Tichys Einblick
Bethlehem und Israel

Ort der ewigen Hoffnung

Von Pakistan bis Marokko, von Indonesien bis weit in den Balkan hinein erstreckt sich ein breiter Gürtel islamisch geprägter Länder. Israel ist die einzige Landbrücke, die eine Unterbrechung darstellt zwischen dem euroasiatischen Doppelkontinent und Afrika. Und dort, nahe bei Jerusalem, liegt Bethlehem. Die Lage der Stadt, aus der vor 2.000 Jahren so bahnbrechende Nachrichten kamen, birgt heute mehr denn je Spannung und Symbolik.

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Es gibt eine Brücke, über die die Gedanken und Ideen des islamistischen Terrors hin- und hergehen, und diese Brücke ist, grob gesagt, zwischen Südostasien und den Maghreb-Staaten gespannt. Die arabische Halbinsel ist der eine von zwei wichtigen Pfeilern, auf denen sie ruht, denn von hier kommt mutmaßlich sehr viel Geld, das zur Finanzierung des Terrors gedacht ist und verwendet wird. Der andere Pfeiler gründet in Kairo, wo an der zweitältesten bestehenden und von der sunnitischen Lehre her bedeutendsten Madrasa Al-Azhar der Großscheich Mohammed al-Tayyab verkündet, der Dschihad stehe über den Menschenrechten – so äußerte er es jüngst gegenüber mehreren deutschen Bundestagsabgeordneten.

Was überspannt diese Brücke?

Gerade in diesen Tagen geht der Blick nach Bethlehem und damit auch nach Jerusalem, die hochgebaute Stadt, ganz in der Nähe. Der Blick geht in das jüdisch und speziell in Bethlehem auch palästinensisch geprägte Israel. Über der Stelle, die nach der wahrscheinlichsten Überlieferung der Geburtsort Jesu ist, erhebt sich eine wundervolle, spätantike Basilika, ein Kleinod der Kultur der Menschheit. Wie sähe es an diesem Ort wohl aus, wenn die Terrororganisation „Islamischer Staat“ hier die Kontrolle übernommen hätte wie in großen Teilen Syriens und des Iraks? Die mehrheitlich christlich bewohnte Stadt Maalula, drüben in Syrien, kaum 350 Kilometer Luftlinie entfernt, wurde vor weniger als zwei Jahren von IS-Terroristen gestürmt und geplündert. Ein furchtbares Menetekel.

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Die Schlacht um Maalula
In Maalula befindet sich die älteste Kirche der Welt, die Thekla-Kirche aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Sie wurde geschändet, 1.500 Jahre alte Ikonen wurden zerbrochen, auf die Bruchstücke urinierten die Krieger des Islamischen Staates. Die Nonnen, die in dieser ältesten christlichen Kirche der Welt ihren Dienst tun, flohen nicht vor den radikalen Moslems, sondern nahmen stattdessen soviele Waisenkinder auf – und zwar christliche wie muslimische – wie sie konnten. Als mit dem Ruf „Allah hu akbar“ die islamischen Krieger auf Jeeps und anderen Geländefahrzeugen einmarschiert waren, wurden die Nonnen vergewaltigt und vertrieben. Die Priester, derer der Islamische Staat habhaft werden konnte, wurden teils gekreuzigt. Und diesem Islamischen Staat hatte Anis Amri die Treue geschworen, wie inzwischen fast zweifelsfrei erwiesen ist.
Wodurch wird die Brücke gestützt?

Eine internationale Verabredung, um dem „richtigen“ Islam zum Sieg zu verhelfen und zugleich andere Religionen mit Stumpf und Stiel auszurotten – bereits vor dem Beginn dieses Jahrtausend wurde das Stück für Stück zum Schrecken all derer, die sich nicht dem Koran nach sunnitischer Lesart unterwerfen. So ist beispielweise dokumentiert, dass Osama bin Laden in seiner Zeit in Afghanistan und im Norden Pakistan mit Kilobarren aus reinem Gold unterhalten wurde, die ihm aus Saudi-Arabien gebracht wurden. Unter anderem hat dies dem Autor ein Gold- und Schmuckhändler im Suq von Peschwar glaubwürdig berichtet. Aus dem Nordwesten Pakistans gelangen von hier Menschen und Waren über den Khyber-Pass nach Aghanistan. Peschawar bedeutet „Stadt an der Grenze“, und die heutige Millionenstadt ist seit vielen Jahrhunderten ein Brückenkopf des indischen Subkontinents – hinüber nach Kabul, hinüber in die unermessliche Weite des Hindukusch und Mittelasiens.

