Tichys Einblick
Wer fällt zuerst?

Peter Gauweiler: „Horst, es ist Zeit.“

Die alten Männer der CSU und das Mehr an Wähler: Wer nichts mehr zu verlieren hat, wagt den Aufstand. Der Generationenwechsel in der CSU ist so schwer wie der an der Spitze der CDU. Aber wenn keiner wagt, gewinnt auch keiner.

© Steffi Loos/AFP/Getty Images

„Oh, ich bin klug und weise, und mich betrügt man nicht“ diese berühmte Zeile aus Lortzings Oper muss den Peter Gauweiler, – wer kennt ihn nicht,- angetrieben haben, als er gestern wieder als Berater der CSU, in der er keine große Rolle mehr spielen darf, hervortrat, um Seehofer zum Rücktritt aufzufordern: „Horst, es ist Zeit.“

 Das Brett vor dem Kopf statt Kampf um Rechts

Rilkefreunde wissen, aus welchem Gedicht die Anleihe stammt. Gauweiler ist ein Geschäftsmann mit Bildungshintergrund. Ähnlich wie bei Paul Breitner auf dem anderen Karrierefeld, ist seine Gescheitheit gefürchtet, nachdem er seine ehrgeizigen Träume, ein ganz großer Politiker wie der Franz Josef zu werden, in der Rumpelkammer seiner Seele abstellen musste. Aber er spielt noch mit, am liebsten als Conferencier im politischen Zirkus, wenn dieser wieder einmal an Zuschauerschwund leidet und über neue Zug-und Artisten-Nummern nachdenken muss. Denn der Horst hat versagt, sagt Gauweiler, und sollte jetzt mit seiner rechten Flanken-Rhetorik nicht weiteren Schaden anrichten. Er hat für sich und die Partei die Glaubwürdigkeit verloren. Es gehe nicht um links oder rechts, diese alten Schabracken aus dem kalten Krieg, es gehe darum, das Brett vor dem Kopf los zu machen.

Der Brandner Kaspar der bayerischen Politik

Seehofer habe gegen Merkels Politik polemisiert, die Landesgruppe seiner Partei aber habe Merkel gleichzeitig immer unterstützt. Hat er diesen Verrat seiner eigenen Leute gar nicht bemerkt oder fehlte ihm eben die Autorität, sie zur Ordnung zu rufen?

Oder ist die in Bayern so populäre Volkslegende vom Brandner Kaspar? Der  betrügt den als Person auftretenden Tod und ergaunert sich zusätzliche Lebensjahre, weil er auf die Seinen aufpassen will. Dadurch entsteht zwar einige Verwirrung in der himmlischen Ordnung, doch am Ende wird der Kaspar davon überzeugt, dass es Zeit ist zum gehen. Der Seehofer hat die himmlische Ordnung Bayerns durcheinander gebracht, wonach die CSU immer die Mehreren sein müssen. Spielt jetzt der Gauweiler den himmlischen Mahner?

Herles fällt auf
Horst im Glück - Anmerkungen über die Bayern
Die CSU wisse, sie sitze im falschen Zug und mache es sich dennoch bequem im Speisewagen. Und dann dieser Fehler, die vielen Flüchtlinge nicht sofort arbeiten zu lassen. Wenn sich keine Arbeit finde, mindere, gering bezahlte Sozialarbeit sei immer zu schaffen. Gauweiler, der hart gesottene Pragmatiker. Dann dieser Kalauer mit der Obergrenze und der mangelnde Mut, diese vor das Verfassungsgericht zu bringen. Also jetzt ist es höchste Zeit, Konsequenzen zu ziehen. „Die Verantwortlichen sind gewogen und für zu leicht befunden worden.“ So ist die Wahlschlappe zu verstehen. Mit diesem alten Verlierer-Personal in die Koalitionsverhandlungen zu gehen, ist der nächste Fehler, bringt nichts, schwächt die Partei weiter. Söder soll jetzt ran, Gauweiler stellt ihm das beste Zeugnis aus, „er ist ein hochbegabter Politiker“.

Der alte Politiker fordert die Jungen auf, sich nicht zu verstecken, ihre Machtansprüche zu stellen, das sei legitim in der Politik. Fürchtet euch nicht, sagt er im Medium der Süddeutschen Zeitung, sicher kein CSU-Blatt, und man hat das Gefühl am Ende dieses Aufrufs zum Ungehorsam, als rechne sich der alte Hemingway-Fan der Politik insgeheim noch einmal eine Chance aus. Warum nicht?

Jupp Heynckes übernimmt mit 72 gerade die Mannschaft des FC Bayern.

Gauweilers alte Pläne und der Stutzen dazu liegen ja noch gut verwahrt in der Rumpelkammer seiner Seele, wie gesagt.


Wim Setzer ist Kunstkritiker und Journalist.

Die mobile Version verlassen