Wer Angela Merkel kennt, wusste ihren Gesichtsausdruck beim TV-Interview mit Stichwortgeberin Anne Will richtig zu deuten: So wie die Kanzlerin ohne Rücksicht auf die eigene Partei und den möglichen Kanzlerkandidaten ankündigt, die Rolle der Bundesländer bei der Durchsetzung von Corona-Maßnahmen zu beschränken – Föderalismus mit Ewigkeitsgarantie im Grundgesetz verankert hin oder her – so schnell machte sie sich auch auf den Weg zur Umsetzung entsprechender Schritte.
Schon am Dienstag soll im Kabinett das Infektionsschutzgesetz um die Möglichkeit der Verfügung nächtlicher Ausgangssperren in der Zeit zwischen 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens, weitere Kontaktbeschränkungen (Zusammentreffen eines Haushalts mit nur einer haushaltsfremden Person pro Tag) ab einer Inzidenz von 100 und darüber, sowie Schulschließungen ab einer Inzidenz von 200 und darüber, erweitert werden. Abgesehen von den mit der Verschärfung verbundenen weiteren Einschränkungen von Grundrechten, ist der daraus folgende Abbau des Rechtsschutzes der Bürger das besonders Gravierende, das zu einem öffentlichen Aufschrei nicht nur in den Medien führen müsste. Der Beschluss und die Umsetzung solcher Maßnahmen liegt nach bisher geltender Rechtslage in der Hoheit der Länder in Form von Verordnungen und Erlassen. Wenn diese Zuständigkeit durch Bundesgesetz zentral verankert wird, kann Berlin schalten und walten, wie Merkel will.
Zur Erinnerung – in Frankfurt am Main und in Hannover hoben erst unlängst Gerichte die Verfügungen über Ausgangssperren wegen Unverhältnismäßigkeit auf. So etwas wird, wenn Merkel ihren Willen im Parlament durchsetzt, in Zukunft nicht mehr möglich sein. Ein zentrales Element des Rechtsschutzes der Bürger gegenüber staatlichem Handeln wird einfach ausgeschaltet. Als Begründung wird die mangelhafte Willfährigkeit der Bundesländer, aber auch der Städte und Gemeinden gegenüber den von der Zentrale gewünschten Vorgehensweisen angegeben.
Die steigende Zahl der fragwürdigen Inzidenzzahlen, mit den fragwürdigen möglichen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, insbesondere im Intensivbereich (bei fragwürdigen Angabven), zwängen die Regierung zu diesem Vorgehen, so das Kanzleramt. Die Frage nach dem Verhältnis des Indizenzwertes zu tatsächlich Erkrankten, oder sogar zu beatmeten Patienten, wird dabei gar nicht gestellt und somit auch nicht beantwortet. Diese Transparenz wäre aber für die sachliche Beurteilung der Lage und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen notwendig.
Ungewöhnliche Zeiten erfordern bekanntlich ungewöhnliche Maßnahmen! Entweder ist die Bürokratie dazu nicht in der Lage oder es fehlt einfach an Kreativität und Managementfähigkeiten. Beides haben die Menschen in diesem Land nicht verdient.
Und was ist eigentlich, wenn eines Tages beispielsweise mit Begründung der Klimakatastrophe und des beabsichtigten ökologisch-nachhaltigen Umbaus der Gesellschaft, an die Stelle von Corona-Inzidenzen willkürlich festgelegte Werte für Feinstaub, CO2-Emissionen oder der Sonneneinstrahlung gesetzt werden. Mit Sicherheit findet man dann auch wie bei Corona die vom Staat bezahlten Wissenschaftler, die das ganze als „alternativlos“ untermauern. Es bleibt zu hoffen, dass sich der eine oder andere aus den Reihen der Koalitionsabgeordneten, aber auch der Fraktionen der Grünen und der Linkspartei daran erinnern, dass sie nur ihrem Gewissen verpflichtet sind und sonst niemandem.