Ein, zwei weitere wichtige Pfeiler der transkontinentalen „Brücke des Unheils“ sind die Madrasa von Kairo in Ägypten, die wie die „gelehrte Schule“ im marokkanischen Fes in der Tradition von Kairouan in Tunesien steht, der wohl ältesten Institution, in der islamisches Recht gesetzt wird. Von hier gingen wesentliche frühe Impulse des Islam aus, und es gibt Gelehrte, die hier sogar die Ursprünge des als Glaube fassbaren Islam vermuten. Das so liberal anmutende Tunesien, wo mit dem „Teutonengrill“ auf Djerba wirksam von Glaubensfragen abgelenkt wird, sollte als Quelle islamischer Striktheit und Radikalität nicht unterschätzt werden. In Kairouan wird seit dem neunten Jahrhundert nach Christus auf universitärem Niveau zu religiösen Fragen des Islam geforscht und gelehrt.

Das Toleranz-Paradoxon und der Koran

Von Marokko bis Bangladesh – islamisches Recht, die Herrschaft des Koran, die andere Religionen nicht als gleichwertig toleriert. Es gibt nur eine einzige, schmale Landbrücke, die diesen „Green Belt“ unterbricht. Wie segensreich, wie lebensnotwenig das für Christen und Juden ist, erkennen hierzulande längst nicht alle Menschen. Denn natürlich macht Israel eine Politik, die auf den Islam angemessen reagiert, folgend dem Toleranz-Paradoxon Karl Poppers, das dieser in folgendem Satz zusammenfasst: „Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“

Im heutigen Europa wird Karl Popper nicht in allen Punkten verstanden. Hierzulande besteht dementsprechend wenig Verständnis für die Politik von Benjamin Netanjahu, und die Siedlungspolitik wird in Bausch und Bogen abgelehnt. Wesentlich größer für Israel und seine Belange ist das Verständnis bei denjenigen, die als Touristen oder Helfer oder Diplomaten wirklich einerseits in Hebron, in Jericho, in Ramallah oder andererseits in Ma’ale Adumim, in Kirjat Arba oder auch in Tabgha gewesen sind. Wie dankbar können wir diesem Staat dafür sein, dass dort die christlichen Pilgerstätten vor islamistischen Übergriffen, vor völliger Zerstörung und Auslöschung bewahrt werden, die andernorts den ältesten, den unwiederbringlichen Zeugnissen der christlichen Kultur droht.

Du, Bethlehem, bist mitnichten die Kleinste

Mit großer Dankbarkeit sollten wir am Weihnachtsfest dorthin denken, wo das Wunder geschah: nach Bethlehem, was „Haus des Brotes“ bedeutet: בֵּית לֶחֶם. Gott als das geistige Brot, das der Mensch zum geistlichen Leben benötigt. Dort, am Ort der Geburt, in der Geburtsgrotte, über der sich die wundervolle spätantike Basilika erhebt, die heute von griechisch-orthodoxen Mönchen bewahrt wird, gab sich Gott den Menschen: „Des ew’gen Vaters einig Kind / Jetzt man in der Krippe find’t“, wie es Martin Luther formuliert. Hier gibt Gott den Menschen das geistliche und damit das ewige Leben. Was für eine Revolution, was für ein Umsturz! Dieser kulturelle Impuls ist stark genug, um weit über den schlimmsten Terror hinauszublicken, mit dem sich Menschen hervortun, in deren Kopf buchstäblich die Hölle los sein muss. An Weihnachten wird in Bethlehem das Erlösungswerk, das an Ostern in Jerusalem seine Vollendung findet, aber nur begonnen. Auf dem Berg Golgatha wird es vollendet. Die Verbrechen der Selbstmordattentäter: sie alle sind damit überwunden, indem sie heute geschehen. Anis Amri und Chérif Chekatt – die Attentäter von Berlin und Straßburg und alle anderen sind ein Nichts vor dem Wunder der Weihnacht.

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