Tichys Einblick
Political Correctness

Die verordnete Leitkultur

Von einer Leitkultur-Debatte will die neue Bourgeoisie nichts wissen. Sie hat schließlich der Gesellschaft schon selbst eine neue Leitkultur verordnet, die nur nicht so genannt wird. Ihre Bestandteile: Internationalismus, Gender Mainstreaming, Ökologismus.

imago Images

Große Aufregung ist garantiert, wenn ein Politiker das Thema „Leitkultur” anspricht. Zuletzt hat dies der CDU-Jungpolitiker Philipp Amthor getan. Dafür erntete er Hohn und Spott auf Twitter und in den Leitmedien.

In zahlreichen Artikeln derselbe Kalauer: Leitkultur ist Leidkultur! Und sie haben sogar recht. Aber anders als sie meinen.

Verräterischer Weise gibt es „Leitmedien“ in Deutschland und die tun alles dafür, ihre „richtige“ Leitkultur durchzusetzen und sie sorgen rigide dafür, dass keine „falsche“ Leitkultur entsteht. Wer gegen die verordnete Leitkultur der Leitmedien im öffentlichen Raum verstößt, wird ausgegrenzt und abgewertet. Dagegen nehmen sich die Leitkulturgedanken von Bassam Tibi bis Amthor geradezu harmlos aus.

Den Leuten in Deutschland wurde beigebracht, bei Leitkultur an Lederhose und Gartenzwerge, an Pegida und AfD zu denken. Aber die eigentliche Leitkultur, die dem Bürger jeden Tag vorgesetzt wird, ist die Leitkultur der Political Correctness und eine krude Antirassismus-Ideologie.

Als in den 1990ern das Internet eine immer wichtigere Rolle zu spielen begann und die Globalisierung eine immer größere einnahm, suchte die Leitschicht in Deutschland eine Ideologie, die sowohl ihrem Bedürfnis nach ökonomischem Gewinnstreben als auch ihrem ökologischen Bewusstsein und ihrer linken Vergangenheit gerecht wurde. Die Arbeiterklasse war plötzlich nicht mehr interessant und der Sozialismus untergegangen. Als Quadratur des Kreises bot sich die Übernahme einer Ideologie an, die in den USA entstanden war und dort bald die Geisteswissenschaften erobert hatte: Die Political Correctness.

Die Entwicklung zur Ökobourgeoisie in Deutschland

Die Political Correctness trat ihren Siegeszug in Amerika zuerst in den Universitäten an, dann ergriff sie die gesamte amerikanische Leitschicht. Seit den 90er Jahren entsprach es dem Zeitgeist, überall in den Universitäten Sexismus, Rassismus und alle Arten von Diskriminierung zu wittern.

Auch die ökologisch geprägten Jung-Akademiker in Deutschland machten Karriere und wurden zur neuen Bourgeoisie. Diese Ökobourgeoisie besetzte bald alle Schaltstellen in der deutschen Gesellschaft. Als Ideologie übernahm sie die Political Correctness, die sie alsbald den Deutschen als Leitkultur präsentierte, der alle zu folgen hatten. Dann folgte die Gendersprache als Leitsprache.

Die Leitkultur wird autoritär

Um dem „richtigen“ Sprechen und Denken den Durchbruch zu verhelfen, wurden in den Medien, der Politik und den Hochschulen das „richtige“ Sprechen und Denken verordnet. Wer nicht zum Außenseiter werden wollte, hatte sich anzupassen. Wer nicht von „Bürgerinnen und Bürgern“ sprach und womöglich in der Bäckerei einen „Mohrenkopf“ orderte, war nicht nur sexistisch, sondern noch rassistisch dazu. Und das getraut sich der deutsche Untertan nicht, und so benannte der Bäcker seine Produkte um, Zigeunerschnitzel verschwanden von der Speisekarte und panisch sind alle öffentlichen Redner darauf bedacht, der rigiden Leitkultur der Gender-Sprache Folge zu leisten.

