Tichys Einblick
Fake

Parallele Realitäten und ihre Kosten

Politiker und Öffentlich Rechtliche wollen mehr TV-Zwangsgebühr. Es passt zur Entwicklung der Filmbudgets in Hollywood: es wird nun mal immer teurer, künstliche Parallelwelten zu erschaffen.

© Getty Images

38, 76, 85, 85, 125, 160, 190, 250 – das sind keine Lotteriezahlen und auch nicht die Mitschrift eines jener mysteriösen Zahlensender. Diese bis auf eine Ausnahme kontinuierlich steigenden Werte sind die Produktionskosten der Fast and Furious-Filme, von 1 bis 8, in Dollarmillionen (siehe statista.com).

Die drei teuersten Filme aller Zeiten (in nicht-inflationsbereinigten Beträgen) waren laut the-numbers.com: Avatar (425 Millionen US-Dollar), Pirates of the Caribbean 4 (411 Millionen US-Dollar) und Avengers: Age of Ultron (331 Millionen US-Dollar).

Showbusiness ist eben das: Business. Die Studios und ihre Investoren geben das Geld nicht aus Nächstenliebe aus, und in dieser Größenordnung auch nicht (nur) aus der Liebe zur Kunst. Die genannten drei (und eine Reihe weiterer) Filme spielten jeweils über eine Milliarde US-Dollar ein, teilweise sogar 2 Milliarden Dollar.

Aus den riesigen Einnahmen lässt sich ableiten: Menschen sind bereit, regelmäßig viel Geld zu bezahlen, um für ein bis zwei Stunden in ausgedachten Welten zu versinken. – Aus den riesigen Ausgaben lässt sich ableiten: Es kostet viel Geld, glaubwürdige Traumwelten zu erschaffen. – Aus den steigenden Kosten zum Beispiel bei der Fast-and-Furious-Reihe lässt sich wiederum Zweierlei ableiten: Erstens haben publikumswirksame Stars ihren Preis, und zweitens wird der Aufwand, den es braucht, das Publikum in die ausgedachte Welt eintauchen zu lassen, mit Erfahrung und Abstumpfung des Publikums kontinuierlich höher.

Die Lehre

Deutschland hat gerade eben noch Weihnachten gefeiert, und in medialer Debatte bedeutet »Weihnachten feiern«, einen Kulturkampf darüber auszutragen, ob alle guten Wünsche rund um die Wintersonnenwende auch brav »Weihnachten« erwähnen – und nicht ungeschickterweise nur von »Festtagen« reden.

Man muss nicht an die Jungfrauengeburt glauben, um zu Weihnachten viele schöne Geschenke zu verteilen – und um Geschenke zu erwarten. Eine Gruppe, die sich bei der Verteilung von Geschenken wohl ausgelassen fühlt, sind die Herrschaften von ARD und ZDF. Die Bürger Deutschlands werden derzeit gezwungen, den riesigen politiknahen TV-Apparat mit insgesamt derzeit knapp 8 Milliarden Euro zu finanzieren – um Abend für Abend zu hören, warum Migration super und Kritiker allesamt böse Rechte sind, warum Trump doof ist und was die Grünen zu diesem und jenem sagen. Der Staatsfunk will wieder mehr Geld, und sie wollen wieder mehr Geld (siehe z.B. welt.de, 28.12.2018).

Zu den Fürsprechern einer Erhöhung gehören unter anderem Malu Dreyer, wenn ich auch gerade nicht sicher bin, ob sie als stellvertretende SPD-Vorsitzende spricht, als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz … oder als Vorsitzende des Verwaltungsrats des ZDF. (Hat da jemand »Staatsfunk« gerufen? »Bananenrepublik« gar?)

Was ist es denn, wofür ARD und ZDF so viel Geld brauchen? Teure Ablenkung des Volkes mit linientreuen Rockstars? Einfach nur Bezahlung von Monstergehältern für die Chefs und Moderatoren? Einfach nur die Pensionsansprüche?

Wenn sie nicht mehr Geld bekommen, so »drohen« die politiknahen Sender, würde die Qualität sinken, und man fragt sich, welches der ungezählten Nischenprogramme und welche der platten Unterhaltungssendungen denn für die aufrechtzuerhaltende Qualität steht – aber okay.

