Was es heißt, sich mit Rudolf Völler anzulegen, durfte die Bild erfahren. Während der Qualifikation zur Europameisterschaft 2004. Als sich der damalige Nationaltrainer live im Fernsehen über Journalisten ausließ, die alles mies machten, sahen sich Bild-Redakteure in ihrer Berufsehre angegriffen. Mit einer Kampagne wollten sie Völler den Volkszorn spüren lassen.
Den Volkszorn gab es auch. Doch richtete der sich gegen Journalisten. Die Menschen stellten sich hinter ihren „Rudi“. Dass Journalisten jetzt über ihn herzögen, zeigte nur, wie recht Völler mit seiner Kritik gehabt habe. Auch störte es sie nicht, dass sein Ton gegenüber Waldemar „Waldi“ Hartmann rau gewesen war. Im Gegenteil. Am ehemaligen Stürmer schätzten sie seine Ehrlichkeit. Da redet dann halt einer mal so. Gerade im Fußball. Nach wenigen gefloppten Artikeln war die Kampagne abgesagt.
Welche Farben die „One Love“-Binde hatte? Das wissen heute höchstens noch Ratefüchse in ausgewählten Quizshows. Welche Farben die Binde am Samstag trug, wissen Millionen: Schwarz-Rot-Gold. Die Bundesfarben. Völler hat das durchgesetzt. Er wolle das Vertrauen der Menschen wieder zurückgewinnen. Dazu gehören dann auch Farben, hinter denen sich alle versammeln können: die Farben der Bundesrepublik.
Die Fans mögen es. Völler bekam für diesen Schritt in den sozialen Netzwerken massive Unterstützung. Die Medien packen ihre Lieblingswaffe heraus: die Rassismuskeule. Völler habe Applaus von Rechts bekommen. Gegen andere wäre das ein existenzvernichtendes Urteil. Völler steht das durch. Weil er nach wie vor so beliebt ist, dass es heißt: „Es gibt nur ein Rudi Völler.“ Aber auch weil er nach eigenen Bekunden Diskussionen in den sozialen Netzwerken nicht verfolge.
Der Focus strickt daraus eine Anklage gegen Völler. Wenn er sich so äußere, sei das politisch und der Sportdirektor wolle doch die Nationalelf entpolitisieren. Das sei – ha – ein Widerspruch. Und dann habe Völler auch noch gesagt, dass er nicht gendere. Das sei politisch und der Sportdirektor damit in seinem eigentlichen Vorhaben gescheitert. Der Focus ist da einer ganz großen Sache auf der Spur. Zumal – Achtung, das könnte jetzt für einige verstörend sein – sich Völler auch noch „ungefragt“ geäußert habe. Beweisführung abgeschlossen, Delinquent überführt.
Den Namen des Focus-Autors wird niemals jemand vergessen. Denn dafür müsste man ihn sich erst einmal merken. Auch der zweite Versuch, Völler zu diskreditieren, ist zum Scheitern verurteilt. Noch immer gilt: „Es gibt nur ein Rudi Völler.“ Allerdings sind Journalisten knapp 20 Jahre nach Waldi-Gate noch unbeliebter geworden als damals. Wobei sie dem Sportdirektor einen Gefallen tun könnten: Umso mehr sie Völler angreifen, desto eher hat sogar die Nationalelf wieder eine Chance, dass sich die Deutschen hinter ihr versammeln.