Das eigentliche Problem der politischen Korrektheit kann man beispielhaft an der Rezeption Sarrazins – „Deutschland schafft sich ab“ – sehen. Eine wirkliche Diskussion über das Buch fand gar nicht erst statt, die mediale Rezeption glich einem Schauprozess, indem Sarrazin sich Vorwürfe wie Rassismus und Nazitum gefallen lassen musste. Darauf reagierte Sarrazin mit dem nächsten Buch: „Der neue Tugendterror: Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland.“

Beide Bücher avancierten zu den meist verkauften Sachbüchern seit Gründung der Bundesrepublik. Während sich sonst öffentlich kaum Widerspruch zum Gendersprech erhob, zeigten Sarrazins Verkaufszahlen, dass viele Deutsche mit den Sprach- und Denkvorgaben des herrschenden Establishments nicht einverstanden sind.

Warum ist die Political Correctness so erfolgreich?

Die wesentlichen Ideologien der Political Correctness wie Internationalismus, Feminismus, Gender Mainstreaming, Ökologismus sind sowohl im wirtschaftlichen als auch im moralischen Interesse der Ökobourgeoisie.

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Da inzwischen auch die Leitstellen der Wirtschaft mit Vertretern der Ökobourgeoisie besetzt sind, ist die politisch korrekte Leitkultur auch hier sehr erfolgreich. Die Vertreter der großen Konzerne applaudierten sowohl der Merkelschen Energiewende, ihrer Europapolitik und ihrer ungesteuerten Einwanderungspolitik. In einzigartiger Form konnten hier die Wirtschaftsführer die herrschende Moral mit ihren Gewinninteressen in Einklang bringen. Das ändert sich langsam, weil sichtbar wird, dass diese Politik ungeheure Kosten verursacht, die eben nicht mehr mit dem Interesse der Wirtschaft und der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen sind. Wenn die Wirtschaft schwächelt, sind auch die Subventionen für alles Korrekte nicht mehr unumschränkt verfügbar.
Die wirtschaftliche Bedeutung der wichtigsten Themen der Political Correctness

Der ursprünglich linke, antikapitalistische Internationalismus passte plötzlich zur Globalisierung der Wirtschaft. Um deren Entwicklung voranzutreiben, brauchte man in allen Ländern Führungskräfte, die idealerweise in den gleichen Kaderschmieden gebildet werden. Und das sind die Wirtschaftsfakultäten in den USA und in Europa. Hier erhalten alle das gleiche Brainfood, und die politisch korrekte westliche Leitkultur soll als Soulfood für alle gelten.

Die USA wirkt sich dabei auf allen Ebenen als weltweit prägend aus. Alle sehen die gleichen Filme, hören die gleiche Musik, für alle werden die gleichen to does und not to does propagiert. Wer heute einen Manager in Indien besucht, wird sehen, dass dieser näher an der westlichen als an seiner eigenen Kultur ist. Das gleiche gilt für die Oberschicht in allen Entwicklungsländern.

Trotzdem werden diese gleichzeitig als unmündige Opfer des Westens gesehen, was viele Entwicklungsländer besonders im afrikanischen und arabischen Raum in ihrer Opferhaltung verharren lässt und deren Entwicklung noch weiter behindert: sozusagen die nächste Entwicklungsstufe der Antikapialisten in Jeanshosen.

Je stärker sich im Rahmen der Globalisierung ein romantischer Internationalismus durchsetzte, desto größer wurde die Angst vor der Vorstellung eines deutschen Vaterlandes. Die deutsche Ökobourgeoisie entwickelte eine massive Deutsch-Phobie, eine Angst vor der eigenen Nation. Vorgeschoben wird die Angst vor der Diktatur der „Rechten”. Aber alle Macht geht heute von der politisch korrekten Ökobourgeoisie aus, in Wirklichkeit geht es wohl um die Behauptung der eigenen, in Frage gestellten Macht.

Paradox ist, dass die erklärten Antikolonialisten keine Hemmung haben, sich selbst von der angloamerikanischen Kultur kolonialisieren zu lassen. Sowohl kulturell als auch technisch (Internet) eifert man den USA nach. Kolonialismus sind die Anderen, selbst unterliegt man diesem angeblich nicht. Wer diese blinden Flecken thematisiert, erntet Unverständnis oder Aggression.

