Tichys Einblick
Mineraldünger und steigende Energiepreise

Wie grüne Landwirtschaftspolitik den Hunger in der Welt vorantreibt

Diejenigen, die vollmundig von sich selber behaupten, sie könnten das Weltklima der nächsten Jahrhunderte steuern, sehen hilf- und ahnungslos zu, wie alleine das Winterwetter der nächsten drei Monate die Weichen für die zukünftige Weltpolitik neu stellen könnte. Von David Breitenacker

Mindestens fünf Milliarden der heute lebenden acht Milliarden Menschen verdanken ihre Existenz allein einer Entwicklung zweier deutscher Chemiker. Anfang des 20. Jahrhunderts haben Fritz Haber und Carl Bosch die Ammoniaksynthese aus Stickstoff und Wasserstoff entwickelt und damit unter anderem billig Dünger produziert. Erst dieses Verfahren hat die Landwirtschaft weltweit revolutioniert und deutlich umweltfreundlicher gemacht.

Doch diese Erfolge sollen rückgängig gemacht werden – zumindest in Deutschland. Ein Landwirt schildert unter Pseudonym die Folgen und skizziert die Auswirkungen auf die aktuelle Landwirtschaftspolitik: wie grüne Landwirtschaftspolitik den Hunger in der Welt vorantreibt.

Folgen der Bauernbefreiung

Raubbau am Boden war die ursprüngliche Form der frühen Landwirtschaft. Einige, von Natur aus sehr fruchtbare, Böden nahmen es nicht so schnell übel, wenn durch die landwirtschaftliche Nutzung kleine Mengen der reichlichen Nährstoffe entzogen wurden. Auf diesen Flächen entstanden schon seit der Antike Guts- und Pachthöfe in geschützten Eigentumsverhältnissen. Doch viele Böden wurden jahrhundertelang ausgelaugt und verloren ihre Fruchtbarkeit. Auf den allermeisten Böden war die Öko-Katastrophe vorprogrammiert.

In Mitteleuropa führte der Raubbau am Boden sogar zur fast vollständigen Entwaldung. Jedes Fleckchen Boden wurde benötigt, um dort den natürlichen Aufwuchs, teilweise inklusive der obersten Bodenschicht, abzutragen und als Dünger auf die kleinen Ackerflächen am Hofesrand, die Eschen, aufzubringen. Ergebnis: Bis Ende des 18. Jahrhunderts hatten sich die ärmsten Teile Mitteleuropas in wüstenähnliche Gebiete mit teils bedrohlichen Wehsanddünen verwandelt.

Weitere Ursachen für diese Entwicklung waren die Rechtlosigkeit der Bauern als Leibeigene sowie die Bewirtschaftung der Gemarkungen als Allmende. Abgesehen von den in Privateigentum stehenden Gütern und großen Höfen übernahm im feudalen Europa niemand die Verantwortung für den Zustand der Böden.

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Das änderte sich erst mit einer »Revolution«: Das Eigentum an Grund und Boden bekamen während der Bauernbefreiung im 18. und 19. Jahrhundert die Bauern, also die vormaligen Leibeigenen. Dies führte dazu, dass die neuen Eigentümer ihre Böden rechtlich und tatsächlich vor Raubbau schützen konnten; es war jetzt »ihr« Boden, an dessen Erhalt und Pflege sie ein hohes Interesse entwickeln mussten. Das praktische Wissen dazu hatten sie, konnten es aufgrund der Leibeigenschaft zuvor nur nicht anwenden.

Ein weiterer Effekt dieser Privatisierung: Versteppung und Wüstenbildung in Europa wurden gestoppt. Aufgrund eines effektiveren Wirtschaftens musste außerdem nicht mehr jeder Quadratmeter genutzt werden. Flächen wurden frei, auf die kehrte die natürliche Vegetation Mitteleuropas zurück, und das ist der Wald.

