Das Statistische Bundesamt hat soeben die Migrationsstatistik 2019 vorgelegt. Danach sind 2019 rund 327.000 Personen mehr nach Deutschland zu- als aus Deutschland fortgezogen. 2018 waren es noch rund 400.000 mehr Zu- als Fortzüge. Konkret errechnet sich daraus für 2019 folgender Saldo: Es sind insgesamt rund 1.559.000 Personen aus dem Ausland zugezogen (inkl. zurückkehrende Deutsche) und 1.232.000 ins Ausland (inkl. Deutsche) weggezogen. Ohne Berücksichtigung der Deutschen gab es 1.346.000 Zuzüge und 961.000 Fortzüge von nichtdeutschen Staatsangehörigen.
Trotz des Rückgangs der Nettozuwanderung von EU-Bürgern trugen europäische Staatsangehörige mit einem positiven Saldo von 214.000 Personen weiter am meisten zur Nettozuwanderung von nichtdeutschen Personen bei, gefolgt von Staatsangehörigen aus Asien (116.000) und aus Afrika (31.000). Unter den asiatischen Ländern war der Saldo am höchsten für syrische (+31.000) und indische (+22.000) Staatsangehörige.
In der gängigen Presse wird diese Statistik eher nur en passant erwähnt; und schon gar nicht wird ins Detail gegangen, wiewohl die Zahlen nach Länderherkunft exakt vorliegen. Die alte Tante Die Zeit etwa macht daraus die beschwichtigende Schlagzeile: „Zuwanderung nach Deutschland nimmt ab“
Aber hinter den Salden verbergen sich interessante Zahlen. Schauen wir genauer hin und listen ein paar Beispiele auf:
- 212.669 Deutsche kamen zurück, 270.294 gingen (Saldo: – 57.625)
- 245.047 Rumänen kamen, 198.860 gingen (Saldo: + 46.187)
- 87.378 Bulgaren kamen, 66.155 gingen (Saldo: + 21.223)
- 44.073 Syrer kamen, 12.783 gingen (Saldo: + 31.290)
- 12.367 Nigerianer kamen, 7.314 gingen (Saldo: + 5.053)
- 16.183 Iraner kamen, 5.145 gingen (Saldo: + 11.038)
- 16.860 Iraker kamen, 8.528 gingen (Saldo: 8.332)
- 13.011 Afghanen kamen, 7.087 gingen (Saldo: + 5.934)
- 39.103 Inder kamen, 17.394 gingen (Saldo: + 21.709).
Welche Qualifikationen und Bildungsabschlüsse sich hinter diesen Zahlen verbergen, weiß man nicht. Man darf im Falle mehrerer Herkunftsländer vermuten, dass es sich hier nicht immer um eine Zuwanderung von kompetenten Fachkräften handelt. Es dürfte nach wie vor gelten, was der Chemnitzer Psychologieprofessor Heiner Rindermann bereits auf dem Höhepunkt der Flüchtlingszuwanderung im Herbst 2015 diagnostizierte: Hier kommen „Ingenieure auf Realschulniveau“.
Das im Mai 2019 mit großem Bohei auf den Weg gebrachte „Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung“ dürfte daran wenig geändert haben. Eine „historische Weichenstellung“ und ein „klares Bekenntnis zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten“ ist es nicht geworden, auch wenn Bundesinnenminister Seehofer dies damals vollmundig erklärte. Ganz abgesehen davon, dass wirklich Qualifizierte aus anderen Ländern, zum Beispiel Entwicklungsländern, ihre Qualifizierten selbst dringend bräuchten, anstatt sie qua „Kolonialismus 2.0“ nach Deutschland zu locken.
Braindrain statt Braingain
Zu Hunderttausenden wandern also Deutsche auf Dauer oder für einige Jahre ab. Deutsche, die weggehen, tun das insbesondere in Richtung Schweiz, Österreich und die USA. 16.000 Deutsche zogen 2019 in die Schweiz, 12.000 nach Österreich und 10.000 in die USA. Die Auswanderung von Deutschen in die Vereinigten Staaten erreichte somit ihr niedrigstes Niveau seit 1991. Von 1991 bis 2004 waren die USA das beliebteste Auswanderungsziel. Im Jahr 2005 sind die USA auf den zweiten Platz abgerutscht, 2018 und 2019 sogar auf den dritten.
In der demografischen Forschung hat sich dafür der Begriff „braindrain“ geprägt. Dem steht aber kein „braingain“ gegenüber – also kein Gewinn an „brain“. Man braucht sich nur den Bildungshintergrund von 90 Prozent der Migranten oder die Pisa-Ergebnisse junger Leute mit türkischen oder arabischen Wurzeln anschauen.
Trösten kann auch nicht, dass es immer noch Nobelpreisträger mit deutschen Namen gibt. Das kann deshalb nicht trösten, weil diese Hochkaräter ihre preiswürdigen Erkenntnisse nicht in Deutschland, sondern zumeist an US-amerikanischen Eliteuniversitäten fabrizierten. Beispiele: Theodor Hänsch (Nobelpreis in Physik 2005), Gerhard Ertl (Chemie 2007), Harald zur Hausen (Medizin 2008) oder Thomas Südhof (Medizin 2013) hatten zwar in Deutschland studiert, ihr Forscherleben aber zum Großteil oder gänzlich in den USA verbracht. Siehe auch hier.