In den letzten Tagen des vergangenen Jahres hat die EU China zu einem diplomatischen Sieg verholfen. Beide vereinbarten ein neues Investitionsabkommen.
Wie die EU-Kommission erklärte, würde das Abkommen europäischen Unternehmen in China einen einfacheren Marktzugang ermöglichen und zu faireren Wettbewerbsbedingungen führen. Allerdings enthält das Abkommen wohl große Ausnahmen davon zum Schutz bestimmter Schlüsselsektoren der chinesischen Wirtschaft wie Luftfahrt, Telekommunikation und Autoindustrie, wie die South China Morning Post berichtet, der ein Entwurf des Textes vorliegt.
Im Rahmen des Abkommens hat sich China verpflichtet, auf die Ratifizierung der Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) gegen Zwangsarbeit “hinzuarbeiten”, allerdings ohne konkrete Verpflichtung. China selbst ist Gründungsmitglied der IAO, hat die entsprechenden Konventionen aber bis heute nicht ratifiziert, obwohl sie seit Jahrzehnten existieren. Zudem bleibt unklar, inwiefern zwischen den Aktivitäten chinesischer Unternehmen und denen des chinesischen Staates unterschieden werden kann – oder ob es dort überhaupt noch einen nennenswerten Unterschied gibt. Bisher hat China ausländische Investoren massiv benachteiligt und staatlich forcierte Industriespionage betrieben – ob der immer autoritärer werdende Rote Drachen etwas daran ändern wird, ist doch zweifelhaft.
Das Abkommen geht wohl maßgeblich auf den Druck der Bundeskanzlerin zurück, die dieses Abkommen unbedingt wollte, sie sprach von einem „großen strategischen Interesse“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter begeistert: “Die EU hat den größten offenen Markt der Welt. Aber wir legen Wert auf Gegenseitigkeit & fairen Wettbewerb. Heute haben wir die Gespräche mit China im Grundsatz abgeschlossen. Für wertebasierten Handel und bessere Chancen für EU-Unternehmen.” In einem anderen Tweet war die Rede von “Zusammenarbeit und Vertrauen” mit dem neuen Abkommen.
Der Verweis auf “wertebasierten Handel” und “Vertrauen” ist bemerkenswert, hat die chinesische Staatsführung doch gerade in den letzten Jahren nichts unternommen, um das Vertrauen des Westens zu gewinnen: Seit Jahren wird in der zentralchinesischen Provinz Xinjiang die ethnische Minderheit der Uiguren systematisch verfolgt, überwacht, in Lager gesperrt und zu Zwangsarbeit herangezogen. Zwangsarbeit, die im Verdacht steht, auch zur Herstellung von Exporten in die EU verwendet zu werden. Die Rede ist auch von demographischem Genozid.
Der EU fehlt der Blick in den Spiegel
In den vergangenen zwei Jahren hat Peking außerdem in bisher beispielloser Weise die in internationalen Verträgen garantierte Autonomie Hongkongs und die Bürgerrechte der Bürger mithilfe des neuen sogenannten Sicherheitsgesetzes attackiert und die Gleichschaltung der Hongkonger Sicherheitsbehörden mit dem Festland vorangetrieben.
Und schließlich wäre da noch die Corona-Pandemie, befördert durch Chinas Vertuschung in den ersten Monaten. Berichte über die Krankheit wurden zensiert, Ärzte die darüber berichteten, zum Schweigen gebracht. Damals ließen die Behörden trotz des bekanntem Ausbruchs Parteiveranstaltungen mit zehntausenden Teilnehmern durchführen – alles dem Schein der Kommunistischen Partei Chinas zum Wohle. Die Welt wurde belogen, was den Verlauf der Krankheit anging.
Und was ist die Reaktion der EU nun? “Die Welt nach der Pandemie braucht eine starke Beziehung zwischen der EU und China”, heißt es bei von der Leyen. Für die bekannten Menschenrechtsverletzungen gab es einen internationalen Aufschrei, aber echte, spürbare Konsequenzen? Fehlanzeige. Die EU, die sich gerne als Moralapostel aufspielt, macht business as usual. Die KP Chinas hat von der EU nichts zu befürchten, das ist das Signal, das nach Fernost gesendet wird.
Das stellte auch der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses Matt Pottinger fest, er war fassungslos darüber, dass die EU “am Vorabend einer neuen US-Regierung” auf so ein Abkommen zusteuert. Er erklärte weiter in einem Statement: “Einige europäische Beamte und Kommentatoren behaupteten gern, die Trump-Administration sei ein Hindernis für eine noch tiefere transatlantische Zusammenarbeit. Jetzt ist allen klar, dass es nicht um Präsident Trump geht. Es geht um wichtige europäische Beamte. Schaut in den Spiegel.”
Pottinger verwies auch auf die Lage in Xinjiang: “Bürokraten in Brüssel oder Europa können sich nicht davor verstecken. Wir können uns nicht länger vormachen, dass Peking kurz davor steht, die Arbeitsrechte zu respektieren, während es weiterhin Millionen Quadratmeter Fabriken für Zwangsarbeit in Xinjiang baut.”