Eine weitere Folge der Bauernbefreiung war das Bevölkerungswachstum auf dem Lande. Die Ernten wurden ergiebiger. Es konnten deutlich mehr Menschen ernährt werden, die aber nicht mehr zur Arbeit auf den Feldern benötigt wurden. Die Menschen drängten in die Städte, in denen zeitgleich die Industrialisierung beginnen konnte. Um 1800 lebten in Bayern noch ca. 80 Prozent der Menschen in Dörfern, um 1850 waren es nur noch 50 Prozent. Von 1871 bis 1914 wuchs die Bevölkerung im Deutschen Reich um 58 Prozent auf 65 Millionen Menschen.

Ungenutzte Potenziale auch in Deutschland

Diese Situation war die Voraussetzung für die Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens. Je nach Standpunkt wird heute davon ausgegangen, dass vier bis fünf Milliarden der derzeit lebenden acht Milliarden Menschen ihre Existenz ausschließlich der Ammoniaksynthese verdanken. Ich persönlich gehe noch weiter und sage, dass deutlich mehr als fünf Milliarden Menschen nur deswegen existieren, weil wir großtechnisch aus Luftstickstoff Ammoniak und daraus abgeleitet Harnstoff und Ammonium herstellen können.

Meine Annahme ergibt sich daraus, dass eine Rückkehr zum Raubbau an der Natur, also zur flächendeckenden Biolandwirtschaft, aufgrund unserer heutigen technischen Möglichkeiten innerhalb weniger Jahre sämtliche natürlichen und naturnahen Ökosysteme der Erde zerstören würde – mit katastrophalen Folgen auch für die wenigen weltweiten Gunststandorte, zu denen Deutschland gehört.

Seit der „grünen Revolution“ eingeleitet in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts durch Norman Borlaug (bitte nicht verwechseln mit der derzeitigen Revolution der Grünen), haben sich die Hektarerträge dank der mineralischen Düngung nochmals deutlich erhöht, sodass immer mehr landwirtschaftliche Flächen für Wälder und Naturschutz zurückgegeben, aber auch für Gewerbe- und Siedlungsvorhaben verwendet werden konnten.

Die Bedrohung für die Ökosysteme der Erde geht nicht von der absoluten Anzahl der Menschen aus, sondern vom Umgang der Menschen miteinander. Die Verdrängung der Aufklärung, die Diffamierung der Vernunft und die Angriffe auf die Freiheit durch Ökomoralisierung durch neue und wiedererstarkte alte Religionen lähmen das Denken und die Entwicklung ressourcenschonender Praktiken.

Ohne den derzeitigen Rückfall in längst überwunden geglaubte Denkmuster könnte die Landwirtschaft locker 10 bis 12 Milliarden Menschen ernähren. Die Natur würde keinen Schaden nehmen, im Gegenteil. Sogar im entwickelten Deutschland gibt es noch schier unglaubliche Potenziale, die lediglich aufgrund grüner Freiheitseinschränkungen nicht genutzt werden können.

Düngung von Grünland und Ackerland

Die landwirtschaftliche Nutzfläche der Erde unterteilt sich zu ca. 67 Prozent in Grünland, zu ca. 9 Prozent in Ackerland, das für den Anbau von Futtermitteln verwendet wird, und zu 23 Prozent in Ackerland und Plantagen, die zum Anbau von Grundnahrungsmitteln genutzt werden. Der Anbau für industrielle Zwecke ist in allen drei Kategorien enthalten.

Das Grünland wird zum größten Teil gar nicht oder nur gering gedüngt. Es handelt sich um Prärien, Pampa, Kalt- oder Trockensteppen. Ertragstarkes Grünland wie in Deutschland ist die Ausnahme. Ob gedüngt wird oder nicht, liegt an der Bodengüte und am Klima und muss individuell auf jeder Fläche anders, entsprechend der Bedingungen, entschieden werden.

Deutschland ist klimatischer Gunststandort. Die Trockensteppen Namibias sind es eher nicht. Mit Grünland in Deutschland kann man bis zu zwei Rinder pro Hektar ernähren. In der Mongolei braucht man für eine Kuh schon 67 Hektar.

