1.000 illegale Einwanderer jeden Tag. Ein Großteil davon dauerhaft in die Sozialsysteme. Steigende Ausgaben im Bürgergeld und in anderen staatlichen Transfersystemen. Überforderte Städte und Gemeinden. Steigende Kriminalität in den Gewaltdelikten. Die Einwanderungsfrage gehört zu den größten Problemen der Ampel. Inhaltlich wie medial. Am Montag wird Olaf Scholz (SPD) sie lösen. Zumindest medial. Aber das reicht ihm.
Dass die Einwanderung medial ein Problem ist, verdankt der Kanzler seiner Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie hat im April den Ländern und Kommunen deutlich gemacht, dass der Bund sie schon großzügig genug für die Aufnahme von Einwanderern bezahle und keine zusätzlichen Ausgaben übernehmen werde. Auch sagte sie voraus, dass die Kosten ohnehin nicht steigen würden.
Faeser lag inhaltlich falsch. Was aus Sicht Scholz’ aber noch schlimmer ist: Seine Innenministerin lag auch politisch falsch. Damit hat Faeser der Ampel ernstzunehmende Kritiker beschert.
Einer der ersten war der Bautzener Landrat Udo Witschas (CDU) im vergangenen Dezember. Ihn konnte die Ampel im Verbund mit den üblich verdächtigen Journalisten noch stummschalten, indem sie ihn in die rechte Ecke drängten. Witschas eigene Partei beteiligte sich an dieser Diskreditierung: „Wir distanzieren uns mit Nachdruck von der Wortwahl … Wir als Union haben eine ganz klare, eindeutige und zutiefst humane Haltung, die getragen ist von der Würde eines jeden Menschen, die auch in der Sprache unantastbar sein muss“, sagte der CDU-Generalsekretär. Der hieß damals noch Mario Czaja – zu einer Zeit, als die CDU sich noch an die Grünen anbiederte.
Diese Zeit ist vorbei. Parteichef Friedrich Merz attackiert die Grünen jetzt regelmäßig und ermahnt Scholz, gemeinsam beschlossene Aktionen zur Senkung der Einwanderung zur Not auch gegen die Grünen durchzusetzen. Aus diesem Grund hat er sich mit Scholz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Kanzleramt getroffen. Was die drei im Detail besprochen haben oder beschlossen wurde, haben sie nicht öffentlich benannt.
Letztlich kommt es auf die Inhalte dieses Gesprächs auch nicht an. Es war nur eine PR-Aktion. Für Scholz wie für Merz. Scholz will mit Symbolaktionismus den entschiedenen Macher im Umgang mit der Einwanderung geben. Deswegen beschleunigte er auch verbal im Spiegel, Deutschland werde jetzt „im großen Stil“ abschieben. Doch die Hoffnung im weiteren Vorgehen setzt Scholz nicht auf das Gespräch mit Merz.
Die Hoffnung setzt Scholz auf das Gespräch am Montag mit den Ministerpräsidenten. Diese Gelegenheit will Scholz nutzen, den Fehler auszugleichen, den ihm seine Innenministerin Faeser eingebrockt hat: Er wird die Länder, Städte und Gemeinde mit Geld zuschütten. Diese sollen im Gegenzug Ruhe geben. Dann wäre die Einwanderungskrise medial beendet.
Witschas ist längst nicht mehr der einzige Kommunalpolitiker, der das Ausmaß der illegalen Einwanderung öffentlich kritisiert. Fast täglich äußern sich Kommunal- und Landespolitiker entsprechend. Auch welche von der SPD und sogar von den Grünen. Diese Äußerungen schaffen es immer in lokale Tageszeitungen und Internetportale, aus Sicht von Scholz viel zu oft auch in überregionale Medien, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie bis zu seinen Wählern gelangen – ebenso wie zu den Multiplikatoren der Politik in Berlin. Scholz’ Rechnung: Bleiben diese
Beschwerden aus, berichten die Medien nicht mehr über die Einwanderungskrise – berichten Medien nicht über die Einwanderungskrise, dann gibt es diese auch nicht.
Das Treffen mit Merz am Freitag war aus Scholz’ Sicht nötig, damit der CDU-Chef nicht querschießt. Wenn der Kanzler mit Hendrik Wüst, Markus Söder und Daniel Günther am Montag eine Lösung präsentiert und Merz außen vorlässt, könnte der sich wie die dreizehnte Fee bei Dornröschen fühlen und entsprechenden Schaden anrichten. Will Scholz das Thema am Montag abräumen, muss er Merz einbinden. Deswegen musste er ihm einen öffentlichen Auftritt schenken, bei dem der CDU-Chef zeigen konnte, dass er mitentscheidet.
Am Montag gibt es dann den Geldregen vom Bund für die Länder. Dazu ein paar Scheinlösungen: Kanzler und Ministerpräsidenten werden versprechen, dass es Ausreiseabkommen gibt, was Annalena dann in der Umsetzung verbaerbockt. Auch Abschiebungen von straffälligen oder politisch extremen Einwanderern werden Scholz und die Ministerpräsidenten versprechen. Das darf dann Nancy in der Umsetzung verfaesern. Zudem gibt es das Versprechen, dass Einwanderer schneller in Arbeit kommen. Das wird Hubertus dann nicht heilen. Den Medien von ARD und ZDF bis TAZ und FAZ wird das genügen, die Länderchefs werden nicht mehr aufmucken. Medial ist die Einwanderung dann abgeräumt.
Inhaltlich wird das Problem indes an Brisanz zunehmen: Die Einwanderungszahlen steigen weiter. Damit wird die Lage am Wohnungsmarkt noch dramatischer, die ersten Politiker reden schon von Zwangseinmietungen. Die Kosten steigen weiter. Aus welchem Topf von seinen Steuern und Abgaben das Geld dafür genommen wird, dürfte den Bürger kaum interessieren. Dass er demnächst die Folgen von höherer LKW-Maut, steigenden Grundsteuern, steigenden Kassenbeiträgen und höheren CO2-Steuer zahlen muss, dürfte ihn schon eher interessieren. Olaf Scholz hat sich damit aber wieder etwas Zeit gekauft. Der Kanzler macht seit zwei Jahren nichts anderes. Dabei setzt er auf viel Geld und eine Medienlandschaft, die der Ampel gegenüber unkritisch bis zum völligen Versagen ist. Zumindest Letzteres ist eine realistische Einschätzung.