Der Feminismus und das daraus entwickelte Gender Mainstreaming passten sowohl in das linke Weltbild der Befreiung der unterdrückten Frau als auch zum Bedürfnis der Wirtschaft nach mehr Arbeitskräften. Mehr weibliche Arbeitskräfte erwirtschafteten natürlich ein höheres Einkommen, das dann gleich wieder in den Konsum fließen konnte. Dass dies auf Kosten der Familie ging und mit einer geringeren Geburtenrate verbunden war, interessierte weder die Linke noch die Wirtschaft. Da seit den 90er Jahren das Realeinkommen der Unter- und Mittelschicht gleich geblieben war, aber sich die Lebenshaltungskosten erhöht hatten, zwang dies die Frauen des Kleinbürgertums zur Arbeit. Nur mit einem zweiten Einkommen war über die Runden zu kommen.

Die Frauen der einkommensstarken Wirtschaftslenker und der höheren Beamten konnten dagegen frei entscheiden, ob sie arbeiten oder sich nicht doch lieber in Töpferkursen selbst verwirklichen wollten und anschließend in einem anthroposophischem Kunstprojekt in einem Pseudo-Solidaritätsrausch Flüchtlingsfrauen ihre Namen vortanzten.

Entsprechend gibt es eine Frauenquote nur bei den Aufsichtsratsposten in den etwa 100 größten Unternehmen Deutschlands. Die Rolle der Unterschichtsfrauen interessiert die Ökobourgeoisie naturgemäß nicht. Da ist im Gegensatz noch zu den 70er-Jahre-Linken der 70ern nichts mit Solidarität.

Gleichzeitig erschuf der Ökologismus riesige neue Geschäftsfelder für die Ökobourgeoisie. Speziell die Energiewende erwies sich als Gelddruckmaschine per Zwangssubvention. Grüne Eigenheimbesitzer bedeckten ihre Dächer mit Solarmodulen, erwirtschafteten eine Megarendite – bezahlt haben dies vorwiegend die kleinen Leute, für die die Stromrechnung plötzlich einen erheblich größeren Teil ihres Haushaltbudgets einnahm. Schnell entstand eine hoch subventionierte Öko-Wirtschaft, bezahlt von denjenigen, die sich in ihren kleinen Mietwohnungen keine Dächer subventionieren lassen konnten.

Ironischerweise erhöhte die Energiewende den CO2-Ausstoß Deutschlands. Als Begründung für die Energiewende diente noch ein angebliches Sinken des CO2-Ausstoßes und die Vorstellung, dass bald die ganze Welt Deutschland folgen würde. Beides war ein folgenschwerer Irrtum, der aber heute noch nicht als solcher zugegeben wird.

Die Energiewende wurde in der Hoffnung gestartet, dass bald Speichermedien entwickelt werden würden, die das Netz stabil machen. Aber auch hier Fehlanzeige!
Die Grundlage für eine entwickelte Industrienation ist eine stabile und günstige Stromversorgung. Deutschland hatte eines der günstigsten und stabilsten Netze der Welt. Heute droht jedes Jahr im Winter Stromausfall mit katastrophalen Folgen.

Die von Merkel durchgesetzte Energiewende ist das Ergebnis einer ökologistischen Leitkultur, der sich die Medien und alle Parteien angeschlossen haben. Motto: Koste es was es wolle. Wir sind grün, die anderen bezahlen. In anderen Ländern wird der Strom billiger, in Deutschland immer teurer. Wie jede Ideologie ist die Energiewende nicht hinterfragbar. Der Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE Vassiliadis stellte schon 2014 fest: „Es gibt nahezu keine Opposition, alle bejubeln die Erneuerbaren und die sportlichen Ausbauziele, auch die Medien. Kritische Hinweise werden im grünen Lobbyistendschungel erstickt.“

Otto Schily, einer der Gründer der Grünen und nach Wechsel in die SPD Bundesinnenminister, hält die Energiewende für «sowohl unter wirtschaftlichen, finanziellen, ökologischen, sozialen und klimapolitischen Vorzeichen für ein Desaster». Ähnliches ist in den deutschen Leitmedien kaum zu lesen. Hier heißt es: Augen zu und durch! Widerspruch wird als Ketzerei behandelt.