Ein wesentlicher Teil der 9 Prozent Ackerland zum Futtermittelanbau wird organisch, also mit Gülle und Mist gedüngt. Nur ein kleiner Teil der Düngung dort ist mineralisch. Diese 9 Prozent Ackerfläche sind in der Regel oder zumindest im Rahmen der Fruchtfolge nur für den Futtermittelanbau geeignet – und auch das nur unter Nutzung organischer Dünger wie Gülle und Mist. Es ist also kein Zufall, dass sich weltweit die Veredelungsregionen genau dort befinden, wo ohne organischen Dünger nichts wächst.

Aber: Der organische Dünger stammt nur zum Teil aus Futter, das auf diesen 9 Prozent Futterflächen produziert wurde. Die Erträge einer Fläche können gar nicht so groß sein, dass aus der Ernte ausreichend organischer Dünger für dieselbe Fläche erzeugt werden könnte. Es muss also Futter aus anderen Regionen dazukommen, damit ein entsprechend großer Tierbestand ausreichend organischen Dünger erzeugen kann. Ein großer Teil dieses Futters stammt aus den Regionen, in denen Grundnahrungsmittel angebaut werden, die ausschließlich mineralisch gedüngt werden.

Inflation
Importpreise steigen extrem stark – vergleichbar mit der Ölkrise von 1980
Was auf den ersten Blick paradox erscheint, ist auf den zweiten Blick absolut logisch: Ein großer Teil des Viehfutters sind Abfall- oder Nebenprodukte der Lebensmittelerzeugung, die von den verbleibenden 23 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche stammen. Sojaschrot, Rapsschrot, Weizenkleber, Fruchtfolgeprodukte und weitere, für den menschlichen Verzehr qualitativ unzureichende Produkte. Sie werden neben vielen anderen Reststoffen jedoch nicht weggeworfen, sondern in die Veredelungsregionen transportiert, dort zu Futtermitteln verarbeitet und verfüttert. Milch, Eier und Fleisch sind, überspitzt ausgedrückt, „nur“ die Nebenprodukte der organischen Düngerproduktion.
Weltweite Lebensmittelversorgung wurde gesichert

Es kommt also auf diese 23 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche an, auf denen Brotgetreide, Kartoffeln, Reis, Mais und andere Früchte als Grundnahrungsmittel angebaut werden. Auf diese 23 Prozent kommt der größte Teil des Mineraldüngers.

Bis ca. 2010 gab es weltweit unverkäufliche Überschüsse an Brotgetreide und an sonstigen Grundnahrungsmitteln. Die Preise waren niedrig. Viele Flächen, auf denen zu diesen Preisen nicht produziert werden konnte, lagen brach. Das hat sich seit dem „Arabischen Frühling“, der eine Hungerrevolte aufgrund steigender Brotpreise als Folge partieller Missernten war, geändert.

Auch ein Teil der brachliegenden Flächen wurden ab diesem Zeitpunkt wirtschaftlich, da sich ein höheres Preisniveau eingestellt hatte. Bei uns ist das übrigens einer der Gründe für die gestiegenen Pachten. Die weltweite Lebensmittelversorgung wurde durch das höhere Preisniveau gesichert, Hungeraufstände wie in Nordafrika sollten sich nicht wiederholen.

Steigende Preise bei Düngemitteln durch Energieverknappung

Seit Mitte 2021 hat sich plötzlich ein neues, noch höheres Preisniveau gebildet. Beim deutschen Verbraucher ist davon noch relativ wenig angekommen, obwohl der FAO Nahrungsmittelpreis-Index für Oktober gegenüber dem Vorjahr bereits um 31 Prozent angestiegen ist.

Ein Unkundiger
Özdemir und die künftige Landwirtschaftspolitik
Auch der normale Marktteilnehmer hat anfänglich nicht verstanden, warum die Preise stiegen. Noch im Mai 2021 haben viele Landwirte Vorkontrakte zu ca. 170 Euro für eine Tonne Weizen abgeschlossen. Aufgrund der erwarteten Rekordernte erschien das als ein guter, fairer Preis. In der Ernte lag der Preis dann schon bei 230 Euro, obwohl immer noch eine weltweite Spitzenernte erwartet wurde. Dann, ab September 2021, als wesentliche Teile der Ernte bereits den großen Handelshäusern gehörten, kannte der Preis nur noch eine Richtung und knackte vor Kurzem die 300-Euro-Marke. Derzeit liegt der Preis wieder bei ca. 285 Euro pro Tonne für Lieferung im März 2022.

