Wenn Angela Merkel gehofft hat, als Große Kanzlerin aus dem Amt zu scheiden, die mit dem Desaster der Nach-Merkel-Zeit nicht das geringste zu tun hat, so irrt sie in mehrfacher Hinsicht. Sie hinterlässt ein hochverschuldetes, mit sich selbst verfeindetes Land, ein Land, in dem ihre durch die Medien willig transportierte Politik des „Teile und herrsche“, des ungehemmten Ausspielens der Vor-kurzem-dazu-Gekommenen gegen die Schon-länger-hier-Lebenden, der Frauen gegen die Männer, der Jungen gegen die Alten, der Homosexuellen oder Diversen gegen die Heterosexuellen, der Familienlosen gegen die Familien, der Befürworter gegen die Kritiker der Willkommenskultur, der Klimaapokalyptiker gegen die Realisten, der Gläubigen der Maßnahmen gegen die Pandemie gegen das breite Spektrum der Ungläubigen, zu einem traurigen Erfolg führte.
So durchregieren wie Angela Merkel seit 2015 konnten nicht einmal die beiden deutschen Kaiser zwischen 1871 und 1918. Angela Merkel hinterlässt ein Land, in dem aufgrund ihrer Politik des Ausspielens, ihres Hanges zu Verschwörungstheorien, die von den Medien willig transportiert werden, sich der Freund mit dem Freund, Geschwister sich untereinander und sich Eltern mit ihren Kinder verstritten haben und zerstritten sind.
Bereits Anfang 2018 schrieb ich auf TE:
„Für die CDU ist der Tag der Entscheidung gekommen. Es reicht bei weitem nicht, heute für die Zeit nach Merkel zu planen, die Zeit nach Merkel muss heute beginnen. Geschieht das nicht, wird es nach Merkel keine CDU als Volkspartei mehr geben. Die Idee, die von der Bundeskanzlerin nicht allzu euphorisch im Interview vorgetragen wurde, dass in den nächsten vier Jahren sich ihr Nachfolger profilieren könne, kommt eine Amtszeit zu spät. Dieser Zug ist abgefahren.
Aus der Geschichte kennen wir den Moment, in dem die Destabilisierung, die Krise, der Autoritätsverlust der Regierungen dazu führt, dass die Regierenden nicht mehr agieren, sondern nur noch reagieren, weil die Veränderung der Wirklichkeit schneller vorangeht, als sie in der Lage sind, damit umzugehen. Frei nach Franz Kafka: Sie laufen den Ereignissen hinter her, wie ein Anfänger im Eislaufen, der an einer Stelle übt, an der es verboten ist. Kafkaesk ist im Übrigen auch die Situation der CDU. Nur sie kann Änderung bewirken, doch dass muss die Partei auch wollen. Die Flammenschrift jedenfalls leuchtet von der Wand.“
Man könnte Wolfgang Schäuble, der Angela Merkel früh gefördert und schließlich zu ihrem treuen Gefolgsmann wurde, unterstellen, sich aus der Verantwortung für das Desaster ziehen zu wollen, denn schließlich hat er nicht nur Angela Merkels Politik mitgetragen, er hat den entscheidenden Anteil daran, dass nicht Markus Söder, sondern Armin Laschet Kanzlerkandidat der Union geworden ist. Man könnte das Interview maliziös nennen, doch man kann ihm nicht vorwerfen, dass er nicht die Situation, das Resultat von Merkels Politik klar erkennen würde. Wie sollte er auch die Augen vor einer Politik verschließen, die er maßgeblich mitgetragen hat?
Wolfgang Schäuble hat recht, die Union hat versagt, doch nicht erst seit 2018, sondern bereits seit 2011, seit der sogenannten „Energiewende“. Merkels Programm der Zerstörung der Union trug den Titel „asymmetrische Demobilisierung“, es war das Programm zur Schleifung konservativer und auch liberaler Vorstellungen in der Union und der Übernahme einer roten und grünen Einheitsdoktrin.
Sollte eine Regierung nach dem 26.09. ohne Beteiligung der Union zustande kommen, dann wird diese Regierung die Verantwortung für das Desaster, für das der CDU/CSU, aber auch der SPD in der Großen Koalition, aber auch die Fehler der neuen Regierung möglichst bis zum nächsten Wahlkampf hin bei der CDU, zuvörderst bei Angela Merkel verorten. Aus der strahlenden Kanzlerin wird der Sündenbock, der in diesem Fall auch eigene Sünden trägt. Sie hat im Spiel mit der Geschichte versagt, sie hat nicht vorgesorgt für ihren Platz in den Geschichtsbüchern, so wie sie für ihre Nachfolge nicht beizeiten Vorkehrungen getroffen hat. Welches Bild auch immer in den Medien von Angela Merkel gezeichnet wurde, Strategie scheint ihr vollkommen fremd zu sein, sie ist eine zutiefst taktisch, geradezu situationistisch agierende Politikerin. Wie sehr man zurecht Helmut Kohl kritisieren kann, wird er der Kanzler der Einheit bleiben, so wie Angela Merkel als Kanzlerin der Dekonstruktion des Werkes von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen wird.
Man kann Politik nicht „vom Ende“ her denken. Man kann Politik gestalten, indem man sein Handeln aus eigenen Werten und der Erkenntnis der Realität, sprich aus der Machbarkeit des Wünschbaren, heraus entwickelt. Dazu bedarf es zweierlei, eigener Werte und die Erkenntnis der Realität. Die Realität ist nicht identisch mit den medialen Bildern selbiger, schon gar nicht im Zeitalter des aktivistischen, also parteilichen Journalismus.
Angela Merkel hat ein sich selbst bestätigendes System von Politik und Medien geschaffen, in dem die Wirklichkeit nicht vorkommt.