Tichys Einblick
Corona-Update 08.02.2021

Diesen Sonntag muss der letzte Lockdown enden – und dann ein ganz anderes Konzept her

Am Mittwoch fällt die Entscheidung über den Lockdown - planmäßig läuft er am Sonntag aus. Die Realität spricht mehr als eindeutig dafür, es dabei zu belassen und eine ganz andere Strategie einzuleiten. Alles andere wäre Verweigerung angesichts der Realität.

IMAGO / Olaf Döring

Am 10. Februar, also am Mittwoch dieser Woche tritt die Ministerpräsidentenkonferenz zusammen und beschließt über die weiteren Corona-Maßnahmen. Am 14. Februar (nächsten Sonntag) läuft der Lockdown planmäßig aus. Laut einer aktuellen Umfrage von Kantar für Bild am Sonntag wollen 78 Prozent der Bundesbürger, dass Schulen und Kitas wieder geöffnet werden, 73 Prozent sind dafür, den Einzelhandel wieder aufzumachen. Doch die Bundesregierung scheint anderer Ansicht zu sein, Altmaier meinte jüngst, er hoffe, dass Lockerungen Ostern möglich seien. Doch welche Begründung bleibt für eine Verlängerung überhaupt noch übrig?

Offiziell richtet die Regierung ihre Politik nach den offiziellen Infektionszahlen. Auch wenn die Datenbasis hier oft ungenau ist, wird die Erkenntnis zuletzt immer deutlicher. Die 7-Tages-Inzidenz sank zuletzt deutschlandweit auf 76, in 12 von 16 Bundesländern liegt sie unter 100. Damit haben sich die Neuinfektionen im Vergleich zum Höchststand rund um Weihnachten um fast 2/3 reduziert. Etliche deutsche Kreise sind bereits unter 50, darunter Tübingen, München, Münster und Heidenheim. Setzt sich der derzeitige Trend fort, dürfte die 7-Tage-Inzidenz deutschlandweit in gut einer Woche – also genau zum bisher geplanten Lockdown-Ende – unter die Zahl 50 sinken. Die Zahl 50 war einst als ziemlich drastischer, fast unrealistisch erscheinender Wert willkürlich gesetzt worden, manche sagen, um das Lockdown-Ende hinauszuzögern. Aber selbst nach diesem Maßstab müsste der Lockdown am 14. Februar fallen.

Auch der R-Wert ist konstant unter der „magischen“ 1, die Neuinfektionen sinken europaweit – im Vergleich zum Höchststand bereits um fast die Hälfte. Und das wohlgemerkt relativ unabhängig von den gefällten Maßnahmen, auch etwa in Schweden.  

Die Anzahl der Covid-19 Patienten auf den Intensivstationen sinkt konstant weiter, die Zahl der wöchentlichen Toten ist genauso rückläufig.   

Zwar versuchten zuletzt Wieler und Spahn in einer Pressekonfernez weiter die Mutante hochzuhalten. Aber in der Realität schließt sich eine wesentlich höhere Gefahr durch die Mutation aus – die offiziellen Infektionszahlen in Deutschland nehmen ihren Lauf, obwohl die Mutante in Deutschland bereits große Verbreitung hat. Auch in Ländern, in denen die Mutanten teilweise 50% der Infektionen ausmachen, gehen die Zahlen konsequent zurück. In Irland, Großrbitannien, Südafrika und Dänemark. Ein Einfluss zeigt sich nirgendwo. Diese Legende ist gestorben.  

Die Suche nach Ausflüchten für eine Lockdown-Verlängerung wird immer schwieriger. Söder will nun an der Inzidenzzahl drehen und Öffnungen erst bspw. ab 35 Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gestatten. Das dürfte aber kaum zu begründen sein, auch die 50er Inzidenz war schon sehr niedrig angesetzt. Die Politik versucht immer dreister wissenschaftliche Indizien zu produzieren, die für einen längeren Lockdown sprechen. Erst jüngst wurde bekannt, wie Horst Seehofer im Frühjahr ein wissenschaftliches Gutachten eines Extremszenarios mit über einer Million Toten erstellen ließ, um den Lockdown zu begründen. 