Ausgehend vom Welthandel, der wohl sehr frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt hat, sind die gestiegenen Preise in den Produktions- und Verarbeitungsketten angekommen und führen zu deutlichen Verwerfungen. Die wahre Ursache für die Preissteigerungen ab Mai 2021 und die größte Bedrohung für die kommende Ernte 2022/2023 rückt erst langsam in das öffentliche Bewusstsein. Die genauen Folgen sind noch nicht absehbar, sollten aber Anlass zu größter Sorge bzw. Vorsorge für alle Entscheidungsträger dieser Welt sein:

Im Schatten der Blockaden neuer konventioneller Kraftwerke durch Kreditverhinderung und anderer Erschwernisse, ausgelöst durch die „große Transformation“ hin zur Ökologisierung der gesamten Welt, ist Energie knapp und teuer geworden. Eine gestiegene Nachfrage bei sinkendem Angebot hat auch die Gaspreise in die Höhe getrieben.

Gas ist der wichtigste Kostenfaktor bei der Herstellung mineralischer Stickstoffdünger. Bis zu 3 Prozent des weltweiten Primärenergiebedarfs werden alleine für die Ammoniaksynthese benötigt. Der Energiekostenanteil an den Produktionskosten beträgt rund 80 Prozent. Die nachgelagerte Harnstoffproduktion, zum Beispiel für „Ad Blue“, die Ammoniumproduktion sowie die Herstellung der marktfähigen Endprodukte verschlingen weitere große Energiemengen.

Die Preise mineralischer Stickstoffdünger haben sich seit dem Vorjahr um 123 Prozent mehr als verdoppelt. Einige Produzenten haben die Produktion ganz eingestellt, andere haben ihre Produktion halbiert. Auch China hat bereits reagiert und den Export seiner Düngemittel bis Juni 2022 verboten. Russland hat seine Exporte gedeckelt. Der norwegische Hersteller „Yara“ hatte seine europäischen Werke zunächst heruntergefahren, produziert jetzt aber wieder aufgrund des sehr hohen Preisniveaus.

Deutschland ist nicht nur beim Dünger auf Importe angewiesen. Aufgrund der schon lange viel zu hohen Energiepreise ist die Stickstoffdüngerproduktion in der Heimat von Haber und Bosch nicht mehr rentabel. Neben der BASF gelingt es lediglich noch der sehr breit aufgestellten SKW Piesteritz, sehr spezielle Stickstoffdünger herzustellen. Aber auch die SKW Piesteritz hat ihre Produktion um 30 Prozent heruntergefahren.

Gewächshäuser werden kalt
Preisexplosion für Erdgas gefährdet niederländische Landwirtschaft
Im Sog der verteuerten Stickstoffdünger erhöhen sich auch die Preise für Phosphat- und Kalidünger sowie alle anderen Komponenten wie Schwefel und Magnesium. Gülle und Festmist, die aufgrund der politischen Gängelungen in deutschen Ackerbaubetrieben gemieden wurden wie die Pest, erleben einen Nachfrageboom, verbunden mit hohen Wertsteigerungen. Gleichzeitig geht die absolute Menge von Mist und Gülle zur Freude grüner Politik deutlich zurück, sodass es auch hier als Folge der verheerenden deutschen Landwirtschaftspolitik zu einer Verknappung kommt. Selbst Kalk, der in riesigen Mengen weltweit im Überfluss vorhanden ist, verteuert sich. Kaum ein deutscher Landwirt weiß derzeit, wie er mit der Situation umgehen soll.

Auch der Handel, der sich üblicherweise im Herbst mit Düngemitteln eindeckt, hat reagiert und kauft nichts mehr. Nichts! Wie auch könnte eine Geschäftsführung das gesamte Firmenkapital und vermutlich noch hohe Kredite in die Spekulation mit extrem teurem Dünger stecken? Sie stünde mit einem Bein im Gefängnis. Der Handel bestellt lediglich die Mengen, die derzeit von den Landwirten vertraglich zu den extrem hohen Preisen geordert werden. Allerdings wird zumindest in meinem Umfeld derzeit von den Bauern so gut wie nichts vorbestellt.

