Tichys Einblick
Migrationspolitik mit Klimaverstärker

Die Refugees-Welcome-Front strebt aus der Defensive

Nachdem die Verfechter einer liberalen Migrationspolitik durch Wahlerfolge der AfD und offenkundiger Integrationsprobleme seit 2016 in die Defensive geraten sind, starten sie in Gestalt von Carola Rackete einen erneuten Versuch, ihrer „identitätslinken Läuterungsagenda“ zum Durchbruch zu verhelfen.

Alexander Pohl/NurPhoto via Getty Images

Nachdem es den etablierten Parteien und den ihnen verbundenen (Leit-)Medien mit Hilfe der Fridays for Future-Jugend gelungen ist, das Thema Klimawandel (wieder) auf Platz 1 der Hitliste drohender Apokalypsen zu setzen, wird nun von den Refugees-Welcome-Aktivisten und der Asyllobby in Deutschland versucht, verloren gegangenes Terrain im Kampf um die Asyl- und Migrationspolitik wieder gut zu machen. Unterstützt wird sie dabei zusätzlich durch die öffentliche Debatte um die Gefahr eines zunehmenden Rechtsextremismus, ausgelöst durch den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Die Risiken und Gefahren einer ungesteuerten Massenzuwanderung für das gesellschaftliche Zusammenleben konnten so in der öffentlichen Berichterstattung und damit im öffentlichen Bewusstsein durch die Risiken und Gefahren des Klimawandels und des Rechtsextremismus in den Hintergrund gedrängt werden.

Neuauflage der Moralfront von 2015

Der so gewonnene Spielraum im Kampf um das politische Meinungsklima wird von den Befürworten einer (ultra-)liberalen Asyl- und Migrationspolitik in Parteien, Medien, Unternehmen, Verbänden, Kirchen und Hilfsorganisationen nun für eine Neuauflage ihrer „Willkommenskultur“ des Jahres 2015 zu nutzen versucht. Ihre neu geschaffene Gallionsfigur ist dabei die „Seenot-Retterin“ Carola Rackete, die inzwischen offen bekundet, dass es ihr bei ihren Einsätzen im Mittelmeer nicht nur darum geht, Seenotrettung dafür zu missbrauchen, „Flüchtlinge“ aus Nordafrika nach Europa zu bringen. Sie will auch den moralischen Druck auf die EU-Mitgliedsländer, allen voran Deutschland, erhöhen, ihre Grenzen für die Massenzuwanderung aus den Armutsregionen dieser Welt noch weiter zu öffnen, als dies ohnehin schon der Fall ist. In einem Interview mit der Bild-Zeitung vom 15. Juli sagt sie:

„Asyl kennt keine Grenze! Und man muss doch auch mal klar die Fakten betrachten: Momentan sprechen wir über sehr kleine Zahlen, aber die Situation wird doch eher schwieriger! Der Zusammenbruch des Klimasystems sorgt für Klima-Flüchtlinge, die wir natürlich aufnehmen müssen. Es wird in einigen Ländern Afrikas, verursacht durch industriereiche Länder in Europa, die Nahrungsgrundlage zerstört. In der Debatte soll immer unterschieden werden zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten, aber wir kommen jetzt zu einem Punkt, wo es ,forced migration‘ gibt, also eine durch äußere Umstände wie Klima gezwungene Migration. Und da haben wir dann keine Wahl mehr und können nicht einfach sagen, dass wir die Menschen nicht wollen. Es ist auch Europas Verantwortung.“

„Wir sind schuldig, schuldig, schuldig“

Rackete erweist sich so als ebenso typische wie entschiedene Vertreterin einer „identitätslinken Läuterungsagenda“, die durch eine unbegrenzte Aufnahme von „Flüchtlingen“ jedweder Art eine historische Schuld abtragen möchte, die Europa durch ihre Wirtschafts- und Kolonialpolitik gegenüber Ländern der Dritten Welt auf sich geladen habe. Dass die Kolonien längst nicht mehr bestehen und viele Mitgliedsländer der EU noch nie über welche verfügten, kümmert die Aktivistin auf dem Mittelmeer nicht sonderlich. In ihrem Interview fährt sie vielmehr fort:

„Deutschland und andere europäische Staaten haben eine historische Verantwortung an den Umständen in Afrika noch aus der Kolonialzeit. Die heutigen Machtverhältnisse sind durch Europa bestimmt worden. Europa beutet Afrika aus – und hier entsteht die Spirale, die zur Flucht führt. Deshalb gibt es eine historische Verantwortung, Flüchtlinge aufzunehmen, die wegen der Machtverhältnisse oder auch der Klimasituation nicht mehr in ihren Ländern leben können. Das Thema Klimaflucht ist bereits heute groß. Wir hatten Menschen aus zehn verschiedenen Ländern auf dem Boot. In Bangladesh ist es besonders schlimm, aber auch im Pazifik, wo Inseln überschwemmen, oder in der Wüste Afrikas. Da kommt noch einiges auf uns zu, über das heute niemand reden will.“

Auch das Klima ist unsere große, übergroße Schuld

Rackete spricht hier keineswegs für sich alleine, sondern formuliert unverblümt die Sichtweise all jener politischen und gesellschaftlichen Kräfte, die neben der alten Schuld aus der Kolonialzeit in Gestalt des Klimawandels eine neue Schuld aus der Taufe zu heben versuchen, die die europäischen Länder gegenüber der Dritten Welt zusätzlich zu schultern hätten. Um diese doppelte Schuld abzutragen, sollen sie laut Rackete aktuell rund eine halbe Million „Flüchtlinge“, die sich derzeit in Libyen aufhalten, auf sicheren Wegen nach Europa holen. Jegliche Limitierung lehnt sie ab, da die Zahl der nach Europa „geflohenen” Migranten im Vergleich zu manchen Anreinerstaaten ihrer Herkunftsländer immer noch zu gering sei.

