Marginalisiert und attackiert: Die Pro-Life-Bewegung unter Beschuss
Anna Diouf
Das Recht auf Leben ist die Grundlage jeder menschenwürdigen Gesellschaft. Zunehmend gerät es unter Beschuss. Doch die Lebensrechtsbewegung, die die Gefahr offen anspricht, wird weiterhin marginalisiert und ist Angriffen durch Linksradikale ausgesetzt, wie alljährlich auf dem "Marsch für das Leben".
Zum zweiten Mal fand am Samstag der Marsch für das Leben zeitgleich in Berlin und Köln statt. In der Domstadt kamen dazu ca. 3500 Menschen zusammen – und damit weniger als die erwarteten und bei der Polizei angemeldeten 4000 Teilnehmer. Das könnte durchaus an der massiven Einschüchterung durch gewalttätige Gegendemonstranten gelegen haben: 2023 war erste Kölner Marsch für das Leben von linken Gegendemonstranten beinahe verhindert worden – offensichtlich hatten die Behörden das Gewaltpotenzial und die Aggression der Gegner des Marsches unterschätzt. Fatalerweise hatte man beide Gruppen auf dem Kölner Heumarkt platziert: So wurden Lebensschützer tätlich angegriffen, gar zusammengeschlagen, Stände zerstört und die Bühnentechnik kurzzeitig sabotiert; auch die Route der Lebensschützer, die für das bedingungslose Recht auf Leben von der Zeugung bis zum natürlichen Tod eintreten, wurde blockiert, so dass sie den Zug durch die Stadt letztlich nicht durchführen konnten.
Auch dieses Jahr gab es Sitzblockaden, die den Marsch zeitweise zum Stehen brachten, die Route wurde kurzfristig verändert. Die Schutzmaßnahmen und das Vorgehen der Polizei waren jedoch deutlich effektiver. Die Polizei Köln hat also aus den Erfahrungen des letzten Jahres gelernt – nicht so Oberbürgermeisterin Henriette Reker. In einem Tweet bekannte sie: „Heute findet in Köln wieder der „Marsch für das Leben“ statt. Meinungsfreiheit gehört zur Demokratie. Meine Haltung als Frau vertreten die Marschierenden jedoch ausdrücklich nicht. Die Rechte am eigenen Körper haben Frauen schon immer erkämpft und tun es weltweit bis heute.“
Eine Äußerung, die stutzen lässt. Immer noch sitzen die Ressentiments gegen die Lebensrechtsbewegung tief. Dabei geben sich mittlerweile nicht einmal mehr die Gegendemonstranten Mühe, ihre Lust auf Gewalt und Krawall hinter honorigen Anliegen wie Selbstbestimmung zu verstecken: „Wir sind queer und arbeitsscheu und bleiben unserem Motto treu!“, skandierten sie in Berlin. Und waren damit zumindest ehrlich: Frauenrechte dienen lediglich als Feigenblatt – eine Frau, die nicht geboren werden darf, kann auch über ihren Körper nicht bestimmen. Hinzu kommt, dass Reker ignoriert, dass es der Pro-Life-Bewegung um deutlich mehr geht als das Thema vorgeburtliche Kindstötung – so wichtig es auch in vielerlei Hinsicht ist: Immerhin sind die Abtreibungszahlen wieder gestiegen. In einem Land mit desaströs niedriger Geburtenrate, in dem man, ginge es nach dem gesunden Menschenverstand, alles nur Erdenkliche tun müsste, um bei Abtreibung familien- und sozialpolitisch gegenzusteuern.
Doch die Lebensschützer weisen auf die Missachtung der verfassungsmäßig verankerten Menschenwürde auch in anderen Bereichen hin: Was in Deutschland noch verdrängt wird, hat in anderen Ländern bereits dystopische Ausmaße angenommen: Menschen werden in den assistierten Suizid gedrängt, weil sie arm, alt oder krank sind – Tod statt Hilfe, eine lukrative Angelegenheit. In Zeiten des erodierenden Sozialstaats eine Entwicklung, die jeden beunruhigen sollte, der nicht im Alter aufgrund zu hoher Kosten unter dem Vorwand von „Mitgefühl“ entsorgt werden möchte.