Ein anderes Argument

Das Argument der von kritischen Bürgern zunehmend als Propaganda wahrgenommenen öffentlich rechtlichen Berichterstattung ist natürlich, einen Beitrag zur Demokratie zu leisten, doch mit »Demokratie« scheinen sie schlicht Machterhalt, nicht die Ertüchtigung des Bürgers zu fakten- und logikbasiertem Denken zu meinen. Die politische Schlagseite und praktische Verhöhnung alter journalistischer Prinzipien durch das Zwangsgebühren-TV wurde oft genug kritisiert, auch von mir (siehe auch: Propaganda in deinem Wohnzimmer).

Das regierungsnahe TV, das zu Merkels Welteinladung die schönen Bilder von Kindern mit Kulleraugen lieferte, das Haltungs-TV, das nicht müde wird, Andersdenkende zu dämonisieren und vom Bürger stramme »Haltung« einzufordern – warum braucht dieses Monster so viel Geld, und warum braucht es immer mehr Geld?

Wagen wir eine These! Etwa diese: Das GEZ-TV braucht diese absurden Geldsummen, um dem Bürger eine ganz bestimmte irreale Welt vorzuspielen, und diese Welt muss möglichst vollständig sein (siehe auch: Das Konservative und seine Lücken).

Je erfahrener der Medienkonsument ist, um so aufwändiger wird es, zuverlässig den Moment des suspension of disbelief zu erreichen, die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit, also den magischen Moment, ab welchem der Zuschauer glaubt, was er sieht – das gilt für Kino wie für Berichterstattung.

Vor vielen, vielen Jahrzehnten hat es in Science-Fiction-Filmen genügt, wenn ein paar Pappmodelle an Fäden vor der Kamera pendelten; heute werden Raumschiffe von Serverfarmen berechnet, bis auch die letzte Lichtreflektion realistisch ist. Bei der Berichterstattung ist man noch nicht so weit wie im Kino; bei Berichten lässt sich noch immer mit simplen Worten täuschen (siehe die Aufdeckungen beim Spiegel), oder indem man bei einer Menge von 900 jungen Männern und zwei Familien die Kameras nur auf die Familie hält, indem man Fake-Videos dreht und sie »Satire« nennt, oder indem man etwa bei Trump die Buhrufe mal eben hochdreht (die Tagesschau wurde einmal dabei erwischt). Noch braucht es recht wenig Aufwand, die Realität nach linksgrün zu manipulieren, doch mit steigender Erfahrung des Zuschauers und mit der Dauerüberwachung durch freie Medien wird auch der zur Generierung paralleler Realitäten notwendige Aufwand größer, parallel zum Kino. – Wenn diese Beispiele Ihnen erschreckend vorkommen, dann bedenken Sie zweierlei: 1. Das sind nur die Fälle, die aufflogen und recht eindeutig waren, und 2. Wann werden zum ersten Mal »Deep Fakes« auftauchen, wo virtuellen, aber realistischen Politikern buchstäblich jede Aussage in den Mund gelegt werden kann?

Wir haben erlebt, wie Aussagen (konkret etwa von Akif Pirinçci, siehe welt.de, 31.10.2015) recht plump aus dem Kontext gerissen und als rufschädigende Fake News auch vom GEZ-TV verbreitet wurde – man muss fürchten: wann kommt die erste Deep-Fake-News über einen Regierungskritiker? (Die zunächst natürlich nur versehentlich verbreitet wird, um dann, wenn man erwischt wird, still und leise »korrigiert« zu werden.)

Die Menschen werden unzufrieden. Linke und grüne Politiker verschenken und verzocken die Zukunft des Landes, und immer mehr Menschen leben in Angst, verlieren Sicherheit und Gewissheit. Es wird für regierungsnahe Medien immer wichtiger werden, die Stimmung durch Entwicklung und Verbreitung einer teil-parallelen Welterklärung ruhig zu halten. So erschreckend aufgedeckte Medien-Skandale wie zuletzt der Fall Relotius sind, wir stehen heute erst am Beginn der Halbwahrheiten, der Manipulationen und der Fakes; und die neuen Fakes werden teurer werden, viel teurer.

Ich wiederhole derzeit drei Leitsätze, sehr bewusst. Der erste Satz ist: Ordne deine Kreise! – Der zweite Satz ist: Wenn die Realität und dein Weltbild auseinandergehen, wird am Ende immer die Realität gewinnen. Und der dritte Satz: Prüfe alles, glaube wenig, denke selbst!


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

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