Die Bedeutung Russlands im Landwirtschaftssektor

Schaut man auf die Börsenpreise für die neue Getreideernte 2022/2023, so sind diese kaum niedriger als die derzeitigen hohen Preise. Eigentlich müsste das zu einer weiteren Ausdehnung der weltweiten Agrarfläche führen. Zur Aktivierung wird es aber wohl so bald nicht kommen, denn den gestiegenen Erlösaussichten stehen noch höhere Kosten gegenüber. Es bleibt also unrentabel, solche Flächen in die Produktion zu nehmen.

Ein Sonderfall ist Russland. Das Land hat mindestens noch 19 Millionen Hektar ungenutztes Ackerland, das seit der Ermordung der Kulaken durch Lenin und Stalin brach liegt. Zum Vergleich: Deutschland hat insgesamt nur 17 Millionen Hektar Acker- und Grünlandflächen. Bisher ist die Reaktivierung dieser russischen Flächen nicht gelungen. Die Erträge wären zu niedrig, die Entfernung zu den Häfen ist zu groß, die benötigte Infrastruktur existiert nicht.

Das tägliche Brot ...
Überflussgesellschaft und Bio-Tonne
Jetzt aber haben sich die Rahmenbedingungen geändert und Russland weiß sie im nationalen Interesse zu nutzen. Putin hat Vereinbarungen mit der Landwirtschaft, mit der Düngerindustrie und den Gasversorgern getroffen. In Russland werden die Düngerpreise nicht steigen, Gas bleibt ebenfalls günstig. Dadurch erhofft man sich Impulse für Investitionen in die Landwirtschaft und in die Infrastruktur. Es könnte zu einem weiteren starken innerrussischen Aufschwung im Landwirtschaftssektor kommen. Außenpolitisch wird die Bedeutung Russlands nicht nur als Gaslieferant, sondern auch als Düngemittelexporteur und als Getreidelieferant steigen.

Jetzt, am Anfang des nördlichen Winters, entscheidet Russland, wer unter welchen Bedingungen russisches Gas erhält. Zum Ende des Winters wird Russland entscheiden, wer zu welchem Preis russische Stickstoffdünger bekommt. Und zur Ernte 2022 könnte Russland eine entscheidende Rolle bei der Verteilung knapper werdender Getreidebestände erlangen.

Deutschland hat die Energieknappheit mit verursacht

In keinem Zweig der Wirtschaft hat der Satz von Friedrich August von Hayek über die Bedeutung des „Wissens von Ort und Zeit“ eine derart überragende Bedeutung wie in der Landwirtschaft. Niemand kann voraussagen, wie die Landwirte weltweit auf die sich abzeichnende Düngermittelknappheit reagieren werden. Es gibt auf der Welt keine zwei Flächen, die exakt gleich zu bewerten wären. Bei extrem steigenden Preisen könnte es sich an einem Ort lohnen, überhaupt nicht mehr zu düngen oder die Flächen komplett aus der Produktion zu nehmen; an anderen Orten wäre sogar eine Erhöhung der Düngermenge die richtige Entscheidung.

Unterm Strich muss aber eine weltweite Verteuerung der Lebensmittel befürchtet werden bei knapper werdendem Angebot. Am stärksten werden diejenigen betroffen sein, die sich schon heute kaum selber mit Lebensmitteln versorgen können.

Vorsorgemaßnahmen, um diesen Bedrohungen vorzubeugen, scheint es zumindest in der westlichen Welt nicht zu geben. Dabei ist es der Westen mit Deutschland in der ideologischen Spitzengruppe, der die aktuelle Energieknappheit verursacht hat. Weil die westliche Politik versagt hat, wird jetzt einzig das Winterwetter nicht nur darüber entscheiden, ob Menschen erfrieren müssen, sondern auch darüber, wie knapp und teuer im nächsten Frühjahr die unverzichtbaren mineralischen Dünger sein werden.