Keine Diskussion mehr an Universitäten
Diskriminierungsfreiheit statt Meinungsfreiheit
Den Aufbau einer weiteren Mega-Subventionsindustrie ermöglichte die politisch korrekte Willkommenskultur als Leitkultur. Anstatt den Leuten in ihren Heimatländern zu helfen und dort für sie sichere Räume einzurichten, wurden sie über das gefährliche Mittelmeer nach Deutschland gelockt. Hier nahmen sich ihrer meist vom Steuerzahler bezahlte Hilfsorganisationen aller Art an und nicht zuletzt die steuerfinanzierten Kirchen. Kostenlose Flüchtlingsunterbringung in den Gemeindehäusern? Fehlanzeige. Der Vatikan nahm eine(!) ausgewählte Flüchtlingsfamilie auf und gab diese dann dankend an Rom weiter. Heute kosten die Asyleinwanderer den deutschen Steuerzahler vermutlich jährlich rund 50 Milliarden Euro. Von diesen Kosten ist in den Medien nur selten zu erfahren.

Die „Willkommenskultur“ sollte als weiteres Element der Leitkultur etabliert werden. Hier stellten sich aber zum ersten Mal große Teile der Bevölkerung quer.

Die Ökobourgeoisie und die Bildung

Die deutsche Ökobourgeoisie ist formal gut ausgebildet, flexibel, in den Zukunftsindustrien beschäftigt und öfter in New York als in Berlin-Neukölln oder in Duisburg-Marxloh anzutreffen. Sie ist der Globalisierungsgewinner und schottet sich gegen die Globalisierungsverlierer, gegen die untere Mittelschicht, ab. Gegenüber ihnen aber setzen sie ihre Leitkultur durch.

In Deutschland ist der Einfluss der Eltern auf ihre Kinder besonders groß. Letztlich bedeutet das: Erfolgreiche Eltern erziehen erfolgreiche Kinder. Erfolglose Eltern erziehen erfolglose Kinder. Beide Kasten bleiben unter sich, die soziale Durchlässigkeit ist in Deutschland gering.

Der etablierten Ökobourgeoisie ist eine Bildungsoffensive „Arbeiterkinder an die Uni“, wie sie in den 60er Jahren stattgefunden hat, fremd. Zum moralischen Selbstschmuck sind andere Gruppen geeigneter: gesuchte Minderheiten wie Schwule, Nicht-Weiße, Muslime, Frauen der Ökobourgeoisie … Nur die Unterschicht sucht man vergeblich bei den Lieblingsopfergruppen. Anstatt einer BESSEREN Bildung werden einfach die Leistungsstandards gesenkt. Wohin das im Ergebnis führt, zeigt deutlich Baden-Württemberg, das unter rot-grün die Leistungsidee gegen einen ideologisch begründeten Inklusionsgedanken eingetauscht hat. Innerhalb weniger Jahre fiel das Land in Bildungsrankings dramatisch zurück.

Ein wesentliches Defizit in der Bildungsdiskussion ist, dass Bildung als wertfreie Kompetenz wahrgenommen wird: Bildung wird es schon richten! Aber Bildung ist sowohl Werkzeug (Lesen & Schreiben lernen) als auch Inhalt. Die Werte oder Unwerte, die in der heutigen Bildung vermittelt werden, entsprechen weitgehend den Ideologien der Political Correctness.

In den 70er Jahren waren die Lehrer meist konservativ, die Schüler und Studenten links. So entwickelten sich muntere Diskussion, die auf jeden Fall eines lehrten: Es gibt pro und contra. Heute folgen Lehrer, Eltern, Schüler und Studenten meist der gleichen Ideologie. Wohin gesellschaftliche Einheitsmeinungen führen, haben wir schon einige Male in der deutschen Geschichte erlebt.

So sagen Schüler: Sobald es um die eigene Meinung geht, ist nur die politisch korrekte Meinung richtig, die auch von den Lehrern so gelehrt wird. Kritisches Denken (heute heißt das: Infragestellung dieser verordneten Leitkultur) wird nicht beigebracht, das Hinterfragen wird, wo immer es geht, verhindert. Die Folgen dieser Indoktrination sind bei den Schülern Anpassung und Apathie. Weitere Auswirkungen sind, dass die Schüler das Eine denken, aber im Unterricht das Andere sagen. Wem dabei autoritäre Systeme in deutscher Vergangenheit in den Sinn kommen, ist ein Schelm.

Die Gendersprache als von oben verordnete Leitsprache

Die Politische Correctness ist also eine Ideologie, die von einer kleinen akademischen Schicht als Leitkultur der Bevölkerung durchgesetzt wurde. Auch die Wirtschaft spielte fleißig mit: Aus dem „Sarotti-Mohr“ wurde ein „Sarotti-Magier der Sinne“ der sogar seine Hautfarbe wechselte, ganz politisch korrekt.

