Laut einer Umfrage von INSA für die Bild-Zeitung wünschen sich 57 Prozent der Befragten Neuwahlen, nur 31 Prozent sprechen sich dafür aus, dass die Ampel bis 2025 weiterregiert. Auch nicht überraschend ist es, dass 58 Prozent für den Rücktritt von Nancy Faeser votieren. Nur 19 Prozent möchten, dass die hessische Wahlverliererin im Amt der Innenministerin verbleibt.
Wie zur Bestätigung veröffentlichte gerade der IWF in Marrakesch seine neue Konjunkturprognose. Fazit: Der IWF erwartet, dass die Wirtschaftsleistung wie zuvor prognostiziert nicht um 0,3 Prozent in diesem Jahr zurückgeht, sondern dann doch um 0,5 Prozent. Das deckt sich mit den Zahlen, die die Ampel morgen bekanntgeben will, nämlich einen Rückgang von 0,4 Prozent. Deutschland ist das einzige Land unter den Industrienationen, das nicht wächst, sondern schrumpft: der „kranke Mann Europas“, wie schon der britische Economist feststellte.
Sollte Carsten Linnemann nun in ein ominöses „Bündnis der Demokraten“, in einen Deutschlandpakt mit der Ampel-Regierung streben, hätte er drei Dinge nicht begriffen, die jedoch essentiell sind.
Erstens richtet sich die Regierung der Ampel objektiv gegen die Interessen der deutschen Bürger, gegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, gegen den Wohlstand, gegen die innere Sicherheit, gegen die Zukunft unserer Kinder. Nicht Korrektur ist deshalb gefragt, sondern eine von Grund auf andere Politik.
Zweitens ist es die Aufgabe der Opposition, eine andere Politik zu konzipieren und für sie einzutreten, und drittens ist das deutsche Konsensmodell an sein Ende angekommen, in der Politik muss gestritten werden, muss der Wettbewerb der Konzepte die faule Kompromissseligkeit abräumen.
Das deutsche Parteiensystem ist ins Rutschen geraten. Selbst der britische Economist schreibt: „In Deutschland hat die Isolation der AfD ihr Narrativ verstärkt, die einzige Alternative zu einem gescheiterten Establishment zu sein. Mainstream-Parteien können nicht für immer so tun, als würden sie die Stimme von 20 % der Wähler nicht hören, ohne letztendlich die Demokratie zu zerstören.“
Zwar kann die Regierung weiter gegen die Bürger regieren, auch ohne legitimierenden Rückhalt, allein auf der Grundlage der Macht, doch geht das nicht gut aus, wenn sich die wirtschaftliche Talfahrt beschleunigt, die innere Sicherheit auflöst, die Infrastruktur zu Bruch geht, Beispiel öffentlicher Verkehr, und immer mehr fleißig arbeitender Menschen zu dem Schluss kommen, dass es ihren Kindern einmal schlechter gehen wird als ihnen – und das trotz einer wachsenden Staatsquote, unter der sie ächzen. Doch wie lange kann die Regierung gegen die Bürger und von ihnen immer stärker und in immer größerer Zahl abgelehnt regieren und wie wird das Ergebnis aussehen?
Nach der Freude über den Wahlsieg in Hessen und darüber, dass es in Bayern noch einmal glimpflich ausgegangen ist, sollte auch die Union die beiden Landtagswahlen sich gründlich anschauen, denn sie halten ein paar erstaunliche Lehren bereit und bestätigen nur den Trend, der bisher als ostdeutsches Phänomen marginalisiert wurde.
Obwohl die Grünen und die mit ihnen verbundenen Medien sich Mühe geben, die Wahrheit zu framen, lautet sie doch, dass die Grünen eine krachende Wahlniederlage erlitten haben und die Ampel auch in Hessen und in Bayern das Vertrauen der Mehrheit der Bürger verspielt hat. In Bayern verloren die Grünen von allen Parteien am meisten an Zustimmung: 3,2 Prozent der Wähler wollten diesmal den Grünen nicht mehr ihre Stimme geben, 2,1 Prozent der Wähler nicht mehr der FDP und 1,3 Prozent der Wähler nicht mehr der SPD. In Bayern sind, blickt man auf die Höhe der Verluste, die Grünen die größten Verlierer.
In Hessen zeigt sich das gleiche Bild. Die Grünen verlieren sogar 5 Prozent der Stimmen, die SPD 4,7 Prozent, die FDP 2,5 Prozent. In Anbetracht dieser Werte hat es schon das Niveau einer Blödelsendung des deutschen Fernsehens, wenn grüne Funktionäre von Stabilität sprechen. Aber die halten ja auch die wirtschaftliche Situation für stabil und ihren Primaklimaminister für einen Wirtschafts- und Energiefachmann. Welcome im grünen Paralleluniversum.
