische CDU zur Zusammenarbeit mit dem BSW zu überreden.

IMAGO - Collage: TE

Im Wesentlichen unterscheiden sich die Wahltrends in Thüringen, in Sachsen, in Sachsen-Anhalt und Brandenburg nicht. In Sachsen würde laut MDR-Wahlumfrage die AfD zwar 5 % verlieren, wäre aber immer noch mit 30 % stärkste Partei, die CDU würde 1 % einbüßen, käme auf 29 %, Sahra Wagenknechts BSW auf 15 %. Die Linke fiele mit 3 % aus dem Landtag. Wagenknechts Mentor in den neunziger Jahren, der Dichter Peter Hacks hatte über sie schließlich 2001 enttäuscht in einem Brief an André Müller geschrieben: „Ihrer eigentlichen Aufgabe, die PDS zu einem geeigneten Zeitpunkt zu zerschlagen, ist sie nicht nachgekommen.“ Im Grab des Dichters dürften die Sektkorken knallen, denn zwanzig Jahre später erledigte sie dann doch ihre „eigentlichen Aufgabe“. Die Linke zerfällt, aber das liegt nur daran, dass BSW im Grunde für das steht, wofür die PDS einmal in den 90er Jahren eintrat, für eine linkssozialdemokratische Sozialpolitik. Die Selbstzerstörung der Linken und die Verzwergung der SPD findet ihre Ursache in der Vergrünung beider Parteien. Indem sie mit den Grünen um die gleichen woken Wähler der Innenstädte konkurriert, die postmodernistischen Ideen und Ziele der Grünen übernommen hat und dadurch objektiv gegen ihre früheren Wähler, gegen die mittlere, vor allem aber untere Mittelschicht regiert, treibt sie ihre früheren Wähler zum BSW und zur AfD. Die Linke liegt bei 3 %, die Grünen und die SPD bei 7 %. Dass die Grünen sich noch im Landtag halten, liegt zum großen Teil an den Universitätsstädten, an Leipzig, Dresden und Chemnitz.

Es ist Michael Kretschmer, der die CDU in den Werten noch oben hält, denn bei einer Direktwahl würde sich 58 % für ihn und nur 17 % für Jörg Urban von der AfD entscheiden. Kretschmer gelingt es unter hohen Einsatz, seinen Amtsbonus zu nutzen. Wie sehr und wie lange noch, darüber darf trefflich spekuliert werden, denn der Amtsbonus wirkt inzwischen nicht mehr farbecht, als hätte er zu viel Grünspan angesetzt, angestaubt wirkt er auf alle Fälle.

Die wichtigsten Themen in Sachsen sind für die Wähler in dieser Reihenfolge Migration, Schule und Bildung, soziale Ungleichheit, die Situation der sächsischen Wirtschaft und die innere Sicherheit. Auch wenn viele Medien immer hysterischere Aussagen zum Klimawandel machen,

nichts unversucht lassen, um Panik zu schüren, denn die Korrelation der Höhe der Angst vor einer ersonnenen Klimakatastrophe mit den Wahlstimmen für die Grünen ist vollkommen klar – und die Grünen wollen viele Medien in der Regierung sehen. Wer wie die bayrischen Grüne Katharina Schulze glaubt, dass die Erde brennt, wenn Schnee im April fällt, hat sich von der Wirklichkeit verabschiedet und wählt die Grünen.

Die meisten Sachsen sind jedoch Realisten. Die INSA Umfrage vom 19.06. zur Landtagswahl im Freistaat Sachsen unterscheidet sich leicht vom Sachsentrend des MDR und liegt im Toleranzbereich. Laut INSA holt die AfD 32 %, die CDU 30 %, BSW 15 %, Grüne und SPD müssten mit jeweils 5 % um ihren Einzug ins Parlament fürchten. FDP und Linke misslänge der Einzug in den sächsischen Landtag. Nach der INSA Umfrage könnte es sehr knapp für ein Regierungsbündnis mit dem BSW reichen. Laut Sachsentrend bräuchte die CDU entweder die Grünen oder die SPD zur Regierungsbildung, aber auch bei den INSA Ergebnissen würde die CDU einen Partner möglichweise benötigen, vielleicht aber zur Absicherung wollen, um sich bei der knappen Mehrheit nicht vom BSW erpressbar zu machen. Es ist stark anzunehmen, dass die CDU mit jedem anderen Partner als der AfD eine Koalition eingehen würde. Bedenkt man, dass inhaltlich das BSW der alten SED näher steht als die gegenwärtige Linke, setzt dass die Frage auf die Tagesordnung, ob die Gründe für den Beschluss der CDU, nicht mit den Linken zu koalieren, im weit ausgeprägteren Maße für das BSW gelten müsste? Es wäre seitens der CDU jedenfalls Heuchelei, grundsätzlich weder mit der AFD, noch mit den Linken, aber mit dem BSW schon zusammenzuarbeiten. So sieht das auch Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow, wenn er der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ sagt: „Geradezu absurd ist, die Linke zu verteufeln, aber mit dem BSW die Zusammenarbeit nicht auszuschließen.“

In Thüringen übrigen überlegt Bodo Ramelow nach dem Umfrageschock bereits, wie er sich noch irgendwie in die neue Regierung hieven kann, den Glauben an einen Wahlsieg der Linken dürfte er längst aufgegeben haben: „Es gibt nur eine Partei, mit der ich nicht zusammenarbeiten werde, und das ist die AfD. Mit allen anderen Parteien werde ich daran arbeiten, zu einer mehrheitsfähigen Regierung zu kommen.“ Bodo Ramelow scheint davon zu träumen, Minister in einer Koalition aus CDU, BSW und Linke zu werden, die es auf 55 % brächten.

In Sachsen wird nach den aktuellen Ergebnissen eine Koalition aus CDU, BSW und SPD wahrscheinlich, allerdings dürfte es für Michael Kretschmer harte Arbeit bedeuten, die sächsische CDU zur Zusammenarbeit mit dem BSW zu überreden.

Doch eine Koalition zwischen AfD und BSW ist dem Vernehmen nach zumindest in Sachsen nicht ganz ausgeschlossen, wenn vor Ort entschieden würde, was man sich aber nur schwer vorstellen kann, weil das BSW bisher den Eindruck erweckt, eine strafgeführte Partei sehr neuen Typs zu sein, eine Kaderpartei. Entschieden würde möglicherweise im Wohnzimmer der Familie Wagenknecht-Lafontaine.


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