Die Stadt Köln will aus ihrem Logo die beiden Domspitzen entfernen lassen. Das Logo sei zu komplex und nicht mehr zeitgemäß, so die Begründung der Pressestelle des Kölner Rathauses. Religiöse Gründe seien es jedenfalls nicht gewesen.
Die Kölner Stadtverwaltung will ihr Logo ändern. Das bisherige Logo – weißer Schriftzug „Stadt Köln“ auf rotem Hintergrund, links der schwarze Doppeladler als amtliches Hoheitszeichen, rechts zwei kleine weiße Dreiecke, die die beiden Domspitzen abbilden – sei zu komplex und nicht mehr zeitgemäß.
Eine Agentur mit Büros in Wuppertal und in Berlin hat das Bild nun überarbeitet. Künftig soll im offiziellen Signet der Stadtverwaltung neben dem Schriftzug „Stadt Köln“ in rot auf weißem Hintergrund nur noch der Doppeladler, ebenfalls in rot, abgebildet werden. Das neue Logo soll offiziell im Sommer 2022 eingeführt werden.
Die Empörung bei Künstlern, Bürgern und in den sozialen Netzwerken ist groß. „Meine 92-jährige Mutter ist fassungslos, mein 11-jähriges Patenkind heult und meine Freundin in London fasst sich an den Kopf“, schreibt laut WDR zum Beispiel der Bildhauer und Maler Cornel Wachter. Stadtsprecher Alexander Vogel versuche, seit Montag die erhitzten Gemüter zu beruhigen.
Fassungslosigkeit bei Kölnern wie Nicht-Kölnern
Laut Kölner Stadt-Anzeiger sagt Vogel, eine Markenanalyse mit Meinungsumfragen habe ergeben, dass das bisherige alte Signet „als nicht mehr zeitgemäß beurteilt“ werde. Das bisherige Logo hätten die Befragten als „altbacken, sperrig, emotionslos und von oben herab“ bewertet. Die Domspitzen entfielen jedoch nur im neuen Logo der Stadtverwaltung, also etwa auf Parkknöllchen, Amtsschreiben oder Aufklebern auf Fahrzeugen der Stadt. Die stilisierten, von manchen als „Pommesgabel“ bezeichneten Türme der Kathedrale würden weiterhin zu sehen sein, zum Beispiel auf städtischen Plakaten, in Broschüren oder in Social-Media-Beiträgen.
Der Kölner Dom ist das Wahrzeichen der Stadt Köln und seit 1996 Weltkulturerbe. Er zählt zu den meist besuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. Der Grundstein der Kathedrale wurde im Jahr 1248 gelegt, erst ab Mitte der 1860er Jahre erfolgte die Fertigstellung der beiden Türme. Bei seiner Vollendung im Jahr 1880 war der Kölner Dom mit den beiden 157 hohen Türmen damals das höchste Bauwerk der Welt.
Trotz schwerer Schäden infolge der Bombardierungen der Stadt im Zweiten Weltkrieg, blieben die Domtürme stehen und konnten repariert werden. Auf alten Schwarz-Weiß-Bildern erkennt man, wie die beiden Domtürme inmitten der Trümmer der fast komplett zerstörten Altstadt herausragen. Wie durch ein Wunder sind sie dem Bombenhagel durch die Alliierten nicht zum Opfer gefallen. Jahrzehnte später kamen sie dann doch noch ins Wanken: als im Jahr 2013 nach jahrelangen Bauarbeiten die neue U-Bahn-Linie zum ersten Mal fuhr, wackelte und vibrierte der Dom. Seitdem darf die Linie 5 nur mit reduzierter Geschwindigkeit durch den naheliegenden U-Bahn-Tunnel fahren.
Sieht die Stadtverwaltung den Dom als „imageschädigend“ an?
Die Domspitzen zieren das Logo des 1. FC Köln, das von Köln-Tourismus, der IHK Köln und auch der städtischen Kliniken. Auch der Kölner Zoo bildet die Domspitzen in seinem Logo ab: zwischen den Hinterläufen eines Elefanten. Selbst Nicht-Kölner berichten über Heimatgefühle, wenn sie auf der Autobahn A 4 vom Westen her Richtung Köln fahren und sich hinter einer Kuppe dann plötzlich der Anblick der Stadt eröffnet – mit den beiden Türmen ihres Doms.