Am schlimmsten treiben es allerdings die Verfechter der gegenderten Sprache. Ohne jeden demokratischen Auftrag durch die Bevölkerung wird das Deutsch der Verwaltungssprache gegendert. Seither gibt es: StudentInnen, Studentinnen/Studenten, Student/innen, Student(innen) und natürlich die Studierenden.

Die Gendersprache ist keine Sprache, die vom Volk kommt, sondern es ist eine von oben verordnete Ausprägung der neuen Leitkultur, in diesem Falle kann man sogar von einer Zwangskultur sprechen. Während Luther stolz darauf war, dem Volk aufs Maul zu schauen, hat heute das Volk aufs Maul der politisch korrekten Leitschicht zu schauen, und die Vorgaben widerspruchslos widerzukäuen: ihr nach dem Mund zu reden.

Hilflose Versuche der Verweigerung wie „Das wird man wohl noch sagen dürfen …“ werden mit Schimpf und Schande übergossen und lächerlich gemacht.

Die Political Correctness als Opferkultur

Im Zentrum der Political Correctness steht eine kleine Zahl von Opfergruppen, die der Ideologie entspricht: Muslime, Nicht-Weiße, Behinderte und Schwule stehen im Fokus der Aufmerksamkeit, selbst Frauen der Ökobourgeoisie gerieren sich als Modeopfer.

Hartz-IV-Empfänger, Alleinerziehende, Obdachlose, die wirklich armen Rentner, Benachteiligte, die durch Merkels wirre Einwanderungspolitik keine günstige Wohnung mehr finden, sind dagegen nicht in Mode. Sie fallen durch das Opferraster.
Über die Unterschicht macht man sich höchstens lustig. Sie isst das falsche Essen, spricht die falsche Sprache, macht die falschen Witze, eigentlich ist alles falsch an ihr. Und das ist gut so, so hat man wenigstens Leute, auf die man ganz korrekt herabsehen kann.

Die Täter

Und irgendjemand muss die Opfer ja zu Opfern machen, da muss es also Täter geben: der alte weiße Mann. Früher gab es das Laufspiel: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Es scheint, als ob die Ökobourgeoisie nur die Farbe getauscht habe: Schuld ist der weiße alte Mann. Und hier hat die Political Correctess keine Hemmung, sich sowohl sexistisch als auch rassistisch auszudrücken. Der weiße Mann ist nun der Depp der Ideologen.

Als die Linke noch in der Opposition war, entwickelte sie sich weiter über das Werkzeug der Dialektik. Über die Antithese ihrer politischen Gegner, konnte sie immer neue Synthesen entwickeln. Mit anderen Worten: Widerspruch machte schlau.

Seit die Linke, die sich zur Ökobourgeoisie entwickelt hat, alle Schaltstellen der Gesellschaft besetzt hat und diese nun beherrscht, gab sie die Dialektik als Denkmodell auf. Welcher Herrschende will auch Widerspruch hören, hat er doch a priori immer recht. Daraus folgte, dass das politische Denken ein immer geringeres Niveau und einen immer religiöseren Charakter annahm. Wie bei der Religion geht es bei p. c. um Wahrheitsansprüche und um Gewissheiten. So wurde die Verantwortungsethik Helmut Schmidts immer mehr durch die Gesinnungsethik Angela Merkels ersetzt. Mit dieser Haltung folgte sie den Vorgaben der politisch korrekten Medien. Die Folgen der Energiewende und der Flüchtlingspolitik sind zweitrangig, das wichtigste ist, man hat die richtige Gesinnung.

Titelte die Linke in den 60ern noch:
Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben!

So kann die Ökobourgeoisie heute sagen:
Wir sind in der Durchsetzung unserer Leitkultur noch autoritärer, als es unsere Eltern jemals waren.

Warum? Damals gab es These und Antithese, Linke und Rechte. Heute gibt es das Gute, die vermeintliche Wahrheit und die richtige Seite. Der Rest ist böse.

Die Pseudolinken

Warum ist die ursprünglich linke Ökobourgeoisie heute nicht mehr links, obwohl sie dies von sich behauptet? Ein Werkzeug der Linken war die Ideologiekritik. Aber schließlich will eine herrschende Ideologie nicht kritisiert werden. Deshalb wurde die Ideologiekritik sofort in die Tonne getreten, als es um die eigene Macht ging.

