Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in welchem das für alle gültige, transparent und fair ausgehandelte Recht das oberste Ordnungsprinzip ist. Ein Gottesstaat ist ein Staat, in welchem eine bestimmte Vorstellung von »Gott« das oberste Ordnungsprinzip ist. Ein Propagandastaat aber wäre nach gleicher Logik ein Staat, in welchem die Interessen der Propaganda das ordnende Prinzip aller Gesetze und staatlichen Maßnahmen wäre.
Es war ja seit einigen Jahren schon erkennbar, so man hinsehen wollte. Spätestens als die Regierung beschloss, zusätzlich zum Staatsfunk noch direkt aus Steuergeld über eine Milliarde für Propaganda gegen Abweichler bereitzustellen (siehe Essay vom 27.11.2020: »1,1 Milliarden Euro – willkommen im Propagandastaat«) war kaum noch zu leugnen, dass Deutschland sich zum offenen Propagandastaat entwickelt.
Seit Donnerstag, dem 5. August 2021 kann es nicht mehr sinnvoll geleugnet werden, da das Bundesverfassungsgericht es de facto bestätigte: Deutschland ist ein Propagandastaat.
Einer Erhöhung der Propagandasteuer (ehemals »GEZ«, heute formal »Rundfunkbeitrag«) müssen jeweils alle Bundesländer zustimmen. Sachsen-Anhalt hatte sich dem verweigert (es hatte auch was mit Parteiengezänk zu tun, siehe welt.de, 5.8.2021), weshalb das Milliardenbudget des Staatsfunk erst einmal nicht weiter aufgestockt wurde. Der Staatsfunk hatte vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen geklagt (siehe etwa bild.de, 5.8.2021).
Es ist nicht bekannt, ob dieser Fall ein Gesprächsthema war, als die Richter des Verfassungsgerichtes sich zum Abendessen mit jener Dame trafen (siehe Essay vom 10.7.2021), die sich leider, leider nicht mehr erinnern kann, ob sie »Sekretärin für Agitation und Propaganda« bei der SED-Vorfeldorganisation »FDJ« war (vergleiche merkur.de, 9.6.2013).
Es ist aber bekannt, dass der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts ein CDU-Parteifreund von Merkel ist und sich in der Vergangenheit gern mit ihr ablichten ließ – und recht kurz vor seiner Berufung erklangen im Bundestag von ihm sehr flammende, aber rechtsstaatlich eher wacklig fundierte Reden (siehe Essay vom 9.11.2018) für den offen anti-demokratischen UN-Migrationspakt (siehe Essay vom 2.11.2018).
Das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« hat nun beschlossen, dass die Blockade der Erhöhung der Propagandasteuer angeblich verfassungswidrig sei. Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Gericht sich selbst zu Politikern-anstelle-der-Politiker macht (wir denken an das sehr fragwürdige Klima-Urteil, siehe etwa tagesschau.de, 29.4.2021, und auch damals griff die Begründung des Gerichts offenbar auf »spannende« Quellen zurück, siehe tichyseinblick.de, 1.8.2021).
Am 5. August 2021 also hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« einer Beschwerde stattgegeben, wonach es verfassungswidrig sei, wenn gewählte Politiker sich über die angemeldeten Bedürfnisse des Staatsfunk stellen.
Wörtlich heißt es:
Das Unterlassen des Landes Sachsen-Anhalt, dem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag zuzustimmen, verletzt die Rundfunkfreiheit der Beschwerdeführer aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Ausprägung der funktionsgerechten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. (bundesverfassungsgericht.de, 5.8.2021)
Das Bundesverfassungsgericht hat unzweideutig klargemacht, dass die Forderungen von ARD und ZDF über der Demokratie stehen. Die Politik hat nichts zu sagen, und wenn der Staatsfunk erhöhten Geldbedarf anmeldet, dann ist das »Unterlassen« dieser Genehmigung durch die gewählten Volksvertreter verfassungswidrig und damit nichtig. Deutschland ist seit dem 5.8.2021 de facto ein Propagandastaat.
Um die Verhöhnung der Demokratie aber vollständig zu machen, hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« in der Begründung des Skandalurteils selbst in die klebrigste, banalste Kiste der Propagandasprache gegriffen:
Dabei wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden. Dies gilt gerade in Zeiten vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake News, Deep Fakes andererseits. (bundesverfassungsgericht.de, 5.8.2021)
Die geradezu peinliche Propagandasprache in der Urteilsbegründung könnte glatt aus dem Framing-Manual stammen, das sich die ARD für viel Geld hat erstellen lassen (siehe Essay vom 18.2.2019).
Selbst wenn man diese Eigen-Propaganda des Staatsfunks ernst nehmen würde, so kann selbst ein denkbar weltfremder Verfassungsrichter sehen, dass Schlagerabende und Kochsendungen auch mit viel Deutungsspielraum nichts mit dem Kampf gegen angebliche »Fake News« zu tun haben. Ob Richtern eine entsprechende feuilletonistische Beurteilung zusteht, das ist eine weitere Frage. Und inwiefern Presse nur zwangsfinanziert für Wahrheit einstehen kann, das ist vollständig unbegründet – die Erfahrung lehrt das exakte Gegenteil, und wir ahnen, dass die Richter das alles durchaus sehen (können). Ich gehe davon aus, dass die Richter sehr genau wissen, dass ihre Worte den Verstand des Bürgers beleidigen – doch der offene Unsinn der Mächtigen ist eine Demonstration ihrer Macht.
Indem die Richter die Framing-Propaganda des Staatsfunks nachplappern, in vollem Wissen um die Sinnleere, führen sie uns vor: Wir sind mächtig, wir können auch Unsinn reden, und ihr müsst es zahlen – sonst wirft euch die Propagandamaschine in den Schuldenknast – wie etwa GEZ-Verweigerer Georg Thiel, der weiter im Knast sitzt (bild.de, 8.7.2021).
Es ist der 5. August 2021. Das Bundesverfassungsgericht hat de facto bestätigt, dass die angemeldeten Bedürfnisse der Propaganda (sie nennt sich selbst »öffentlich rechtlicher Rundfunk«) über der Demokratie stehen. Nebenbei hat das sogenannte »Bundesverfassungsgericht« weiter an moralischer Autorität verloren, indem es sich selbst zum willigen Rädchen in eben diesem Propagandastaat degradierte.
Nein, die Deutschen wachen am 6. August 2021 nicht in demselben Land aufwachen. Es ist ein anderes Land, es gibt kein Zurück mehr. Merkels Parteifreund Harbarth wird nicht zurücktreten. Die Staatsfunker höhnen und jubeln offen, denn sie wissen richtig, dass »ihre« Zeit jetzt begonnen hat. Natürlich werden sie das Land weiter bremsen und im internationalen Vergleich zurückfallen lassen, doch was interessiert einen Staatsfunker das Wohl eines Landes, wenn er gegen die Demokratie mit der Macht spielen kann?
Deutschland ist heute ein anderes Land geworden. Nie war es wichtiger, die Kunst zu lernen, die offiziellen Bullshit-Kanäle auszuschalten – auch wenn man sie immer teurer bezahlen muss! – und sich selbst eine Meinung zu bilden.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.