Linke Verharmlosung
Wie Bootsführerin Rackete die Welt erklärt
Wir erleben hier eine mediale Neuauflage der gesinnungsethischen (hypermoralischen) Argumentationsmuster der Refugees-Welcome-Akteure aus dem Jahr 2015 – angereichert um das Thema Klimawandel. Ging es damals zunächst um einige tausend „Flüchtlinge“ am Bahnhof in Budapest, werden nun vorerst eine halbe Million „Flüchtlinge“ in Libyen ins Visier genommen, um die Grenzen für die Massenzuwanderung nach Europa weiter zu öffnen. Und wie schon 2015 sollen die Folgen einer solchen Politik für die Zielländer ebenso ausgeblendet werden wie für die Herkunftsländer. Die Bevölkerungen der Zielländer haben für ihre historische Schuld zu büßen und die verbleibenden Bevölkerungen der Herkunftsländer müssen eben mit der Abwanderung ihrer sporadisch entstehenden Mittelschichten zurechtkommen, die umso mehr nach Europa streben, je besser sich ihre Heimatländer wirtschaftlich entwickeln.
Klima- und Migrationspolitik werden verbunden

Mit Carola Rackete und Greta Thunberg als neuen Gallionsfiguren schließen sich in Deutschland die Vertreter eines forcierten Ausstiegs aus den fossilen Energieträgern mit den Vertretern einer forcierten Massenzuwanderung zusammen. Differenzen bestehen nur in der Nutzung der Kernenergie, aber das wird verdrängt. Denn: Nur so formiert sich eine neue Refugees-Welcome-Front, die gezielt versucht, Klima- und Migrationspolitik miteinander zu verbinden. Als legitimatorisches Bindeglied zwischen beiden Politikfeldern fungiert die doppelte moralische Schuld, die Deutschland aufgrund seiner Kolonial- und Wirtschaftspolitik sowie seiner Klimapolitik gegenüber den Ländern der Dritten Welt und deren „Flüchtlingen“ abzutragen habe.

Die Linke stößt auf einen höchst gefährlichen Gegner: die Realität
Wie schon 2015 machen sich einige (Leit-)Medien, allen voran das öffentlich-rechtliche Fernsehen, zu kritiklosen Fürsprechern einer gesinnungsethischen Schuld- und Sühneideologie, die sich wenig bis gar nicht um die Einwände all derjenigen einheimischen Bevölkerungsgruppen schert, die aus guten Gründen nicht einsehen wollen, dass sie aufgrund ihres Verbrauchs an fossilen Verbrennungsstoffen und der Kolonialpolitik von Kaiser Wilhelm II nun hunderttausende oder gar Millionen von „Flüchtlingen“ aus der ganzen Welt dauerhaft aufzunehmen und zu finanzieren hätten. Die Abwanderung eines Teils dieser Bevölkerungs- und Wählergruppen zur AfD hat in Verbindung mit Ereignissen wie der Kölner Silvesternacht und weiterer offenkundig gewordener Beispiele für gescheiterte Integration zwischenzeitlich dazu geführt, daß die Refugees-Welcome-Verfechter in der medialen Öffentlichkeit wie in der Regierungspolitik in die Defensive geraten sind. In einigen (Leit-)Medien und Parteien wurden nach dem Wilkommenstaumel des Herbstes 2015 auch die problematischen Folgen der Massenzuwanderung thematisiert. Als neue Devise wurde ausgegeben, das Jahr 2015 dürfe sich nicht wiederholen.
Die identitätslinke Läuterungsagenda

Der Hype um den Klimawandel und der Mord an Walter Lübcke haben das öffentliche Meinungs-Pendel seit einigen Monaten jedoch wieder in Richtung einer erneuten Öffnung der Grenzen für die Massenzuwanderung gedreht. Carola Rackete und ihre politischen wie medialen Mitstreiter wissen um diesen Sachverhalt und versuchen nun, etwa in Gestalt von Außenminister Heiko Maas, auch diese Art von Klimawandel für ihre Ziele zu nutzen. Wie beim Wetter können sie allerdings nicht sicher sein, dass sich auch die Verhältnisse nicht innerhalb kurzer Zeit aufgrund bestimmter Ereignisse wieder so ändern, dass sich das Meinungsklima erneut dreht.

Umweltsünder atmen noch!
Klimakrise: Vollgas mit der CO2-Steuer. Grillen oder gegrillt werden?
Die aufziehenden Wolken einer wirtschaftlichen Rezession und eines zunehmenden Personalabbaus nicht nur in Südeuropa, sondern auch in Deutschland könnten jedenfalls die Vorboten einer weiter abnehmenden Bereitschaft breiter Bevölkerungsschichten nicht nur in den neuen, sondern auch in den alten Bundesländern sein, der „identitätslinken Läuterungsagenda“ mit Blick auf die Migration vorbehaltlos Folge zu leisten. In der wirtschaftlich kriselnden Türkei wenden sich Teile der einheimischen Bevölkerung beim Kampf um die knapper werdenden Arbeitsplätze, wie Welt online vom 15. Juli unter dem Titel „In der Türkei wächst der Unmut über syrische Flüchtlinge“ berichtet, jedenfalls schon vermehrt gegen die ins Land gekommenen 3,5 Millionen Syrer.
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