Eine herrschende Ideologie will auch keine Opposition. Deshalb wird alles, was nach  Opposition aussieht als „neurechts” tabuisiert, ausgegrenzt und abgewertet. Schon alleine die Diskussion bedeutet ja eine Form der Anerkennung, insofern man ja zugibt, dass es eine Antithese gibt, die zu diskutieren wäre. Die einzige Institution, in der man nicht umhinkommt, die Opposition ab und zu zu Wort kommen zu lassen, sind die Talkshows. Hier kommt der herrschenden Ideologie zugute, dass die Vertreter der AfD den geschulten Polit- und Medienprofis auch intellektuell unterlegen sind.

Die Schuldkultur als übergreifende Leitkultur

Das Christentum in seinem Ursprung ist eine Schuldkultur. Die Idee der Erbsünde begründete Vorstellung von der Schuld aller Menschen. Der Mensch trägt also bereits durch sein pures Menschsein Schuld und wurde nur durch Jesus´ Barmherzigkeit begnadigt. Diese Schuldkultur und das Schuldbewusstsein haben sich über Jahrhunderte in die emotionalen Tiefen der Bewusstseinsstruktur der Gesellschaft eingegraben.

Im Gegensatz zur Schuldkultur der christlich und muslimisch geprägten Länder steht die Schamkultur der Asiaten. Hier gibt es weder Sünde, religiöse Schuld noch die Vergebung Gottes oder Allahs. Entsprechend ist dem asiatischen Kulturraum die Zelebrierung von Schuld fremd. Wer meint, in Asien mit deutscher Schuldkultur Punkte zu sammeln, der wird bald merken, dass Asiaten davon peinlich berührt sind.

Als das Christentum in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seine Bindungskraft verlor, gab es offensichtlich ein Bedürfnis nach einer neuen Schuldkultur, die das über Jahrhunderte tief eingegrabene Schuldbewusstsein und das Täter-Opfer-Denken weiter zum Klingen brachte.

Nach 1945 sahen sich die Deutschen erst einmal selbst als Opfer des Zweiten Weltkriegs. In den 1970er Jahren rückte das Leid der jüdischen Opfer in den Mittelpunkt der Wahrnehmung. Die 68er-Generation brach das Schweigen der Eltern und wollte, ohne selbst in einer solchen Situation gewesen zu sein, ihre Eltern belehren, wie diese sich in der Nazi-Zeit hätten verhalten sollen.

Das Leid der Opfer des Dritten Reiches wurde zur Leidkultur, die zur deutschen Leitkultur wurde, auch als es den europäischen Nachbarn mit der unaufhörlichen Zelebrierung der deutschen Schuld schon längst unheimlich war.

Nachdem aufgrund der fortgeschrittenen Zeitläufte auch diese Schuldkultur immer mehr in den Hintergrund trat, gab es das Bedürfnis nach neuem Schuldbewusstsein, nach neuen Tätern und Opfern, nach einer neuen Schuldkultur.

So wurde die Opferkultur der Political Correctness aus den USA adaptiert: Die alten weißen Männer sind schuld am Elend der Welt. Dass meist alte weiße Männer die gesamte technische und moralische Entwicklung der modernen Welt gestaltet haben, wird dabei verschwiegen.

Gegenwärtig erleben wir ein allumfassendes Kesseltreiben gegen den amerikanischen Präsidenten Trump. Dabei geht es nicht darum, was Trump richtig oder falsch gemacht hat. In den USA hat Trump, wenn man den Medien noch trauen kann, heute immerhin 44% Anhänger. Aus deren Sicht wird nicht ernsthaft berichtet. Bei den deutschen Medien geht es meist nur darum, sie abzuwerten und mitsamt Trump lächerlich zu machen.

Entsprechendes gilt in Deutschland für die AfD und ihre Wähler. Ist das ein wahrhaft demokratischer Zustand einer Gesellschaft? Nein, das ist ein Zerrbild. Abwertung Anderer ist mit eigener Aufwertung verbunden. Und das hat jede autoritäre Gesellschaft bitter nötig.

