Tichys Einblick
Und täglich grüßt der Messermann

Das Messer als Vorbote des zivilisatorischen Zusammenbruchs

Ob Moslems, geistig Verwirrte, oder Incels: Das Messer erlebt in Deutschland und anderen Teilen des Westens gerade eine Renaissance. Im Zeitalter von Massenüberwachung ist das Messer wie ein unkontrollierbares Komma, das den zivilisatorischen Konsens unterwandert und letztendlich sprengt.

picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Mohammed, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht.

Dafür spürt man es. Und zwar immer häufiger im besten Deutschland aller Zeiten. Nun fragt sich selbst der Direktor der Berliner Charité, in der in diesem Jahr eine Rekordzahl von Stichverletzungen behandelt werden muss, wie es zu diesem Anstieg kommen konnte.

Es bleibt rätselhaft. Oder auch nicht. Aber wahrscheinlich sind die Ursachen tatsächlich vielschichtiger, als die meisten denken, auch wenn eine deutliche Korrelation zwischen gestiegener Masseneinwanderung und gestiegener Messerkriminalität nicht von der Hand zu weisen ist.

Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Versuche einer emaskulierten Gesellschaft, die nur noch dann bereit ist, Dominanz zu zeigen, wenn Einheimische versuchen, Formen einer althergebrachten Ordnung wiederherzustellen, dem Phänomen Messergewalt mit Maßnahmen aus dem Kabarettprogramm entgegenzutreten, an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Was dem Ungeimpften 2021 die Bratwurst zum Stich ins Glück war, das soll 2024 das Netflix-Abo für den freiwilligen Messerverzicht darstellen.

Die Anfälligkeit der sedierten Gesellschaft

Ist aber Sedierung mit propagandistischer Massenunterhaltung tatsächlich das einzig verbliebene Mittel, mit dem man gedenkt, dem archaischen Drang zur Gewalt Einhalt zu gebieten? Man könnte zumindest noch ein Päckchen frisch legalisiertes Gras ins Angebot mischen, damit die integrative Zukunftsvision, in der alle – ob Christen, Moslems, Atheisten oder Woke – sabbernd auf ihren Sofas abfeiern, dass sie Teil der friedlichsten und passivsten Gesellschaft aller Zeiten sind, eindeutigere Züge annimmt.

Gewalt gehört zum animalischen Teil des Menschen. Kulturen bändigen diese nicht nur, sondern kanalisieren diese Energie in sinnvolle Tätigkeiten. Doch wenn eine breite Masse vor allem junger Männer immer weniger Chancen sieht, ihr eigenes kleines Königreich mit Heim und Hof zu schaffen, droht das Fass mit Testosteron überzulaufen. In der Ukraine löst man das mittels der jahrhundertealten Tradition des Kriegs, in dem der Überschuss junger Männer sich für ein hehres Ziel und bange letzte Momente der Einsicht aufopfern darf.

In weiten Teilen des Westens ist der Prozess der Sedierung, den auch Yuval Noah Harari so explizit beim Namen nannte („wir halten sie mit Computerspielen und Drogen zufrieden“), parallel zum Grad der Zivilisation recht weit fortgeschritten. Doch je zivilisierter eine Gesellschaft ist, desto anfälliger wird ihr Gleichgewicht für Störungen durch selbst kleinste Abweichungen.

Messer ante portas

Das Messer ist deshalb Deutschlands „Komma“, jener Rest, der sich nicht niedlich in die Gleichung einfügt, sondern stattdessen sogar die Kraft hat, die Rechnung als Ganzes zu sprengen. In einer hochtechnologisierten Gesellschaft, in der High-Tech-Waffen und technologische Komplettüberwachung sich immer deutlicher als Endphase zivilisatorischer Einhegung herauskristallisieren, stellt das Messer symbolhaft die bevorstehende Rückkehr zur Archaik, den Fall der Zivilisation und das resultierende barbarische Zeitalter dar.

Mit der Verfügbarkeit und Unmittelbarkeit der von ihm ausgehenden Macht, die sich dem Zugriff des Überwachungsstaates letztlich entzieht, steht das Messer für vor allem junge Männer (meist aus weniger zivilisierten – und sedierten – Kulturkreisen) synonym als letzte Bastion männlicher Selbstbestimmung in einer Welt, die diese Selbstbestimmung ansonsten ad acta gelegt hat.

Zu glauben, man könnte diesem archaischen Aufbegehren durch weitere Regulierungen Herr werden, heißt letztlich nur, Öl ins Feuer zu gießen. Die Rückkehr des Messers hat die Gesellschaft bereits verändert und ein Zurück zum zivilisatorischen Endstadium wird nicht mehr möglich sein.

Ein Staat, der lieber untergeht, als seine Bürger zu ermächtigen

Das Messer hat die Spielregeln neu geschrieben und wer nicht vom Messer beherrscht werden will, sollte sich an die alte Redewendung, jemand habe ein Messer zu einer Schießerei mitgebracht, erinnern. Wem das zu amerikanisch erscheint, der kann sich auch Anleihen bei Crocodile Dundee nehmen, der auf einen Messerüberfall mit einem lakonischen „das ist doch kein Messer, DAS ist ein Messer“ antwortete und ein größeres Jagdmesser zückte.

Natürlich: Das war ein Film, noch dazu eine Komödie aus längst vergangenen Tagen. Niemand, der über Jahrzehnte in einer vergleichsweise friedfertigen Gesellschaft gelebt hat, wünscht sich die Rückkehr der Gewalt herbei. Doch – frei nach Mutti Merkel – „jetzt ist sie halt da“. Und eindämmen wird sie nur derjenige, der die Mittel hat, sich ihr zu stellen. Noch aber geht die Politik den Weg immer weiterer Verbote, die einzig den Effekt haben werden, dass die Opfer der zurückgekehrten Gewalt nur immer hilfloser gegenüber den Messern (und anderen Mitteln der neuen Gewalt) werden.

Erst wenn das Waffenrecht in Deutschland es wieder ermöglicht, dass illegale Messerträger sich ihrer Überlegenheit nicht sicher sind, wird ein Regulativ zur jetzigen Gewalt entstehen. Aber eine solche Lockerung des Waffenrechts würde die Staatsgewalt im Vergleich zu ihren Bürgern schwächen, weshalb es dem Staat ein Graus ist, auch nur daran zu denken. Deshalb wird diese Lockerung wohl erst mit dem Zusammenbruch dieses Staatsgebildes erfolgen. Das Messer ist der Vorbote dieses Zusammenbruchs.

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