In seiner letzten Neujahrsansprache hat Olaf Scholz die Bürger geradezu angefleht, sie mögen doch bitteschön sparen. Da ging es um Energie. Bei sich selbst und der Kaste der Berufspolitiker, die er maßgeblich vertritt, ist der Bundeskanzler wesentlich freigiebiger – ganz sicher jedenfalls, wenn es ums Geld geht.
Und es möge niemand sagen, unsere Parteien würden sich nur noch streiten. Erst am Donnerstag waren sich im Bundestag alle (außer der AfD) völlig einig. SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU und Linke haben einträchtig und gemeinsam abgestimmt.
Sie taten es für einen guten Zweck: für Geld.
Die Parteien haben sich ihre Staatszuschüsse selbst erhöht. Künftig bekommen sie höchstens 184.793.822 Euro. Jedes Jahr, wohlgemerkt. In einer normalen vierjährigen Wahlperiode summiert sich das auf grob 740 Millionen Euro – fast eine dreiviertel Milliarde.
Zur Einordnung: Der durchschnittlich verdienende alleinstehende Bürger in Deutschland zahlt nach einer Berechnung vom Bund der Steuerzahler 30.500 Euro an Steuern und Abgaben jährlich. Das heißt, dass weit mehr als 6.000 Menschen bei uns jedes Jahr unterm Strich nur für die Parteien anschaffen gehen.
Mit der Neuregelung umgehen die Parteien auch de facto ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) – und sie ersparen sich horrende Rückzahlungen, die durch das Urteil fällig geworden wären. Das kommt so:
2017 hatten die Parteien noch knapp 162 Millionen Euro eingesackt. Das war den nimmersatten Schatzmeistern lagerübergreifend viel zu wenig. Die Große Koalition unter Angela Merkel erhöhte deshalb 2018 die gesetzlich zulässige jährliche Obergrenze mit einem Schlag auf 190 Millionen Euro.
In dem Urteil werden die Parteien auch dazu aufgefordert, das seit 2018 zu Unrecht erhaltene Geld an die Staatskasse zurückzuzahlen. Das sind in Summe inzwischen 125 Millionen Euro. Die Neigung, das zu tun, hält sich bei allen Parteien außer der AfD in engen Grenzen. Und wegen einer fehlenden Begründung will man sich diesmal auch nicht mehr stoppen lassen. Die Erhöhung der Zuschüsse erklärt man jetzt mit „einschneidenden Veränderungen“: Die Parteien müssten schließlich die Digitalisierung finanzieren, auch gebe es „veränderte Partizipationsanforderungen“.
Was schon blumig klingt, ist bei näherem Hinsehen noch fragwürdiger. Die Parteien argumentieren unter anderem damit, dass Online-Parteitage aufwändig und teuer seien. Aber Reise- und Unterbringungskosten fallen da ja ebenso weg wie die Kosten für Saalmiete und „Bunte Abende“ zur Bespaßung der Delegierten. Das schwant auch den Parteimanagern, also rechtfertigen sie sich mit Hacker-Angriffen, gegen die man sich wehren müsse.
Auch Online-Kampagnen sind eher günstiger als der klassische Old-School-Straßenwahlkampf. Zudem gehen die Parteien offenbar wie selbstverständlich davon aus, dass sie digitale Projekte immer nur zusätzlich anschieben – und alles andere trotzdem im selben Umfang weitergemacht wird wie bisher. Das Konzept, Mittel umzuschichten, scheint in den Bundesgeschäftsstellen unbekannt.
Weshalb man schließlich mehr Geld braucht, weil die Mitmachansprüche der Mitglieder (und der Bevölkerung generell) gestiegen sind, ist auch unverständlich. Die Parteien begründen damit trotzdem „nachvollziehbare finanzielle Mehrbedarfe“ in den Bereichen Digitalisierung und Partizipation.
Auch bei Bündnis’90/Grünen, der FDP und der „Linken“ hat man mittlerweile umgedacht. Die Grünen und die FDP sind inzwischen in der Regierung. Dort bekämpfen sie sich schlimmer als zu Oppositionszeiten, und das verschlingt natürlich Ressourcen – also: Geld. Und die SED-PDS-Linke verliert gerade wegen des Abgangs von Sahra Wagenknecht ihren lukrativen Fraktionsstatus im Bundestag.
Da kann mehr Geld für die Partei ja auch nicht schaden.