Jeder weiß es doch, die Gewinner der Wahlen sind in Hessen die CDU mit Zuwächsen von 7,6 Prozent und die AfD mit 5,3 Prozent. In Bayern heißt der Sieger eindeutig AfD mit Zuwächsen von 4,4 Prozent und die Freien Wähler mit 4,2 Prozent. In Hessen ist die AfD sogar zweitstärkste Partei und damit Oppositionsführer. In Bayern wird, wenn die CSU die Koalition mit den Freien Wählern fortsetzt, die AfD ebenfalls Oppositionsführer sein. Übrigens entspricht es immer stärker der politischen Realität in Deutschland, dass die Opposition gegen eine herrschende grün-woke Politik nur rechts dieser Politik sein kann. Die Union muss sich entscheiden, ob sie grün-woke oder liberal und konservativ sein will.
Die Freien Wähler haben in Bayern nur an die AfD Wähler verloren, ansonsten von allen anderen Parteien Stimmen bekommen. Die AfD hat keine Wähler eingebüßt, sondern wurde von Wählern, die in der Landtagswahl zuvor bei anderen Parteien ihr Kreuz gemacht haben, gewählt, 80.000 von der CSU, 20.000 von den Grünen, 30.000 von den Freien Wählern, 20.000 von der SPD und 40.000 von der FDP. Die FDP hatte nicht nur das Päckchen ihrer grünen Ampelpolitik zu tragen, sondern auch, dass sie sich im Wahlkampf eher linksliberal verortete. Mag es Überzeugung sein, war es doch ein Fehler.
In Hessen hat die CDU nur an die AfD Stimmen abgegeben, aber von allen anderen Parteien Wähler hinzugewonnen, 57.000 von den Grünen, 76.000 von der SPD, 50.000 von der FDP, sogar 6.000 von den Linken. Die AfD gewann nur hinzu: von der CDU 17.000, 24.000 von der FDP, von den Grünen 9.000, 29.000 von der SPD und 14.000 von den Linken. Die letzten drei Werte sind besonders interessant.
Mit dem Sieg der identitätspolitischen Linken in der SPD und in der Partei der Linken über die sozialpolitische Linke entfremden sich die Funktionäre beider Parteien von ihrer früheren Basis, die ihre berechtigten Anliegen und Interessen, nämlich Arbeit, soziale Sicherheit, Wohlstand, Zukunft für ihre Kinder und innere Sicherheit bis hin zum klassischen linken Thema Gerechtigkeit nicht mehr von SPD und Linken, sondern von der AfD vertreten sehen.
Diese Werte stimmen logisch zusammen mit der vielleicht interessantesten Frage: Wer hat wen gewählt oder genauer, wer wurde in welchen Alterskohorten gewählt? In Hessen liegt die CDU in allen Altersgruppen an der Spitze, mit zunehmendem Alter mit größerem Abstand zu den anderen Parteien. Aber an zweiter Stelle behauptet sich die AfD vor den Grünen und vor der SPD. Nur bei den über 60 Jährigen erreicht die SPD mit 20 Prozent den zweiten Platz. Ansonsten kommt bei den 18- bis 29-Jährigen mit 17 Prozent, bei den 30- bis 44-Jährigen mit 20 Prozent, bei den 45- bis 59-Jährigen mit ebenfalls 20 Prozent die AfD nach der CDU an zweiter Stelle.
Ähnlich in Bayern. Dort führt die CSU in allen Altersklassen, besonders stark bei den 60- bis 70-Jährigen und älter. Das ist noch nicht überraschend. Doch dann wird es brisant: Während die Grünen bei den 18- bis 24-Jährigen knapp vor der AfD liegen, gleicht es sich bei den 25- bis 34-Jährigen fast mit 19 Prozent und 18 Prozent aus, doch bei den 35- bis 44-Jährigen liegt die AfD mit 19 Prozent zu 17 Prozent bei den Grünen in Führung und übrigens auch bei den 45- bis 59-Jährigen mit 17 Prozent zu 15 Prozent.
Die Zahlen von Bayern und Hessen bestätigen den Trend, dass diejenigen, die im Berufsleben stehen, die Familie haben, häufig als Selbständige Verantwortung für ihren Betrieb und auch für Angestellte tragen, nicht zu den Grünen tendieren, sondern immer stärker zur AfD. Diese deutliche Verschiebung, die anfangs in Ostdeutschland zu beobachten war, ist nun auch im Westen angekommen.
Im Gegensatz zu den Funktionären der Ampel merken diejenigen in Deutschland, die täglich im Berufsleben stehen, dass es wirtschaftlich rapide bergab geht. Deutschland ist laut IWF das einzige Industrieland, das nicht wächst, sondern schrumpft. In den europäischen Staaten, deren Wirtschaft mit der deutschen eng verflochten ist, liegen deshalb allmählich die Nerven blank. Ungarn orientiert sich nach China, Polen nach den USA und Südkorea, was Deutschlands wirtschaftlichen Niedergang noch beschleunigen dürfte, denn die Visegrád-Staaten sind Deutschlands größter Außenhandels-Partner. Für die Visegrád-Staaten ist Decoupling angesagt.