Dennoch: Obwohl die Teilnehmer des Marsches für das Leben lediglich das Offensichtliche feststellen, nämlich dass das Recht auf Leben jedem anderen Recht vorausgeht, und die Grundlage jeder menschenwürdigen Gesellschaft ist, tun sich Politik, Kirche und zivilgesellschaftliche Akteure schwer, sich mit einem Anliegen zu solidarisieren, das eigentlich im Interesse aller liegt.
Daran haben auch die Mainstreammedien einen gehörigen Anteil: So veröffentlichte das ZDF im Februar 2024 eine mit Desinformation gespickte „Dokumentation“, in der die Lebensrechtsbewegung als rechtsradikal diffamiert wurde. Die „Investigativjournalisten“ mit klarer Verortung im linken Milieu ließen dabei „Experten“ zu Wort kommen, die selbst bei Organisationen in Lohn und Brot stehen, die sich für Abtreibung einsetzen, bzw. mit solchen Organisationen, etwa Planned Parenthood, verbandelt sind.
Auf derlei Verleumdungstaktiken fallen nicht nur einfache Bürger herein, die nicht im Netz Faktenchecks betreiben, um Fake-News zu entlarven. Auch der Passauer Bischof Stefan Oster etwa stellte kurz nach der Veröffentlichung der Dokumentation seine erneute Teilnahme am Marsch für das Leben in Frage – und war in diesem Jahr tatsächlich nicht zugegen; anders als immerhin sechs Bischöfe, die sich nicht nehmen ließen, für Ungeborene, Menschen mit Behinderungen, Alte und Kranke Partei zu ergreifen. Die Taktik, die Lebensrechtler zu isolieren, indem man sie in die „rechte Ecke“ schiebt, ging also teilweise auf; und dies selbst in den Reihen der Katholischen Kirche, die gern verlauten lässt, an der Seite der Schwachen und Wehrlosen zu stehen. Doch wer könnte als wehrloser gelten als ein Kind im Mutterleib?
Und so sehen sich Teilnehmer des Marsches, immerhin einige tausend Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen, Jahr für Jahr einem Block feindseliger Abtreibungsbefürworter gegenüber, ohne dass sich nennenswerter Protest aus der Mitte der Gesellschaft regt. Akteure aus der linksradikalen Szene, die Antifa, quer-feministische Gruppen: Zumeist schwarz gekleidet, recken sie den Lebensrechtlern Mittelfinger entgegen, beleidigen sie und werfen mit Obszönitäten um sich. Auch in Berlin konnten sie kurzzeitig Absperrungen durchbrechen, und die Bühne stürmen – ausgerechnet während auf der Abschlusskundgebung das christliche Anbetungslied „Bedingungslose Liebe“ ertönte. Toleranz sieht anders aus.
Anders als die Kölner Polizei geben sich die Ordnungskräfte der Hauptstadt allerdings keinerlei Illusionen hin: Ihr effizientes und entschiedenes Durchgreifen scheint die Gegendemonstranten über die Jahre hinweg zermürbt zu haben. Nur noch wenige Hundert versammelten sich hier, um Menschen zu verhöhnen, die doch lediglich geltendes Recht, das Grundgesetz und Grundsätze der Humanität verteidigen. Schon wollen die Grünen dem mühsam errungenen juristischen „Kompromiss“ zur Abtreibung an den Kragen, die Neuregelung des assistierten Suizids steht noch aus: Die Anliegen des Marsches für das Leben sind also hochaktuell. Sie gehen jeden von uns an und sind wegweisend für die Zukunft unserer Gesellschaft. Erstaunlich, dass sich große Teile der Gesellschaft damit zufrieden geben, dass diejenigen, die diese Problematik ansprechen, als „rechts“ wegsortiert und marginalisiert werden.
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