Man kann es nicht einmal mehr als Treppenwitz der Geschichte bezeichnen, dass diejenige Elite, die vollmundig von sich selber behauptet, sie könnte das Weltklima der nächsten Jahrhunderte zum Wohle der gesamten Menschheit steuern, hilf- und ahnungslos zusieht, wie alleine das Winterwetter der nächsten drei Monate die Weichen für die zukünftige Weltpolitik neu stellen könnte.

Auf dem Weg in den Ökosozialismus

Jürgen Trittin 2004: „Es bleibt dabei, dass die Förderung erneuerbarer Energien einen durchschnittlichen Haushalt nur rund 1 Euro im Monat kostet – so viel wie eine Kugel Eis.“

Parallel zur Energie wird in Deutschland auch die Landwirtschaft gewendet. Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts war der Hunger in Deutschland dank der epochalen Fortschritte in der Landwirtschaft besiegt. Niemand erinnert sich mehr daran, dass die Mangelkrankheit Rachitis durch den Fleiß der deutschen Bauern eliminiert werden konnte. Gerade dieser Erfolg und das Kurzzeitgedächtnis seiner Bürger wird der bäuerlichen Landwirtschaft in Deutschland, übrigens der umweltfreundlichsten und nachhaltigsten der Welt, zum Verhängnis.

Höhere Preise für Lebensmittel?
Mehrheit lehnt Özdemirs Pläne zur Preiserhöhung ab
Die deutsche Landwirtschaftsfläche schrumpft täglich um rund 70 Hektar für Siedlungszwecke. Unermüdlich werden fruchtbare landwirtschaftliche Böden in Naturschutzflächen umgewandelt, die in den obigen 70 Hektar noch gar nicht enthalten sind. Auf allen Flächen gibt es Bewirtschaftungsbeschränkungen. Seit 2021 dürfen ca. 25 Prozent nicht mehr ausreichend gedüngt werden. 2022 wird rund 1 Prozent aufgrund des Insektenschutzgesetzes aus der Produktion fallen. 2023 müssen aufgrund von EU-Vorgaben weitere 3 bis 4 Prozent stillgelegt werden. 10 Prozent der deutschen Landwirtschaftsfläche werden schon jetzt nach Bio-Kriterien bewirtschaftet, haben aber nur noch einen Anteil von 2 bis 3 Prozent an der Produktionsmenge. Vollständige Bewirtschaftungsverbote auf den sehr fruchtbaren Grünlandflächen in Norddeutschland (bis zu 1 Million Hektar) sind in Vorbereitung.

Deutschland kann sich derzeit nur noch zu 85 Prozent selber ernähren, Tendenz fallend. Der Rest wird schon heute importiert. Bei Gemüse beträgt die Eigenversorgung nur noch 39 Prozent. Gerade hier hat die mineralische Düngung eine immense Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig werden von der EU Einfuhrzölle auf Mineraldünger erhoben. Neben den Düngerpreisen haben sich auch die Energiekosten für Diesel, für Trocknungen, Heizungen und alles andere bereits in 2021 um mindestens 30 Prozent verteuert.

Deutschland wird also, im Gegensatz zu Russland, nichts zur Entspannung auf dem Lebensmittelmarkt in 2022 beitragen können. Im Gegenteil. Deutschland ist Produktionsstandort für Spitzenqualitäten. Wenn es an Dünger fehlt, wird es zuerst zu Abstrichen in diesem Bereich kommen. Deutschland würde noch mehr importieren müssen, während die eigenen Exporte zurückgehen könnten.

In Deutschland würden die Lebensmittelpreise weiter steigen. Das wäre aber nicht das Schlimmste. Deutschland würde den Ärmsten der Armen noch mehr der knapper werdenden Lebensmittel wegkaufen. Stellvertretend für uns müssten die Menschen in der Dritten Welt weitere Einschränkungen hinnehmen. Ich glaube nicht, dass sich Frau Baerbocks Weltinnenministerium bereits mit dieser Frage beschäftigt hat.

Die Kugel Eis des Herrn Trittin könnte – auf dem Weg in den weltweiten Ökosozialismus – für die Ärmsten auf dieser Welt schon sehr bald unbezahlbar werden.

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