Ein 55-Jähriger folgt einem 35-Jährigem im Amt. Ein Generationswechsel im klassischen Sinn ist das nicht. Wer es gut mit der SPD meint, könnte sagen, mit ihrem neuen Generalsekretär wird die Partei wieder erwachsener. Doch es lässt sich auch anders interpretieren: Auf einen extrem schillernden Jungpolitiker folgt ein Platzhalter, der in knapp 20 Jahren mit dem Staub auf den Hinterbänken im Bundestag verwoben ist.
Wer Matthias Miersch je live erlebt hat, hätte ihn nicht zu der Führungsreserve der SPD gerechnet. Ihm zuzuhören ist mühsam. Er spricht mit der Verve eines Verwaltungsbeamten, nachdem es in der Kantine schwere Knödel zum Mittagessen gab. Inhaltlich rattert er ein Sammelsurium abgestandener linker Ideen runter. Wobei unklar ist, was mehr erschrickt: Die in Überschriften vorgetragenen Inhalte oder die Floskeln, mit denen Miersch in seinen Reden Logik zu ersetzen sucht.
Miersch war bisher Sprecher der Linken in der Bundestags-Fraktion. Politisch verändert sich damit auf dem Stuhl des Generalsekretärs der SPD demnach nichts. Der Jurist aus Hannover ist genauso ein linker Phantast wie Kühnert. Er steht für den Kurs der SPD, die gerne grüner als die Grünen wäre. Die damit ein so bequemes Anhängsel der CDU von Angela Merkel war. Etwa als Miersch erklärt hatte, mit dem Klima ließe sich nicht diskutieren, um den Wahnsinn des gleichzeitigen Ausstiegs aus Kohle- und Kernkraft zu rechtfertigen. Zwar sind seine Reden brutal einschläfernd. Aber das ist eine Gnade. Noch brutaler ist es nämlich, seiner „Logik“ zu folgen.
Miersch steht für alles, was in den letzten Jahren in der SPD schief gelaufen ist – und was die Partei Willy Brandts in der jüngsten Europawahl auf ihr historisch schlechtestes, bundesweites Ergebnis reduziert hat. Miersch hat Robert Habeck (Grüne) in dessen Heizungsgesetz unterstützt. Der neue Generalsekretär befürwortet das Ende der „Schuldenbremse“ und damit die grenzenlose Verschuldung des Staates. Das Geld will Miersch einsetzen, um den Sozialstaat noch stärker zu erweitern, genauso wie den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. Noch mehr Steuern, Abgaben und dysfunktionale Verwaltung würden unternehmerisches Engagement noch mehr erschweren und es würde nur noch produziert, wofür der Staat Subventionen gibt, wenn Deutschland der „Logik“ des neuen SPD-Generals folgt.
Einer dieser Wahlverlierer ist aber Hubertus Heil. Der „Arbeitsminister“. Er verantwortete als Generalsekretär mit den Wahlkämpfen von Steinmeier und Martin Schulz ebenfalls zwei historische Niederlagen der SPD. Also bleibt es zwar richtig, sich an einem erfolgreichen Landesverband wie Niedersachsen zu orientieren. Aber es kommt halt auch auf die Person an. Und es dürfte eine gute Quote für jeden geben, der darauf wettet, dass Matthias Miersch der Mann ist, der im Wahlkampf 14 Prozentpunkte Rückstand auf die Union aufholen kann. Oder auch nur vier Prozentpunkte auf die AfD. In Talkshows wird er jedenfalls weniger auffallen als Kevin Kühnert. Bleibt die Bühne also für Saskia Esken. Dass aber das der SPD hilft, glauben nicht einmal mehr die Sozialdemokratinnen.