Tichys Einblick
Also auch gegen sich selbst

NRW-Bildungsministerin (CDU) ruft Lehrer zu Aufmärschen „gegen Rechts“ auf

Dorothee Feller begründete ihre Aufforderung an die Lehrer, nicht zu unterrichten, sondern zu indoktrinieren, mit den Worten: „In diesem Sinne begrüße ich jedes Engagement für Demokratie und gegen alle Feinde des Rechtsstaates.“ So gesehen würde das Engagement für Demokratie in Protest gegen Feller bestehen.

IMAGO

Dass die Regierung unter Hendrik Wüst in Düsseldorf sich im Verhältnis zur führenden und die Richtung bestimmenden Partei der Grünen in der Rolle der Blockpartei pudel- , man möchte fast sagen wüstwohl fühlt, ist keine Nachricht wert. Eine Nachricht wert ist es hingegen, wenn seine CDU-Schul- und Bildungsministerin sich mit Blick auf die Politisierung der Schule, mit Blick auf die Indoktrination der Schüler ein Beispiel an der ehemaligen Volksbildungsministerin der DDR, Margot Honecker, nimmt.

Fellner hat jetzt alle Lehrer dazu aufgefordert, an den Aufmärschen teilzunehmen und dazu ihre Schüler mitzunehmen. Schließlich müssen es ja immer mehr werden, damit endlich der Volkszorn so laut wird, dass die Regierung gar nicht anders kann, als ihm zu folgen und den Weg in die Diktatur zu ebnen. Wörtlich sagte Dorothee Feller der Zeitung „Neue Westfälische“: „Ich möchte Lehrkräfte ausdrücklich ermuntern, an diesen Demonstrationen für unsere lebendige Demokratie teilzunehmen, um ein Zeichen zu setzen – gern auch mit ihren Schülern.“ Das klingt doch recht hübsch nach ZDF-Demokratie im Böhmermannstaat.

Die Äußerung der Ministerin ist bei Lichte besehen ein Skandal, weil sie nichts weniger als einen Bruch des Geistes des Grundgesetzes darstellt, denn so kann man es beim Bundesinnenministerium nachlesen: „Laut Bundesverfassungsgericht muss der Staat ‚Heimstatt aller Bürger‘ sein – unabhängig von ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis. Der Staat darf sich daher selbst nicht mit einem bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis identifizieren.“ Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schreibt dazu: „Die Rechtsprechung leitet die Neutralitätspflicht der Staatsorgane aber indirekt aus dem Grundgesetz her. Nach Art. 21 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz ist es Aufgabe der Parteien, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Rechtsprechung folgert aus dem Vergleich zu Parteien, dass Staatsorgane im politischen Meinungskampf neutral bleiben müssen.“

Genau das will aber Feller nicht, sie will, dass die Schule „im politischen Meinungskampf“ nicht neutral bleibt, sie will Lehrer und Schüler parteipolitisch instrumentalisieren. Gerade aus den Erfahrungen der Nazi-Diktatur hatte man in der Bundesrepublik auf die Neutralitätspflicht der Schule, auf die Neutralität der Institutionen des Staates großen Wert gelegt. Mit dieser Tradition bricht Feller skrupellos.

Allerdings ist der Vergleich mit Margot Honecker nicht ganz fair gegenüber der DDR-Volksbildungsministerin. Zwar bekannte sich auch Honecker wie Feller zur Indoktrination der Schüler, zwar mussten auch die Schüler und Lehrer in der DDR an den Kundgebungen zum 1. Mai teilnehmen, wie sie nach Fellers dringendem Hinweis nun auch an den Aufmärschen teilnehmen sollen, doch hatte Margot Honecker keine Bildungsmisere wie Feller zu verantworten.

Feller begründete ihre Aufforderung an die Lehrer, nicht zu unterrichten, sondern zu indoktrinieren, mit den Worten: „In diesem Sinne begrüße ich jedes Engagement für Demokratie und gegen alle Feinde des Rechtsstaates.“ So gesehen würde das Engagement für Demokratie in Protest und Demonstration gegen Feller bestehen.

Der Bruch des Neutralitätsgebotes, den sie vorschlägt, den sie realisiert sehen möchte, der Bruch mit dem Geist des Grundgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, ist auch ein Bruch mit den Lehren aus der deutschen Geschichte, den Lehren aus beiden deutschen Diktaturen, ein Bruch mit dem Rechtsstaat, der „Heimstatt aller Bürger“ sein soll.

Zu beobachten ist, dass die Demokratie täglich stärker reduziert und aufgelöst wird. In der frühen DDR wurde der Kampf gegen die Demokratie unter dem Motto des Kampfes für die Demokratie geführt. Wie begann doch Karl Marx seinen Text über den Staatsstreich Louis Napoleons: „Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“

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