Ein Medikamentenskandal erschüttert Brandenburg, die Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) wäscht ihre Hände in Unschuld. Sie und der Präsident des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), Dr. Mohr, sind sich darin einig, dass die gesamte Schuld für das eigene Versagen auf insgesamt drei bis vier einfache Mitarbeiter des Ministeriums bzw. LAVG abgewälzt wird. Es ist inzwischen auch nebensächlich, ob diese Ministerin über den Fall informiert war, die anfängliche Unwissenheit ist in ein anfängerhaftes Krisenmanagement, auf Kosten der eigenen Mitarbeiter umgeschlagen.
Bewegung ist alles, das Resultat gleich Null. In einem typischen Aktionismus wurden unter anderem zwei Bediensteten mit einer Strafanzeige wegen „Korruption“ überzogen. Leider kein unübliches Agieren, um von eigenen Fehlern und Unzulänglichkeiten abzulenken. Im Wahlprogramm der Linken heißt es: „Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle.“ Offensichtlich hält man bei den Linken nicht viel vom leninistischen Grundsatz: „Praxis ist das Kriterium der Wahrheit“.
Der süße Trunk der Doppelmoral scheint auch bei den Nachfolgern von Marx und Lenin gut angekommen zu sein: Wasser predigen und Wein trinken. Diana Golze ist gleichzeitig Vorsitzende der Brandenburger Die Linke und lebt in einem Anflug von unfreiwilliger Selbstoffenbarung der Öffentlichkeit das Gegenteil vor.
Wer will schon unter einer „Führung“ arbeiten, mit der realen Angst, selbst strafrechtlich belangt zu werden, nur weil die Hausleitung ihr eigenes Unvermögen abwälzen will? Nebelkerzen zur Verhinderung einer Aufklärung des Skandals?
Selbst Hunde werden in der dienstlichen Zusammenarbeit mit positiven Anreizen erzogen, es wäre mancherorts gütig, wenn man diese humane Erkenntnis auch auf die eigenen Mitarbeiter anwenden würde. Ob das übereilte strafrechtliche Vorgehen der Ministerin und des Präsidenten des LAVG einen Abgrund unsozialen Verhaltens aufzeigen, möge sich jeder selbst ausmalen.
Nun hat sich bestätigt, dass ohnehin von Anfang an wahrscheinlich war, die Staatsanwaltschaft konnte demnach keinen Anfangsverdacht einer „Korruption“ erkennen:
„Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von (Korruptions-) Straftaten haben sich nach Prüfung der Anzeigen und zahlreicher weiterer Unterlagen, die im Zuge der Anzeigenprüfung durch die Staatsanwaltschaft beigezogen worden sind, nicht ergeben. Insbesondere die von den angezeigten Mitarbeitern dokumentierte Zusammenarbeit mit Behörden in Deutschland und im Ausland bei der Aufklärung der Herkunft und Vertriebswege der ursprünglich aus Griechenland stammenden Medikamente spricht gegen ein korruptiv veranlasstes Handeln für das Unternehmen Lunapharm. Auch fehlten jegliche Hinweise auf das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vorteilen.“
Ich finde es keineswegs selbstverständlich, dass die Staatsanwaltschaft die Vorermittlungen zügig abgeschlossen hat. Das entlastet die Betroffenen, denn Ermittlungen können sich auch monatelang, ja jahrelang ins Unendliche ziehen, bevor die Einstellung nach § 170 (2) StPO erfolgt. Die schnelle Beendigung des Verfahrens dürfte damit Diana Golze im politischen Überlebenskampf keineswegs hilfreich gewesen sein.
Die mit der Strafanzeige Überzogenen sollten erwägen, ob sie von ihrem Recht Gebrauch machen, straf- und zivilrechtlich gegen den Anzeigenerstatter vorzugehen, selbstverständlich inklusive einer Schmerzensgeldforderung. Der Rechtstaat gilt auch für „kleine Mitarbeiter“, es kommt mitunter nur darauf an, dieses Recht durchzusetzen. Zugegeben, dieses Durchhaltevermögen hat nicht jeder.
Dieses Beispiel einer Amtsführung zeigt aus meiner Sicht eine gnadenlose Verrohung der Umgangsnormen durch Teile der Politik. Man darf es ohne weiteres als hochgradig unanständig empfinden, wenn eine offensichtlich überforderte Ministerin versucht, ihr eigenes Versagen auf Angestellte der unteren Ebene abzuwälzen. Es ist anzunehmen, dass die Bediensteten ohnehin durch eine chronische Stellenunterbesetzung, ständige Behördenumstrukturierungen und eine nichtvorhandene Führung unter dissozialem Stress stehen.
Nach meinem Empfinden verrät mir dieses Agieren eine eiskalte Ellenbogenmentalität und grobe Rücksichtslosigkeit, um sich selbst an den Fleischtöpfen der Macht zu halten. Gefangene werden dabei erst gar nicht gemacht. Anstatt erst einmal die Vorgänge im eigenen Haus intern zu untersuchen, wird reflexartig die Keule ausgepackt, um die eigenen Mitarbeiter strafrechtlich verfolgen zu lassen. Bedienstete, die zu Unrecht mit Ermittlungsverfahren überzogen werden, weil man sie als „Sündenbock“ opfern will, werden nicht nur ein paar schlaflose Nächte erlebt haben. Ministerin gegen Sachbearbeiter, das ist dem Kampf David gegen Goliath gleichzusetzen. Ist der Anfangsverdacht mit Hilfe der Staatsanwaltschaft ausgeräumt, kann das trotzdem heißen, „Karriere beendet“, erst recht, wenn man es wagt, sich aktiv zur Wehr zu setzen. Gekränkte Eitelkeiten, die nicht in der Lage sind, es sportlich nehmen, sind mehr als nur wenig wahrscheinlich.
Es ist bereits der dritte Skandal im unmittelbaren Umfeld für Diana Golze, als Bundestagsabgeordnete trug sie die Verantwortung dafür, dass auf Steuerzahlerkosten Montblanc-Luxusfüller für 2900 € durch ihr Büro bestellt wurden. Als der Fall ruchbar wurde, wälzte sie die Verantwortung auf ihr Büro ab und zahlte den Betrag zurück. Ein weiterer Vorfall ereignete sich, als sich ihr ehemaliger Büroleiter der (damaligen) Sozialministerin, durch eine falsche Wohnsitzangabe 71.945 €, in Form von Fahrtkostenpauschalen, ergaunert haben soll. An diesem hielt sie, trotz begründeten Anfangsverdachts einer Straftat, bis zuletzt fest.
Wer jetzt immer noch glaubt, dass diese Linke „sozial“ wäre, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Sozial ist man vor allem gegenüber sich selbst.
Steffen Meltzer, Autor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“