Der CSU-Politiker und EU-Abgeordnete Manfred Weber behauptete vor kurzem, dass die AfD eine Mitverantwortung an den antisemitischen Ausfällen im Zuge des Nahost-Konflikts hätte. Man mag der AfD, was auch immer unterstellen – doch Webers Logik widerspricht der wahren Geschichte, in der einerseits der Nationalsozialismus und andererseits die deutschen Nachkriegsparteien eine zentrale Rolle spielen.
Der „muslimische Antisemitismus“, wie wir ihn heute kennen, ist Teil eines Prozesses im Laufe des 20. Jahrhunderts, der noch anhält. Diese Form des Antisemitismus stammt zwar aus der arabischen und muslimischen Welt, ist aber teilweise ein Re-Import eines islamisierten Exports aus Europa.
Judenfeindlichkeit war im Islam und in der islamischen Welt schon immer existent. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Antijudaismus zu einem Antisemitismus, in dessen erster Entwicklungsphase eine Orientierung am deutschen Nationalismus und Nationalsozialismus stattfand. Die weitere Entwicklung fand ab und während des Kalten Krieges statt, als eine Ausrichtung am sowjetischen Sozialismus und Antizionismus folgte. Darauf folgte eine islamistische Phase. Hitler war es, der für islamistische Ideologen als maßgebliches Vorbild diente.
Nationalsozialismus und islamischer Antisemitismus
Der Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini (1897-1974), suchte mit Hitler eine Zusammenarbeit, stellte sich in den propagandistischen Dienst der Nationalsozialisten und hielt beispielsweise im arabisch-sprachigen Rundfunk Hetzreden gegen Juden. Mit dem Pamphlet „Islam – Judentum. Aufruf des Großmufti an die islamische Welt“ im Jahr 1937 wurde der islamische Antisemitismus offiziell. „Gebt nicht eher Ruhe, bis euer Land von Juden frei ist“, heißt es unter anderem in dieser mehrsprachig verbreiteten Schrift. Er pflegte nicht nur Kontakt mit Hitler, sondern auch mit Himmler und war an der Aufstellung der 13. SS-Gebirgsdivision aus muslimischen Bosniern beteiligt, die für die Ermordung von Juden in Jugoslawien verantwortlich war. Zur selben Zeit wurden in arabischen Ländern bis zur Staatsgründung Israels Pogrome gegen Juden mit Hunderten von Toten vollzogen. Als der Staat Israel gegründet war, forderte al-Husseini die Vernichtung der Juden.
Der Import nach Deutschland
Der muslimische Antisemitismus wurde nach Deutschland importiert, als ab den 50er Jahren radikale Pioniere nach Europa kamen: Darunter der berüchtigte Muslimbruder Said Ramadan, welcher der Schwiegersohn von Hassan al-Banna war und versuchte, die Staatsgründung Israels zu verhindern.
Wenn wir in Deutschland über eine „Mitverantwortlichkeit“ sprechen wollen, dann muss die Verbindung von der Politik der Nachkriegszeit bis zur Heutigen gesehen werden. Denn es waren deutsche Politiker, die den Import eines muslimischen Antisemitismus zuließen. Dessen Anfänge liegen im Freistaat Bayern. Exilmuslime unter dem Namen „Moscheebau-Kommission“ planten die erste Moschee Deutschlands. Said Ramadan schaffte es, Vorsitzender der Kommission zu werden. Sein Stellvertreter, der vorherige Vorsitzende, war ein türkischstämmiger, ehemaliger SS-Mann der „SS-Brigade Dirlewanger“, eine Einheit, die für besonders schlimme Kriegsverbrechen berüchtigt ist. Zudem war er an der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto beteiligt.
Die niemals aufgehaltene Muslimbruderschaft
Aus der Münchener Moschee wurde 1983 die „Islamische Gemeinschaft Deutschland“ (IGD), die sich 2018 in „Deutsch Muslimische Gemeinschaft“ (DMG) umbenannte. Heute ist diese Kooperation von CIA, Nazis und Islamisten weitgehend vergessen. So heißt es in einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages von 2015, dass die IGD gegründet wurde „mit dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung der in Deutschland lebenden Muslime mit religiösen Dienstleistungen“.
Noch kurioser ist, dass die Moschee nach dem Tod von Mendes vorübergehend vom Radar des Verfassungsschutzes verschwand. Von Beginn an versuchte die Muslimbruderschaft mit dieser deutschen Zentrale ihren Einfluss politisch und gesellschaftlich auszubauen, strukturell zu expandieren – mit großem Erfolg. Politiker hatten sie nie wirklich daran gehindert, obwohl seit 1990 und dem Anschlag vom 11. September 2001 Verbindungen zum islamistischen Terrorismus existieren. Der ehemalige Leiter des Münchener Zentrums (IZM) Mohammed Mahdi Akef wurde danach das Oberhaupt der Bruderschaft, billigte Attentate der Hamas und hetzte gegen Juden. Die Reichweite der MB in Deutschland wird offiziell auf über 10.000 Muslime geschätzt, doch faktisch muss sie viel höher liegen – ganz zu schweigen von dem insgesamt strukturellen Netzwerk, aufgebaut unter den Augen des Verfassungsschutzes.