Insbesondere in der Leitkultur der Political Correctness geht es darum, selbst definierte Opfergruppen aufzuwerten und die Schuld der Täter festzustellen, wobei man mit großem moralischen Furor selbst gleichzeitig die Rolle des Anklägers und des Richters einnimmt. Man will radikaler Verteidiger der Demokratie sein und bedient sich dabei oft autokratischer Mittel. Dabei ist die Radikalisierung der Political Correctness und deren Verabsolutierung zur Leitkultur nur eine Art der Selbsttherapie gegen eigene kulturelle Entwurzelung und den Verlust einstiger historischer linker Größe.

Die neuste Schuld-Ideologie ist die „Klimakatastrophe“. Der weiße Mann ist schuld daran, dass bald die Welt untergeht. Deshalb muss er seine Schuld sühnen. Lösungen werden vor allem national gesucht, in Deutschland. Schon bei der Übertragung auf Europa hakt es gewaltig. Wenn die Klimakatastrophe ein globales Problem ist, kann sie aber nur global gelöst werden.

Würde es die Klimaschutzfraktion ernst meinen mit dem Klimaschutz, dann würde sie in Form von Entwicklungshilfe deutsche Filter- und Reinigungstechnologien für Kohlekraftwerke in die Welt liefern. Außerdem würde sie sich an der Weiterentwicklung der Atomkraft beteiligen. Das wäre der wesentliche Beitrag zur Lösung eines CO2-Anstiegs. Aber darum geht offenbar nicht wirklich. Hauptsächlich geht es wohl darum, Rituale von Schuld und Sühne zu bedienen.

Ginge es wirklich um Klimaschutz, würde man nicht die Bedrohung durch die Bevölkerungsexplosion in Afrika verschweigen. Die Tabuisierung dieses riesigen Problems ist nur dann verständlich, wenn man bedenkt, welches rigide Schuldbewusstsein man dem weißen Mann eingetrichtert hat. Dieses Schuldbewusstsein in Verbindung mit einer kruden Antirassismus-Ideologie verhindert geradezu die Lösung der Probleme in Afrika.

Der Mythos: Je bunter eine Kultur, desto leistungsfähiger

Zu dieser Aussage wird kein Widerspruch mehr geduldet. Dabei weiß Lieschen Müller, dass Zuzug sich sowohl bereichernd als verschlechternd auswirken kann. Es kommt eben drauf an, wer kommt. Komisch ist doch, dass Kanada seinen Zuzug sehr genau aussucht und die prosperierenden Länder Asiens durchwegs homogene Gesellschaft sind und sich kulturfremde Einwanderer in nennenswerter Zahl verbieten.

Warum sind unkontrollierbare Gerüchte in den sozialen Netzwerken so mächtig? Gibt es finstere Mächte, die die Welt und das Netz manipulieren? Vielleicht am Rande. Der Hauptgrund ist jedoch der Verlust an Glaubwürdigkeit der etablierten Medien. Und warum? Nicht weil sie da und dort falsch unterrichtet haben. Der wirkliche Verlust an Glaubwürdigkeit folgt aus dem exzessiven Gebrauch der politisch korrekten Leitkultur, mit der die Medien meinen, die Leute erziehen zu müssen, und mit der jeder unkorrekte Widerspruch erstickt und mit der Nazikeule totgeschlagen wird.

Warum ist der Hass hier und dort groß? Weil sich Bürger in ihrer Meinung ausgegrenzt und herabgesetzt fühlen. Geht es um vom Establishment definierte Opfergruppen, ist das Verständnis der Leitschicht groß. Die „rechte“ Opposition trifft dagegen die volle Härte der Vertreter der richtigen Leitkultur, die ja die vollständige Macht an allen Schaltstellen der Gesellschaft haben.

Da flüchten sich viele Andersdenkende in die virtuelle Welt von Facebook und Co. Sie sind nicht blöd, sie wissen, dass es dort oft um Gerüchte geht, die längst nicht bewiesen sind. Aber den manipulativen Erziehungsversuchen der Mainstream-Medien trauen sie noch weniger und im Netz finden sie wenigstens eine gefühlte Wahrheit – und Freiheit.

Die Verhöhnung von Tradition und Autorität durch die Political Correctness funktionierte als progressives Element, solange diese in der Opposition war und Tradition und Autorität hohl waren. Nun, da die p. c. selbst Autorität beansprucht und sich auf ihre eigene Tradition beruft, darf sie sich nicht wundern, wenn sie selbst verhöhnt wird. Die Revolution frisst über kurz oder lang ihre eigenen Kinder.

 

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