Olaf Scholz (SPD) tritt im Bundestag ans Pult. Der Kanzler will entschlossen wirken. Die Absicht ist erkennbar. Doch der Körper ist mitunter ein Verräter: Scholz’ Stimme klingt fahrig und flatterhaft, wenn er sie gerne entschlossen hätte. Scholz macht Pausen, um wichtige Aussagen zu betonen. Doch dann verhaspelt er sich im großen Anlaufnehmen.
Der Körper verrät die Wirklichkeit. Scholz will in seiner Regierungserklärung zum Europäischen Rat den entschlossenen Kanzler geben. Doch der Körper enttarnt den Wortverdreher, der sich tatsächlich hinter dem Sozialdemokraten verbirgt. Dessen Aussagen tun das auch – obwohl Scholz in der mündlichen Rede immerhin subtiler ist als in der Körpersprache.
„Israel hat jedes Recht, sich selbst zu verteidigen“, sagt Scholz. Doch, stopp. Der Kanzler ist erst verstanden, wenn man das Kleingesagte berücksichtigt: Der deutsche Regierungschef verlangt von Israel ebenfalls jede Menge Aber: Die einzige Demokratie des Nahen Ostens soll einem Waffenstillstand zustimmen, die Grenzen zum Gaza-Streifen öffnen und eine Zwei-Staaten-Lösung umsetzen. Israel hat also alles Recht, sich selbst zu verteidigen, darf aber dabei nicht mehr tun, als die Morde an Babys, die Vergewaltigungen und Leichenschändungen hinzunehmen und dann die Forderungen der Terroristen zu erfüllen.
Da steckt der ganze Olaf Scholz drin: Wenn man wehrloses Dulden Verteidigen nennt, dann darf Israel sich verteidigen. Das ist der gleiche Kanzler, bei dem Schulden ein „Sondervermögen“ sind und die „Zivilgesellschaft“ staatlich finanzierte Hilfstruppen der Bundesregierung. Das ist der gleiche Kanzler, dem im Untersuchungsausschuss das Gedächtnis flöten geht … Israel habe alles Recht sich zu verteidigen, sagt Scholz als Staatsmann. Doch der Wortverdreher meint, nur solange sich verteidigen vor Terror kapitulieren bedeutet.
„Wir sind die Freunde, auf die man sich immer verlassen kann“, sagt Scholz in Richtung Israel. Sagen die Parteifreunde Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Heiko Maas, die die Mullahs im Iran hofiert haben, obwohl die Israel von der Landkarte löschen wollen. Und die gleichzeitig bei den Vereinten Nationen Resolutionen gegen Israel zugestimmt haben. Wir seien die Freunde, auf die man sich verlassen könne, sagt Scholz. Doch wer sich auf das Wort des Kanzlers verlässt, ist tatsächlich verlassen.
Immerhin hält Scholz es für notwendig, dass es auf Seiten der Palästinenser Reformen geben müsse. Hört, hört. Weil es dort seit 17 Jahren keine Wahlen gegeben habe. Und weil es am 7. Oktober den größten Mordanschlag auf Juden seit der Shoa gegeben hat. Doch Letzteres sagt Scholz nicht. Er hat es ja schon untergebracht, als er den Staatsmann gegeben hat. Im Kleingesagten geht es bei Scholz darum, was er wirklich meint.
Doch manchmal findet sich das nicht einmal im Kleingesagten. Scholz verspricht, dass die Nato in der Ukraine nicht Kriegspartei wird. Und dass die Nato nicht zulasse, dass Russland den Krieg gewinnt. Doch was ist, wenn die Ukraine Russland nicht besiegen kann, ohne dass die Nato Kriegspartei wird? Den entscheidenden Punkt lässt Scholz weg. Er wäre vielleicht ein guter Kanzler, wenn alles gut läuft – mit dem Krieg ist er aber reichlich überfordert.
Mit diesem Kanzler hat es Oppositionsführer Friedrich Merz leicht. Der CDU-Chef kritisiert den Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der in der SPD den Ton vorgibt, dass die Ukraine den Krieg „einfrieren“ solle. Was auf Deutsch übrigens kapitulieren heißt. Merz erinnert an die Versprechen des Kanzlers, die Last des Krieges zu tragen, und an die Tatsache, dass die USA zwei Drittel der Verteidigungskosten der Nato stemmen müsse – und Deutschland das „Sondervermögen Bundeswehr“ nutzt, um den allgemeinen Wehretat querzufinanzieren. Widersprüche zwischen Scholz’ Aussagen und seinem Handeln zu finden, ist einfacher als Schoko-Eier an Ostern.