Gerade eben konnte sich das durch und durch grüne ZDF vor Jubel kaum halten: „Es ist eine gute Nachricht für alle Stromkunden: Die erste Versteigerung von vier Flächen für Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee durch die Bundesnetzagentur hat einen Erlös in Höhe von 12,6 Milliarden Euro erbracht.“ Dreist framend behauptete das ZDF, dass dieser Erlös „den Stromkunden zu Gute“ käme. Bei aller Begeisterung hatte das ZDF nicht nur vergessen zu erwähnen, welchen Stromkunden es zu Gute käme, sondern auch, dass diese gefeierte hohe Summe den Stromkunden allgemein, besonders aber der Industrie auf die Füße fallen wird, denn natürlich werden die hohen Lizenzgebühren auf die Strompreise umgelegt.
Und so sieht es in Wahrheit aus: Der Staat nimmt 12,6 Milliarden ein, die Firmen legen diese Summe auf die Strompreise um, die der Stromkunde bezahlt, während der Staat die 12,6 Milliarden ausgibt. Nur wofür? Vielleicht für die 2,6 Milliarden Euro an Kindergrundsicherung, vielleicht 10 Milliarden für Habecks Wasserstoff-Projekt in Namibia, vielleicht für die Ansiedlung einer Chip-Firma oder für die Schaffung einer neuen Agentur im Bereich erneuerbarer Energien oder für den Netzausbau, der laut ZDF mehr als 100 Milliarden Euro verschlingen soll. Auch das stimmt so nicht ganz, denn bisher wird zwar eine Summe von 128 Milliarden Euro genannt, doch sind damit nur die Kosten der Trassen geschätzt, nicht aber die der Verteilernetze.
Doch nun meldet sich wie immer bei den allzu hoch und dann noch in verkehrter Richtung fliegenden Plänen der Ampel die Wirklichkeit zurück. Der Weltmarktführer im Bereich Offshore-Windenergie, der im dänischen Fredericia ansässige Konzern Ørsted sorgt laut AKTIONÄR für „ein Beben in der Windkraft-Branche“. Der Konzern, der noch vor kurzem den kraftstrotzenden Akteur gab und auch so wahrgenommen wurde, musste nun eine Wertberichtigung von 16 Milliarden Dänische Kronen, ca. 2,1 Milliarden Euro vornehmen. Für Brancheninsider „sei noch nicht ganz klar, ob die in Aussicht gestellte Summe von 16 Milliarden Dänische Kronen bereits das denkbar schlechteste Szenario sei“.
Aber auch Vattenfall führt ein großes Offshore-Windprojekt in Großbritannien nicht weiter. Das Wort vom Beben, von der Krise macht sich in der Offshore-Branche breit. Markus Krebber von RWE warnt, dass sich in der Branche „der perfekte Sturm“ zusammenbraue. Den Konzernen laufen angesichts steigender Zinsen, der Inflation sowie Lieferverzögerungen und Lieferproblemen die Projekte finanziell aus dem Ruder. Wieder einmal tut sich ein Philippinengraben zwischen den Ausbauzielen und den Produktionskapazitäten auf.
Eine Zahl verdeutlicht das Dilemma: Um die Nachfrage von Konzernen wie Vattenfall oder Ørsted zu befriedigen, müssten im Jahr Offshore-Windturbinen mit einer Kapazität von 20 Gigawatt bereitgestellt werden, aber es werden im Jahr nur Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 7 Gigawatt hergestellt. Bis 2030 sollen in Europa Offshore-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 60 Gigawatt errichtet werden, doch bis jetzt existieren nur Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 32 Gigawatt.
Die Lücke, die sich jetzt bereits zwischen Nachfrage und Produktionskapazitäten auftut, wird sich ab 2025 vergrößern. Dirk Briese vom Marktforschungsunternehmen Trendresearch sagte dem Handelsblatt: „Die Ausbauziele für Windenergie 2030 sind nicht zu erreichen. Weder in Deutschland noch international.“
Denn auch bei den Turbinenherstellern sieht es nicht rosig aus. Siemens Energy beispielsweise fuhr im letzten Quartal im Bereich der „Erneuerbaren Energien“ einen Rekordverlust von knapp 3 Milliarden Euro ein, bis Ende September erwartet der Konzern Verluste von 4,3 Milliarden Euro. Verlustbringer ist die Sparte Siemens Gamesa Renewable Energy, die Windkraftanlagen produziert. Siemens-Energy-Boss Christian Bruch rettet sich auf die Hoffnung, dass die „starke Leistung der übrigen Geschäftsbereiche“ ihm das Vertrauen in die Fähigkeit des Unternehmens gibt, „Geschäfte wieder wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen“. Noch fängt der Konzern den notorischen Verlustbringer Gamesa durch Quersubventionierung auf. Doch wie lange das funktioniert und für Siemens Energy tragbar ist, wird man sehen. Gamesa schreibt Rekordverluste, obwohl Deutschland den Bau von Windparks in abenteuerlicher Weise vorantreibt.
Die Branche barmt nicht umsonst – denn sie weiß, dass sie damit viel erreichen kann. Allein die Drohung, die Klimaziele nicht erreichen zu können, öffnet nicht nur das deutsche Staatssäckel, sondern überzeugt den Wirtschaftsminister und den Finanzminister, jeden Schuldschein in jeder Höhe zu unterschreiben. Denn die „Klimaziele“, egal wie sinnvoll oder absurd sie sind, müssen erreicht werden, koste es die Deutschen, was es wolle.
Die gute Nachricht in all dem lautet, dass Zeit gewonnen wird, in der hoffentlich Wissenschaftler den Mut finden, der Wissenschaft zu dienen und konsequent das Risiko und die Auswirkungen für die Flora und Fauna der Meere durch die brutale Verspargelung der Küsten zu untersuchen. Erste Ergebnisse deuten nämlich an, dass die Verspargelung der Küsten zu einem großen Umweltverbrechen, das auch das Klima beeinträchtigt, führen könnte.