Cem Özdemir, der bisher nicht durch übertrieben substanzielle Aussagen zur Landwirtschaft aufgefallen ist und den der Zufall auf den Chef-Sessel des Landwirtschaftsministeriums gespült hat, sagte Bild am Sonntag: »Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben, sie treiben Bauernhöfe in den Ruin, verhindern mehr Tierwohl, befördern das Artensterben und belasten das Klima. Das will ich ändern.«
Als ob er das ändern könnte! Ein Landwirtschaftsminister kann, das hat Özdemir offenbar noch nicht begreifen können, nicht par ordre du mufti die Preise für Fleisch erhöhen. Er hat schlicht keine Handhabe dazu, kann nicht einfach festlegen, dass die deutschen Bauern mehr vom Verkaufspreis bekommen sollen.
Lebensmittelproduktion geschieht heute am Weltmarkt. Dort wird zu Kosten produziert, die deutlich unter den hohen Kosten deutscher Landwirte liegen. Die Fleischproduktion außerhalb Deutschlands unterliegt keinen solch drastischen Einschränkungen wie hierzulande. Die sind politisch gewollt und zerstören eine hoch entwickelte leistungsfähige einheimische Landwirtschaft.
Ein ungleicher Wettbewerb: Je mehr Landwirtschaftspolitik einheimischen Bauern das Leben schwerer macht, desto mehr Betriebe geben hierzulande auf. Folge: Das Ausland kann mehr nach Deutschland exportieren. Da nutzt vermutlich auch eine Kennzeichnungspflicht nicht viel. Eine Bevölkerung, die immer weniger im Portemonnaie hat, kauft nach dem Preis ein. Letztlich haben die hochtechnisierten und effizienten Handelsketten mit ihren günstigen Preisen mehr dazu beigetragen, dass es zu keinen Hungeraufständen kommt, als der ach so umweltbewusst einkaufende Besserverdienende im Bioladen.
Özdemir und seine Gefolgsleute verstehen nicht, wo Preise gemacht werden. Die grünen Truppen im Landwirtschaftsministerium könnten eine Besteuerung auf Einfuhren erheben. Doch alle Handelsabkommen sind wesentlich darauf ausgerichtet, deutsche Industrieprodukte zu verkaufen. Als Gegenleistung bieten die nicht so hoch entwickelten Länder ihre Produkte an. Das sind häufig Lebensmittel und Vorprodukte. Das würde einen Eingriff in vielfältig verflochtene und mühsam vereinbarte Handelsbeziehungen bedeuten.
Das Einzige, was Özdemir könnte: die überbordende Bürokratie abbauen und jene Kohorten Kontrolleure in Landwirtschaftsämtern, Kammern und Behörden abbauen. Die Dokumentationspflichten kosten vor allem kleine und mittlere Bauern erhebliche Summen. Erfolg: Der Verbleib der Gülle eines jeden Schweines in deutschen Ställen ist mittlerweile genauer und zuverlässiger registriert, statistisch erfasst und dokumentiert als die zusammengeschusterten Coronazahlen in Krankenhäusern.
Stattdessen bedient Özdemir die Wünsche der grün angehauchten Städter, die zwar Roggen nicht von Weizen unterscheiden können, aber sehr wohl wissen wollen, was fachlich gut ausgebildete Landwirte tun müssen.
Die »Nachfragemacht des Staates« wolle er nutzen, um mehr »bio« auf die Felder zu bringen. Die »Bio«-Nische bleibt recht konstant bei 12 Prozent; die Idee zu äußern, diesen Markt auf 30 Prozent hochzuschrauben, kann nur jemand Unkundigem einfallen. Viele Bauern stünden in den Startlöchern, um Hanf anzubauen, meint er, ohne eine Ahnung von den Anbaumengen und dem Ertrag zu haben, die fürs Kiffen gebraucht werden. Der bisherige Indoor(!)-Anbau reicht für alle, um sich die Birne wegzukiffen, wenn der Weizen fürs Brotmehl fehlt. Unsäglicher geht’s nicht mehr.