Institutionalisierung von Antisemitismus
Es ist nicht nur die Muslimbruderschaft, mit der Deutschland zuließ, den politischen Islam und mit ihr den muslimischen Antisemitismus im eigenen Land zu propagieren. Auch die Geschichte der türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfe“, die ebenso durch die Ideologie des Nationalsozialismus maßgeblich inspiriert wurden, beginnt in Bayern. In der Absicht gegen den Kommunismus zu handeln, half Franz Josef Strauß (CSU), die Grauen Wölfe strukturell aufzubauen. Wenige Wochen nachdem der damalige bayrische Ministerpräsident Strauß sich mit dem Neofaschisten und Graue Wölfe-Gründer Alparslan Türkes traf, wurde die „Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa“ (ADÜTÜF) mit Hauptsitz in Frankfurt am Main 1978 gegründet – sie wurde die Europazentrale. An Strauß’ Seite half der Politiker Hans-Eckhardt Kannapin (CDU), der Türkei-Experte des Bundesnachrichtendienstes. Er sorgte dafür, dass Türkes‘ enger Weggefährte, Musa Serdar Celebi, der gezielt nach Deutschland geschickt worden war, eine Aufenthaltsgenehmigung erhielt.
Politiker haben dem Politischen Islam Strukturen gegeben
Dieser nationalistische Islamismus ist auch in anderen Organisationen wie DITIB und Milli-Görüs existent. Die DITIB wurde 1982/84 gegründet, ironischerweise als Reaktion auf die voranschreitende Politisierung des islamischen Lebens in der Bundesrepublik. Die damalige CDU-Bundesregierung sah keine Problematik darin, dass DITIB als Ableger des türkischen Staates – ergo eines staatlichen Islams – gegründet wurde. Im Gegenteil: Die deutschen Politiker verstanden tatsächlich „staatlich“ als „neutral“, sie dachten, DITIB könnte ein Pendant zu politischen Ideologien sein. Doch heute ist niemand anderes als der türkische Präsident Erdogan der größte Ideologe des Politischen Islam, den er durch DIYANET – die DITIB lenkt und finanziert – verbreitet. In der Türkei ist dieser bereits Staatsideologie. Die deutsche Politik hat durch den völlig naiven DITIB-Vertrag mit der Türkei für den Politischen Islam die Struktur geschaffen.
Deutschland kooperiert, ganz gleich, ob Erdogan die Hamas unterstützt
Die islamistische Muslimbruderschaft, die Terrororganisationen Hamas und der Islamische Staat werden von Erdogan unterstützt – für all diese dürfen Juden, Christen, Jesiden, liberale und säkulare Muslime der islamistischen Ideologie folgend nicht neben dem Politischen Islam existieren. Als die Hamas gegen den jüdischen Staat Israel vor gut einer Woche einen Terror-Krieg begann, startete Erdogan eine Propaganda-Kampagne gegen Israel und Juden. Er befahl der DIYANET, ein „Notfalltreffen Jerusalem“ zu organisieren, auf dem eine „einzige Lösung“ gefordert wurde, um Jerusalem von Juden „zu befreien“. Erdogan versuchte in den vergangenen Tagen, arabische Staaten zu gewinnen, um gegen Israel vorzugehen. Sein Sohn, Bilal Erdogan, hielt sich währenddessen in Qatar auf, zusammen mit ranghohen Hamas-Führern, die dort feierten und geehrt wurden. Die Unterstützung ist sozusagen familiär.
Die islamistische Phase
Der muslimische Antisemitismus des 21. Jahrhunderts ist noch gefährlicher als der des 20. Jahrhunderts. Denn im Gegensatz zur Beeinflussung durch den Nationalsozialismus hat die islamistische Phase niemals geendet, sondern sie wurde sogar in ihrer Dimension größer. Der Politische Islam ist in Deutschland, Europa und in der arabischen Welt gewachsen. Der Anführer dieser Ideologie namens Erdogan, die Muslimbruderschaft, islamistische Terrorgruppen wie Hamas und IS, polit-islamische Organisationen und besonders die legalistischen Islamisten haben den muslimischen Antisemitismus ideologisch verstärkt und weit verbreitet.
Seit den 50er Jahren bis heute erlangten islamistische Akteure – mit Krawatte und im Anzug – einen großen Einfluss in unseren Medien, in unserer Wissenschaft, in unserem Diskurs. In einigen Expertengremien sitzen nun islamistische Akteure. In Deutschland lebenden Muslime wurden auch nicht davor geschützt. Sie sind nicht nur der Beeinflussung eines riesigen Netzwerks der islamistischen oder Erdogan-nahen Organisationen ausgesetzt. Radikale Prediger betreiben ungehindert ihre Propaganda auf Youtube. Islamistische, Hamas-nahe Propaganda wird seit Jahrzehnten auf Instagram und Facebook verbreitet, wo das Feindbild Israels und der Juden verbreitet wird. Während des derzeitigen Palästina-Israel-Konfliktes wimmelte es im Internet nur so von gezielten Hetzkampagnen gegen Israel und Juden. Der muslimische Antisemitismus in Deutschland ist größer als jemals zuvor.