Angela Merkel äußerte gar, Lockerungen solle man an der Impfquote festmachen – das würde einen Lockdown mindestens bis Herbst bedeuten. Denn die Impfzahlen gehen nicht nach oben. Den Bürgern wurde am Anfang noch versprochen, die Impfzahlen seien nur in den ersten Wochen sehr niedrig, wir würden dann aber schnell aufholen. Doch im Verlauf ist bis dato keine Veränderung zu sehen: Die Impfung in Deutschland verläuft linear weiter, während Spitzenreiter wie Israel oder die USA sogar noch mehr beschleunigen.  

Jegliche Grundlage für den Lockdown ist entfallen – selbst nach den ziemlich willkürlich gesetzten Richtwerten der Politik. Die Wirksamkeit der Maßnahmen lässt sich ebenfalls zunehmend bezweifeln, weder Lockdown light noch harter Lockdown zeigten in Deutschland Wirkung. Mehrere statistische Untersuchungen renommierter Wissenschaftler zeigen, dass international nirgendwo die Wirksamkeit von ultra restriktiven Maßnahmen von Erfolg war.

Zeit für eine neue Strategie

Die Zeit des Lockdowns als zutiefst mittelalterliche Maßnahme ist vorbei. Stattdessen kann man jetzt auch ohne Impfung die Corona-Risiken auf ein Minimum reduzieren. Über den Sommer sollte man den Fehler des letzten nicht wiederholen und konsequente Vorkehrungen treffen, die Schnelltestkapazitäten ausbauen und die Heime so effektiv schützen. Auch im vergangenen Jahr zeigte sich keine Übersterblichkeit in Deutschland, die Corona-Toten entsprechen denen einer schweren Grippesaison. Fast zwei Drittel der Toten sind über 80, und bis zu 80% sterben in Heimen. Gelingt ein effektiver Schutz der Altersheime und der Hochrisikogruppen, kann die Zahl der Corona-Toten der kommenden Wellen auf die einer normalen Grippesaison reduziert werden.

Zusätzlich muss man auch unabhängig von Corona die Kapazitäten des Gesundheitssystems ausbauen. Fast die Hälfte der Pfleger geben bei Umfragen an, den Beruf nicht bis zur Rente ausüben zu wollen. Hier muss man durch konsequente Verbesserung von Gehältern und Arbeitsbedingungen gegensteuern – möglicherweise kann man so Teile der vielen Berufsaussteiger zurückholen und die Kapazitäten auch kurzfristig erhöhen. 

Virale Erkrankungen wie Corona werden nicht verschwinden, sie sind die Normalität. Und auf eine alternde Gesellschaft mit schwächelndem Gesundheitswesen wird allein die normale Grippe zu immer höheren Todeszahlen führen. Dagegen hilft weder die Lockdown-Brechstange, noch im wesentlichen eine Impfung, da die ja von Krankheit zu Krankheit immer wieder neu entwickelt werden muss. Es ist zudem nur eine Frage der Zeit, bis der Impfstoff durch Mutation wirkungslos wird – das Spiel läuft bei der Grippe schon seit vielen Jahren, effektiv bekämpfen konnte man sie so nie. Wann immer eine neue Krankheit oder eine neue Mutation auftritt, braucht es Monate, bis ein neuer Impfstoff gefunden, produziert und ausreichend eingesetzt wird.

Wir brauchen vielmehr eine Langzeitstrategie, die ein normales Leben des übergroßen gesunden Teils der Bevölkerung ermöglicht. Es ist nicht so schwierig und verglichen mit den Kosten eines Lockdowns auch absolut bezahlbar. Alles andere führt in den nächsten Jahren zwangsweise in einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Totalschaden. Die Chance für diese Kurskorrektur ist jetzt. Wer sie trotz der erdrückenden Faktenlage ignoriert, trägt aus purer Ignoranz Scheibe um Scheibe der Zukunft der freien Welt ab. 

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