Tichys Einblick
Prozess gegen Michael Ballweg

Franz Kafka lässt grüßen

Der Prozess gegen Michael Ballweg beginnt. TE berichtet über den Prozessverlauf am Landgericht Stuttgart. Hat Ballweg die ihm zur Last gelegten Straftaten tatsächlich begangen – oder ist er Opfer einer politisch gesteuerten Justiz geworden?

IMAGO / Arnulf Hettrich

Am 2. Oktober beginnt vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart der Prozess gegen Michael Ballweg, den Wortführer und Organisator der Querdenker-Bewegung gegen die Corona-Politik. Nachdem das Landgericht selbst zunächst die Klage gegen Ballweg mangels hinreichendem Tatverdacht zurückgewiesen hat, wurde es durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart schließlich zu ihrer Annahme gezwungen.

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Wer sich anhand vorliegender Veröffentlichungen etwas eingehender mit dem bisherigen Verlauf des im Jahr 2022 in Gang gesetzten Wirtschaftsstrafverfahrens gegen den wohl bekanntesten Wortführer und Organisator der Querdenker-Bewegung gegen die ab dem Jahr 2020 betriebene Corona-Politik, Michael Ballweg, befasst, wird unweigerlich an Franz Kafkas Roman „Der Prozess“ erinnert. Wurde bei Kafka Josef K., Bankangestellter in einer fiktiven deutschen Großstadt, am Morgen seines 30. Geburtstages gänzlich unerwartet von zwei Herren in seiner Wohnung besucht, die ihm erklärten, diese durchsuchen zu wollen, erhielt der IT-Unternehmer Ballweg am 26. Juni 2022 um 7 Uhr morgens ebenso unerwartet Besuch von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Diese ließ sein gerade verkauftes Haus, in dem er sich vorübergehend noch aufhielt, wegen des Verdachts auf Spendenbetrug in Höhe von über einer Million Euro und Geldwäsche polizeilich durchsuchen.

Anders als Josef K. wurde Ballweg, der sich in seinem vorherigen Leben nie irgendeiner nennenswerten Straftat schuldig gemacht hat, wegen angenommener Fluchtgefahr noch während der Durchsuchung festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Das weitere Vorgehen gegen ihn musste er so zunächst für neun Monate im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim über sich ergehen lassen, bis die Untersuchungshaft im April 2023 schließlich aufgehoben wurde. Zusätzlich wurde Ballwegs gesamtes Vermögen arrestiert und all seine Konten gesperrt. So drakonisch wird üblicherweise allenfalls gegen Schwerkriminelle vorgegangen.

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Corona und kein Ende - Tichys Einblick Talk mit Michael Ballweg
Schon der Beginn des Verfahrens gegen Ballweg erinnert deswegen an Kafkas Beschreibung der übergriffigen Fänge eines undurchschaubaren Justizsystems, in die Josef K. geraten war; noch mehr gilt dies jedoch für den weiteren Verlauf der gegen ihn getroffenen Maßnahmen während und nach Ballwegs Zeit als Untersuchungshäftling. Lag der Hausdurchsuchung und seiner Untersuchungshaft zunächst der Vorwurf zugrunde, er habe Spendengelder zur Unterstützung der von ihm organisierten Protestbewegung für private Zwecke genutzt und überdies mit diesen Spenden Geldwäsche betrieben, wurde der Vorwurf der Geldwäsche laut seines Anwaltsteams nach einiger Zeit komplett fallengelassen. Auch der Vorwurf des Spendenbetrugs wurde gemäß seinen Anwälten seitens der zuständigen Gerichte nach zahlreichen Einsprüchen zurückgenommen und durch einen Tatvorwurf ersetzt, der wahrlich kafkaeske Züge trägt.

Ballweg wird nunmehr des untauglichen Versuchs, einen Spendenbetrug begangen zu haben, bezichtigt. Da er offenbar das Recht hatte, über die ihm zugegangenen Spenden ohne Einschränkung zweckfrei zu verfügen, wird ihm nicht mehr vorgeworfen, er habe Spendengelder privat abgezweigt. Vorgeworfen wird ihm laut seiner Anwälte inzwischen vielmehr, er habe von der privaten Verwendbarkeit der Gelder gar nichts gewusst und sie daher für Spenden gehalten, über die er nicht privat hätte verfügen dürfen. Mit der unterstellten privaten Verwendung eines Teils dieser Gelder habe Ballweg daher in betrügerischer Absicht gehandelt, jedoch keinen Betrug vollzogen, da ihm die Spenden rechtlich zur privaten Verwendung zur Verfügung standen und somit für den beabsichtigten Betrug untauglich waren.

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Dieser nicht nur für juristische Laien kaum nachvollziehbare Anklagepunkt hat das Stuttgarter Landgericht, das über die Eröffnung des Prozesses gegen Ballweg erstinstanzlich zu entscheiden hatte, offenbar nicht überzeugt, zumal keiner der rund 9500 Spender Ballweg des Betrugs bezichtigt und deswegen Forderungen gegen ihn geltend gemacht hat. Im Ergebnis hat das Landgericht die Klage der Staatsanwaltschaft mangels hinreichendem Tatverdacht abgelehnt. Dagegen legte wiederum der zuständige Staatsanwalt Widerspruch ein, worauf das Oberlandesgericht Stuttgart abschließend entschied, die Klage gegen Ballweg zuzulassen. In ihrem endgültigen Wortlaut steht diese allerdings erst nach Prozessbeginn vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart den Medien zur Verfügung, der auf den 2. Oktober terminiert ist.

In dem Prozess wird es neben dem Vorwurf eines vollzogenen oder untauglich versuchten Spendenbetrugs zusätzlich um den Vorwurf der Steuerhinterziehung in Verbindung mit den eingeworbenen Spendengeldern und anderen Geldern gehen, die Ballweg wegen seiner Querdenker-Aktivitäten eingenommen hat. Dieser Vorwurf wurde allerdings erst erhoben, nachdem die Vorwürfe des Spendenbetrugs und der Geldwäsche eingeschränkt respektive fallen gelassen worden sind. Da zahlreiche Zeugen, darunter auch viele Spender, in dem Prozess befragt werden sollen, sind vorerst insgesamt 30 Verhandlungstage angesetzt.

Tichys Einblick wird über den Verlauf des Prozesses und seine Ergebnisse in der Hoffnung berichten, dass das Landgericht Stuttgart souverän darüber aufklärt, ob Ballweg die ihm von der Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Last gelegten Straftaten tatsächlich begangen hat oder Opfer einer politisch gesteuerten Justiz geworden ist, wie seine Anhänger angesichts des drakonischen Vorgehens und der inhaltlich mäandernden Vorwürfe gegen ihn meinen. Möglicherweise liegt die im Prozess am Ende zutage geförderte Wahrheit aber auch irgendwo dazwischen.


 

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