Die von dem Handballer Stefan Kretzschmar angestoßene Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland trifft einen Nerv. Und das nicht etwa, weil die Meinungsfreiheit durch eine staatliche Zensurbehörde oder gar Haftstrafen für „falsche“ Meinungen bedroht wäre, sondern weil zur Meinungsfreiheit auch ein akzeptierendes Klima gehört, in dem ein breites demokratisches Spektrum an Meinungen sagbar ist und von Andersdenkenden nicht diffamiert wird.
Man muss andere Meinungen nicht akzeptieren oder unkommentiert lassen; auch das Recht zur freien Gegenrede gehört zur Meinungsfreiheit. Es kann aber nicht sein, dass etwa die Ablehnung von Gewalt gegen einen AfD-Politiker ausschließlich mit dem Nachsatz akzeptabel ist, dass man die Ansichten von „Rechten“ oder gar „Nazis“ selbstverständlich nicht teile oder die Absage an Gewalt mit dem Schlagwort „Nazis raus“ garniert, um zu insinuieren, dass es ja irgendwie schon doch auch den Richtigen getroffen habe oder zumindest in diesem Fall minder schwer wiege.
Auch Rechtfertigungsdruck und Bekenntniszwang gehören zum Instrumentarium illiberalen Denkens und autoritärer Systeme. Stefan Kretzschmar hat ganz Recht: Es muss auch möglich sein, mit gängigen Slogans wie „Refugees welcome“ oder „wir sind bunt“ zu fremdeln, diese zu kritisieren oder in ihrer Plattheit gar abzulehnen.
Zur Meinungsfreiheit gehört darüber hinaus übrigens auch, dass man nicht jede – rechts wie links – absichtslos verunglückte Wendung unter den Totalverdacht absichtsvollen Hetzens stellt.