Merkel will die vierte Amtszeit. Alles andere hätte bei der mut- und alternativlosen CDU auch schwer verwundert. Seit eh und je wirft man sich an die vermeintlich starke Schulter der Kanzlerin und erhofft sich Sicherheit. Aber Unsicherheit hat sie selbst hervorgerufen und Gewissheiten gibt es keine. Am Ende ist es wohl vor allem die simple Frage danach, wer es denn sonst machen sollte, die den Ausschlag gegeben hat.
Was hatte man in Deutschland verächtlich die Nase über die Vereinigten Staaten gerümpft. Darüber, dass am Ende tatsächlich nur diese beiden Kandidaten übrig geblieben waren. Als wäre es in Deutschland besser. Als hätten nicht gerade das Geschachere um die Bundespräsidentenwahl und Merkels erneute Kandidatur bewiesen, was unsere eigene politische Landschaft für eine triste Mittelmäßigkeit offenbart. Ein Land, in dem die entscheidenden Posten am Ende verteilt werden zwischen einem ehemaligen Buchhändler aus Würselen mit Bestatteroptik, einem gescheiterten Lehrer, der Teile der Bevölkerung als „Pack“ beschimpft und zweien mit heruntergezogenen Mundwinkeln, von denen der eine sich weigert dem gewählten künftigen US-Präsidenten zu gratulieren und die andere während einer der größten Krisen des Landes, die sie selbst verursacht hat, von Digitalisierung und fehlendem Breitband als Ursache dieser Krise spricht. Dass man sich trotz erwiesenen Inkompetenz in Zeiten, die ein pro-aktives Handeln von der Politik erfordert, trotz der vollkommenen Realitätsferne und Unfähigkeit, die eigentlichen Probleme der Menschen zu erkennen, trotzdem an sie klammert, verrät weniger etwas über Merkel als über das politische System an sich und vor allem ihre potenziellen Konkurrenten.
Wie ängstlich und unmutig muss eine Gesellschaft sein, die all die Frechheiten, das Herablassende der letzten Monate von Seiten dieser geballten Gewöhnlichkeit über sich ergehen lässt und beim nächsten Mal wieder ihr Kreuzchen an der gleichen Stelle macht?
Den bekannten Schrecken aus Angst vor dem unbekannten Schrecken wiederwählen?
Die Wahrheit ist, dass sich hieran offenbart, wie groß die Angst vor der Freiheit wirklich ist und wie sehr die vermeintliche Sicherheit in diesem Land immer noch vorgezogen wird. So existiert neben der Frage danach, wer es denn sonst machen soll, noch eine weitere Komponente: Der Wunsch nach Absehbarkeit. Weitere vier Jahre mit Merkel und der GroKo sind wahrscheinlich schlimm, aber sie sind absehbar und gerade in Zeiten, in denen angesichts des globalen Terrorismus, der offenen Grenzen, Trump und Brexit überhaupt nichts mehr absehbar erscheint, sehnen wir uns nach Bekanntem. Selbst wenn ein großer Teil dieser Unsicherheit erst von jenen verursacht wurde, die uns die vermeintliche Sicherheit durch Absehbarkeit geben.
Es ist an der Zeit, sich klar darüber zu werden, dass es eines Landes nicht würdig ist, von solchen Menschen regiert zu werden und dass es Sicherheit gerade durch diese Leute nicht mehr gibt. Wir müssen uns bewusst darüber werden, dass wir schlussendlich nichts mehr zu verlieren haben angesichts von Politikern, die einen Wahlkampf damit gewinnen wollen, indem sie potenzielle Wähler als Modernisierungsverlierer bezeichnen, denen man helfen, die man mitnehmen will.
Denn ich bin kein Modernisierungsverlierer. Nicht wirtschaftlich abgehängt und auch nicht überfordert mit der Digitalisierung oder bloß wütend über fehlende Breitbandleitungen. Ich kritisiere den Islam und die Asylpolitik der Regierung nicht, weil ich dumm bin oder noch nie einem Menschen aus einer fremden Kultur begegnet bin. Stattdessen bin ich jung, Digital Native und habe Freunde mit Migrationshintergrund. Ich bin alles, was laut Regierung gegen Islamkritik und für links und Multi-Kulti spricht und ich habe es satt, mir von Menschen, die weniger wissen als ich, die in ihrem eigenen Biotop leben, sagen lassen zu müssen, es wäre anders. Die in ihrer Selbstüberschätzung und vielmehr noch in ihrer Inkompetenz auch nach Jahren nicht in der Lage sind, zu erkennen, was die Menschen eigentlich stört und dass es nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hat, dass irgendwer Angst davor hat, ein Zuwanderer könnte ihm den Job wegnehmen.
Ich bin kein Modernisierungsverlierer. Genauso wenig die Menschen, mit denen ich tagtäglich spreche und die überdurchschnittlich oft Akademiker und Unternehmer sind. Vermutlich bin ich sogar das exakte Gegenteil dieses groben Bildes, das die deutsche Politik vehement über alles und jeden zu stülpen versucht und ignorant als Antwort auf alles verkauft.
Islam- bzw. Religionskritiker als Modernisierungsverlierer zu bezeichnen, Religion und Mittelalter-Kultur damit als Teil der Moderne darzustellen, ist an Groteske kaum zu überbieten und ein Verrat an den Werten der Aufklärung, wie man ihn bis vor wenigen Jahrzehnten kaum für möglich gehalten hat.
Ich kritisiere den fundamentalen Islam nicht, weil ich abgehängt bin. Weil ich kein Breitband habe oder überfordert mit der Digitalisierung bin. Ich kritisiere ihn, weil ich ihn dumm finde. Weil ich der streng islamischen Kultur im Vergleich zu meiner Kultur nichts Positives abgewinnen kann. Weil sie nicht zu uns passt und weil nicht die bedingungslose, unkontrollierte Aufnahme von Muslimen Modernität bedeutet, sondern der Mut, sich seines Verstandes und der Logik zu bedienen und diesen Rückschritt daraus resultierend abzulehnen.
Es ist nicht die Modernisierung, die mir Angst macht, Frau Merkel. Es ist die Kritiklosigkeit und das Schweigen ihres Establishments zum eigentlichen Problem. „It’s the Islam, stupid!“