Das wohl bekannteste Lied der Kölner Band Bläck Fööss ist das vom „Dom en Kölle“ aus dem Jahr 1973, in dem sie den Refrain singen:
Mer losse d’r Dom en Kölle,
denn do jehöt hä hin.
Wat sull dä dann woanders,
dat hät doch keine Senn.
Mer losse d’r Dom en Kölle,
denn do es hä zo Hus.
Un op singem ahle Platz,
bliev hä och joot en Schuß.
Un op singem ahle Platz,
bliev hä och joot en Schuß.
Der Kölner Dom ist das Markenzeichen der Stadt. Also naheliegend, ihn auch im Stadt-Logo zu benutzen. Zurück geht das aktuelle Logo auf den ehemaligen Oberbürgermeister Norbert Schramma, der sich empört über die Änderungen zeigt. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagt Schramma zur Entstehungsgeschichte des Logos: „Ich wollte einen einheitlichen wiedererkennbaren Auftritt mit Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt.“ Was daran altbacken, sperrig, emotionslos und von oben herab sein solle, verstehe, wer wolle oder wer Geld zu viel habe. Die Entwicklung des neuen Logos der Stadtverwaltung hat nach Angaben der Stadt 10.000 Euro gekostet.
Die Welt sieht in der Verbannung des Doms aus dem Logo eine verheerende Botschaft: Das, wofür der Dom stehe, also die christlich-abendländische Kultur im Allgemeinen und die katholische Kirche im Speziellen, werde von der Stadtverwaltung mittlerweile offenbar als imageschädigend betrachtet. Kirche und Christentum erscheinten als Ärgernis, das Anstoß erregen könnte. Welt-Autor Lucas Wiegelmann kommentiert: „Bei aller Liebe: Das hat die Kölner Kirche nicht verdient, und der Dom schon gar nicht.“
Köln: Der Muezzin soll rufen, aber der Dom aus dem Logo verschwinden
Bei Twitter gab es Anspielungen auf die Kölner Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld. Die Ditib – Betreiberin der Moschee – hat kürzlich den Antrag auf den Muezzin-Ruf gestellt, nachdem Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Ruf – quasi im Alleingang – erlaubte. Dafür erntete sie heftige Kritik, auch von ihrem Vorgänger Schramma, der als damaliger Oberbürgermeister maßgeblich am Bau der Zentralmoschee beteiligt war (TE berichtete).
Religiöse Gründe, den Dom aus dem Logo zu verbannen, seien es nicht gewesen, so der Stadtsprecher Vogel.
Der Domdechant Robert Kleine übt in einem Interview bei Domradio.de ebenfalls Kritik und widerspricht den Attributen „sperrig und emotionslos“. Es gebe viele Kirchen und Kathedralen mit zwei Türmen, aber die zwei Spitzen im alten Logo wären sehr dezent und trotzdem wüsste jeder: „Ah, das ist Köln. Das ist der Kölner Dom.“ Er geht nicht so weit zu denken, dass die Kirche aus der Stadtgesellschaft verschwinden solle. Er glaubt, man wolle mit der Zeit gehen.
Ex-Bürgermeister Schramma ruft Kölner zum Protest auf
Laut Welt hat sich der Vorstand der Kölner Synagogen-Gemeinde, Abraham Lehrer, für einen Verbleib der Domspitzen im Stadtlogo ausgesprochen. Und Oberbürgermeister Schramma ruft die Kölner auf, sich gegen diese „Modernisierung“ des Logos zu wehren und zu protestieren.
Der Kölner Express spricht von einer Wende im Logo-Streit und twittert am Dienstag mit einem Grübel-Smiley am Ende: „Der Kölner Dom soll aus dem Logo der Stadt Köln genommen werden. Doch es gibt jede Menge Kritik. Jetzt entgegnet die Stadt, dass der Dom wohl nicht komplett verschwinden soll.“ Vielleicht nimmt sich die Stadtverwaltung ja dann doch folgende Zeilen aus dem Bläck-Fööss-Lied zu Herzen und lässt einfach alles so, „wie et es“:
Do sull doch leever alles blieve, wie et es,
un mir behalde unsere schöne Dom.
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