„Ganze Familien sind bei uns jetzt aus der Kirche ausgetreten!“ Dem Techniker, der während der Live-Übertragung „Ein Herz für Kinder“ an meinen Platz kam, platzte sichtlich der Kragen. Ich sei doch als gläubiger Mensch bekannt, er müsse sich das jetzt (während ein Film lief) mal kurz von der Seele reden: Mit seinem Posaunenchor wollte er zum Advent spielen, unter Einhaltung aller Hygieneregeln. Der Pfarrer habe ihn eiskalt abserviert. Und die Nachbargemeinde habe doch tatsächlich in einem Rundschreiben mitgeteilt: „Wegen Corona geschlossen!“ Also keine Gottesdienste und Veranstaltungen mehr. Wie bequem! „Auch Ihr Werk, Frau Giffey,“ sagte ich der Familien(!)ministerin, die neben mir saß und das mithörte.
Die höchste Risikogruppe, unsere Alten, wurden erst im Dezember, acht Monate zu spät, mit wirksamen FFP2-Masken versorgt. Dagegen haben sich Restaurants auf eigene Kosten mit Hygienemaßnahmen ausgestattet, könnten also geöffnet werden. Kosmetikstudios sind das, Fitnessstudios nicht. Aktionismus in Techno-Geschwindigkeit. Schulen auf, Unis zu. Um diesen Irrsinn durchzusetzen braucht man Horror: „Jeden Tag ein Flugzeugabsturz“ (Söder).
Was wir dringend brauchen: Experten verschiedener Meinungen an einen Tisch, nicht nur Hof-Virologen. Und die wahren Zahlen: Wer starb an und wer mit Corona? Wieviele Tote gehen nicht auf Corona zurück, sondern auf die gespenstischen Maßnahmen dagegen? Warum können Schweiz und Schweden es anders? Bei uns gibts nur einen Leuchtturm, grün regiert vom viel verspotteten Boris Palmer: Die Universitätsstadt Tübingen. Null Corona-Tote bei Ü75. Die Neckarstadt zum Vorbild, und es gäbe frohe Weihnachten und keine Merkel/Söder/Drosten-Panik mit lautstarker Unterstützung der Kirchen. So hat noch nie jemand den eigenen Untergang bejubelt.
Kirchen und Politik mutieren zur Sekte. Kritik wird nicht geduldet, Kritiker werden stigmatisiert (notfalls als Nazis), Querdenker aufs Abstellgleis gesetzt. Wie der Ethik-Professor der Münchner TU, Christoph Lütge. Er berät Söder, offensichtlich ungehört. In Bild rechnet er gnadenlos mit dem zum Sektenführer sozialisierten Ministerpräsidenten ab: Panikmache mit Todeszahlen, alle paar Tage neue Drohkulissen. „Die Politik lässt Kollateralschäden des Lockdowns außer Acht.“ Politik tut so, „als sei Corona die einzige Krankheits- und Todesursache“. Dass wir uns nicht mehr fragen, was sonst noch passiert, sei „hochgefährlich“, so Lütge. Das Allerschlimmste finde ich: Kirchen, die doch Anwälte für Schwache sein wollen, versagen total.
Kein Wort von den Kirchen. Keins! Dabei geht es bei diesem Irrsinns-Vorschlag ums Eingemachte. Rein verfassungsrechtlich gilt bei uns Religionsfreiheit und damit die freie Ausübung des Glaubens. Doch viel mehr: Es ist Wesenskern des Christentums, dass jeder ohne Ansehen der Person willkommen ist, die gute Nachricht von Jesus Christus zu hören. Selbst ein Schwerverbrecher hat das Angebot eines Gottesdienstes im Gefängnis. „Ich statuiere kein Christentum ohne Gemeinschaft,“ so der pietistische Liederdichter Reichsgraf von Zinzendorf. Allein geht man ein!
Bei der legendären Disputation zwischen Jürgen Habermas und Kardinal Ratzinger 2004 erklärte der Neomarxist staunend, ja fast neidisch: Die Christen verfügten über eine weltweit einmalige Ressource, nämlich Gemeinde und Gemeinschaft.
„Isch over!“, um es mit Wolfgang Schäuble zu sagen. Man fasst das Schweigen der Kirchen nicht mehr. Es wird unerträglich. Hatte Jesus Christus nicht gesagt, dass alle „Kindlein“ zu ihm gelassen werden? Dass alle Mühseligen und Beladenen kommen können? Von einem Impfpass ist da nicht die Rede. Es ist schon ein Witz, dass man sich für Gottesdienste anmelden muss. Das macht Kirche zur Sekte für Eingeweihte, für Hardcore-Christen. Welcher Außenstehende nimmt schon diese Hürde? Wir sind doch nicht beim Theater. Oder doch?! Man hat inzwischen das Gefühl, Zuschauer einer Realsatire zu sein, eines Untergangs-Dramas mit komödiantischen Zügen:
Zurück zu Herrn Liese. Es ist ausgerechnet die CDU (von der bayerischen Schwesterpartei und ihrem fränkischen Führer ganz zu schweigen, dem am vergangenen Donnerstag ein Regensburger Staatsrechtler in der Welt den Kopf gründlich gewaschen hat) — ausgerechnet also die C-Parteien, die Weihnachten zu einem Hindernis-Lauf für Familien oder Einsame machen. Das gab es noch nie in der Weltgeschichte. In Krieg und Katastrophen, bei Pest und Cholera entstanden die tiefgründigsten Glaubenslieder: „Befiehl du deine Wege …. dem, der den Himmel lenkt“ oder „In dir ist Freude in allem Leide.“ Das Stuttgarter Pfarrehepaar Beate und Winrich Scheffbuch berichtet in zwei Büchern („Den Kummer sich vom Herzen singen“), wie auch die Weihnachtslieder meist „aus der Not geboren“ sind. Heute dagegen verbreiten die Kirchen Angst und spielen die erste Geige im Panik-Orchester der Herrschenden.
Viele Gemeinden tun ihr Möglichstes, oft ohne Rückendeckung der hoch bezahlten Religionsbeamten auf Bischofsstühlen, die auf den Wanderdünen des Zeitgeistes surfen.
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Wo bleibt deren Wort der Hoffnung, die Botschaft des Friedens auf den Titelseiten der Zeitungen, den Aufmacher-Nachrichten im Fernsehen: „Fürchtet euch nicht, euch ist heute der Heiland geboren!“ Oder das Jesus-Wort, das die uralte Bibel zu einer tagesaktuellen Neuerscheinung macht: „In der Welt habt ihr Angst“ – ja, das stimmt! „ABER seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Oder der unvergessene und unerschrockene Antikommunist und Evangelist Papst Johannes Paul II., der als testamentarische Botschaft der Jugend der Welt mit gebrochener Stimme diese drei Worte zurief: „Habt keine Angst!“ Ich kann nur Henryk M. Broder zustimmen: Wenn man über Deutschland ein Dach spannen könnte, dann hätte man die dazu passende geschlossene Anstalt.