Immer wieder hat TE darauf hingewiesen, dass von allen, die mit Gegenwart und Zukunft von Schwedt befasst sind, über ein wichtiges Detail stillschweigend hinweggegangen wird – übrigens auch von den Medien. Raffinerien werden für bestimmte Ölsorten eingerichtet, weil sich die Rohöle verschiedener Herkunft in ihrer Beschaffenheit unterscheiden. Deshalb kann eine Raffinerie beispielsweise nicht heute Rohöl aus Russland und morgen aus Saudi-Arabien verarbeiten, sondern sie muss umgestellt werden, was eine bestimmte Zeit in Anspruch nimmt. Die Raffinerie in Schwedt ist für besonders schwefelhaltiges Rohöl der Sorte Uralsk aus Russland eingestellt.
Am Mittwoch tagte der Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie zur aktuellen Versorgungssicherheit am Standort Raffinerie Schwedt. Laut einem Bericht der Lausitzer Rundschau sollte der vom Bund eingesetzte Treuhänder Johannes Bremer, der an der Sitzung teilnahm, nicht im Ausschuss sprechen, weil er „von der Bundesregierung nicht für eine Erklärung autorisiert sei“.
Nach Protest der Linken sah sich Michael Kellner im Bundestagsausschuss nun gedrängt, Bremer doch das Wort zu erteilen. Was Bremer dann sagte, war ungefähr das, worüber nur TE informiert hat. Denn wenn die Anlage nicht still steht, kann eigentlich nur russisches Erdöl verarbeitet werden, das jetzt zur Neige gehen dürfte. Johannes Bremer antwortete auf die Fragen der Abgeordneten: „Es fehlen nicht nur Mengen an Rohöl, sondern entsprechende Qualitäten.“ Das bedeutet: „Die chemisch-physikalische Eigenschaft der Öle, die alle Shareholder über Rostock liefern, ist anders.“
Deshalb wird nicht nur kein Bitumen produziert, sondern bestimmte Zwischenprodukte könnten zurzeit ebenfalls nicht hergestellt werden, die für die Diesel- und Benzinproduktion gebraucht werden würden. Auch der „Rohölrückstand“, der für das Kraftwerk im PCK genutzt wird, fehlt, er fehlt wegen der Strom- und Wärmeversorgung für Schwedt. „Das hängt damit zusammen, dass entsprechende Rohöle über Schiffstransporte bislang nicht zur Verfügung stehen.“ Bremer erläuterte, dass der Schwefelgehalt beim Rohöl-Cocktail statt wie bisher bei 1,8 Prozent bei 0,5 Prozent läge. Das führe zu „echten Schwierigkeiten“.
Bremer mag sich ja für den Dreiklang einer Belieferung über die Rostocker Pipeline, über den Hafen Danzig und aus Kasachstan über die Drushba-Leitung aussprechen, nur sagt das erstens nichts aus über die Provenienz und damit über die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Öle, die über Danzig und Rostock eintreffen. Einzig vom Öl aus Kasachstan weiß man, dass es dem russischen Erdöl ähnlich sein soll. Zweitens ist es unwahrscheinlich, dass genügend Rohöl über Danzig kommt. Der Naftoport in Danzig hat eine Umschlagskapazität von 36 Millionen Tonnen Rohöl im Jahr, 30 Millionen Tonnen benötigt Polen, das, nachdem die Russen die Lieferungen eingestellt haben, seinen vollständigen Bedarf über Danzig importieren wird. Bleiben theoretisch noch 6 Millionen Tonnen übrig, doch hier hat sich dem Vernehmen nach die französische Firma Total, die die Raffinerie in Leuna betreibt, bereits Kapazitäten gesichert.
Rolf Erler von der IG BCE, ein Gewerkschaftsvertreter wie ihn sich seine Mitglieder nur wünschen können, zweifelte dann auch gleich mal kräftig an der Möglichkeit, kasachisches Öl zu beziehen, da es durch Russland flösse: „Dann hätte Putin wieder eine neue Möglichkeit, uns zu erpressen.“ Die Sorge scheint den Gewerkschaftsboss stärker umzutreiben als die Sorge um die berufliche Zukunft seiner Mitglieder in Schwedt. Wenn Erler feste Verträge über Liefermengen für den Danziger Hafen fordert, dann träumt der Gewerkschafts-Boss oder täuscht Aktivität vor.
Ob Putin noch bereit ist, Erdöl aus Kasachstan durch die Pipeline nach Schwedt durchzupumpen, nach dem die Leoparden jetzt „los sind“, ist ungewiss; ob Polen wirklich Erdöl aus Kasachstan nach Deutschland durchleitet, steht nach den jüngsten Danziger Affären auch in Frage. Letztlich aber bedeutet ein geringeres Volumen an Erdöl, das durch die Drushba fließt, höhere Transportkosten, weil die anfallenden Kosten nicht mehr auf eine größere, sondern auf eine kleinere Menge umgelegt werden.
Da man aber im Ausschuss beschwingt von den trüben Sorgen um das ewiggestrige Erdöl zur lichten grünen Wasserstoff-Zukunft übergegangen zu sein scheint, zur Verarbeitung von grünem Wasserstoff und zur Produktion von Biokraftstoffen, trübt sich in der Realität die Zukunft des PCK ein. Habeck und Kellner werden in Schwedt und in der Uckermark nur die Zerstörung einer einst prosperierenden Wirtschaft hinterlassen. Das wird immer klarer.