Anders als im Fußball ist es in der Politik manchmal so, dass ein gepflegtes Eigentor erst mit erheblichem Zeitabstand wahrgenommen wird. Ein solches Eigentor haben nun jene geschossen, die die intersexuelle Verfassungsgerichtsentscheidung feiern. Doch davon später.
Als im Vorfeld der Bundestagswahl die Hamburger CDU auf Wunsch eines einzelnen Herren beschlossen hatte, die in der Bundessatzung vorgesehene Quotenregelung, wonach mindestens ein Drittel aller wichtigen Posten mit Frauen zu besetzen sind, im Handstreich auszuhebeln, folgte ein Interner und öffentlicher Shitstorm, mit dem die Herren der christdemokratischen Schöpfung nicht gerechnet hatten. Und da Parteien dazu neigen, auf begangene Fehler gleich den nächsten zu setzen, möchte der Vorstand nach der Wahl des Entquotierers nun alles besser machen und sofort statt der Drittelquote gleich eine fifty-fifty Quote durchsetzen. Was nun wiederum den Widerstand vor allem von weiblichen Parteimitgliedern organisiert, die es leid sind, ständig als leistungsunfähige Quotenfrauen diskriminiert zu werden.
Während nun die CDU ein wenig der Zeit hinterher hinkt und immer grüner wird, freuen sich die Grünen darüber, dass nach dem Erfolg der Homoehe mit dem Durchbruch der Intersexualität eine weitere Bastion der reaktionären Traditionalisten gefallen ist.
Nach langem, harten Kampf eines Intersexuellen, als eigenes Geschlecht jenseits des Er und des Sie anerkannt zu werden, legte das Hohe Gericht dem Bundesgesetzgeber nun auf, in absehbarer Zeit im Personenstandsregister entweder ein drittes Geschlecht einzuführen oder aber auf die Feststellung des Geschlechts gänzlich zu verzichten.
Da zu befürchten ist, dass neben den Intersexuellen auch noch andere sexuelle Identitäten, die aus dem traditionellen Mann-Frau-Muster herausfallen, eine eigene Geschlechtlichkeit registriert haben möchten und eine Feststellung des Geschlechts zunehmend problematischer wird, wäre der Gesetzgeber gut beraten, auf die geschlechtliche Erfassung gänzlich zu verzichten. Und dann?
Dann war es das mit der Quote. Denn wer wollte sich dann noch sicher sein, ob der sichere Frauenquotenplatz nicht im Handstreich von einer vollbärtigen Conchita Wurst beansprucht wird? Oder das Intersexuelle sich mit der Forderung nach einer Intersexuellenquote ebenfalls ein qualifikationsunabhängiges Anrecht auf honorige Posten erfolgreich gegen die diskriminierende Praxis der Nur-Frauen-Quote vor Gericht erstreitet?
So wird also das Gerichtsurteil automatisch zu einem phantastischen Eigentor der Quotisten werden. Weil: Quote geht nicht mehr.
Apropos Eigentor: Die geschlechterfeindliche Aufteilung beim Sport in Herren- und Damenkämpfe wird nun auch ihr Ende finden. Denn wie wollte man nun noch verhindern, dass ein junger Lukas Podolski seinen Erfolg in der Frauen-Nationalmannschaft sucht? Nachgucken wäre schließlich diskriminierend und ohnehin ohne Aussagekraft, denn wie jemand aussieht und wie er sich geschlechtlich fühlt, können laut Verfassungsgericht ja gänzlich unterschiedliche Dinge sein, die niemand zu hinterfragen hat.
Also weg mit all diesen Diskriminierungen! Lasst künftig die Boris Beckers gegen die Steffi Grafs antreten, auf dass das Bessere gewinnen möge! Denn wie lautete schon vor Jahrzehnten der Werbespruch der Hamburger Transsexuellenbar „Pulverfass“?
„Ob Mann oder Frau – wer weiß es genau?“
In diesem Sinne: Vorwärts in die asexuelle, quotenfreie Zukunft! Das Verfassungsgericht in seiner unendlichen Weisheit macht’s möglich.