Tichys Einblick
Brummkreisel Söder

Wie erwartet: Markus Söder will es doch mit den Grünen können

Markus Söder zeigt sich einmal mehr als politischer Wendehals: Noch vor Kurzem hatte er eine Zusammenarbeit mit den Grünen kategorisch ausgeschlossen, doch inzwischen lässt er diese Option wieder offen. Seine Kehrtwenden verdeutlichen, dass auf seine politischen Aussagen keinerlei Verlass ist – sie scheinen oft nur so lange zu gelten, wie es ihm taktisch nützlich erscheint.

IMAGO

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist überaus wandlungsfähig. Das bewies er bis 2019 alljährlich mit immer neuen Kostümierungen beim Veitshöchheimer Fasching: mal als Herr der Ringe, Punk, Marilyn Monroe, dann als Shrek, Eisbär, Gandhi, Prinzregent. Seit er als bayerischer Ministerpräsident regiert und bei „seinen“ Wahlen in Bund und Freistaat nicht gerade üppige Ernte einfuhr (Bundestagswahl 2021: 31,7 Prozent; Landtagswahlen 2018 und 2023: 37,7 bzw. 37,0 Prozent), ist er im Outfit gesetzter geworden. Da geht nichts mehr ohne Anzug auch beim Fasching. Neuestens geht obendrein nichts mehr ohne Bart – Modell „Henriquatre“. Und das immerhin konstant schon seit Sommer 2024. Für Söder ist das eine lange Zeit.

Weniger gesetzt, dafür sehr wandlungsfähig ist Söder allerdings in seiner politischen Orientierung geblieben. Wenn jemals sein Vorgänger Horst Seehofer den Spitznamen „Drehhofer“ zu Recht oder zu Unrecht bekam, dann hat Seehofer diese Charakterisierung längst an seinen von ihm nicht sonderlich geliebten Nachfolger Söder weitergegeben. Wandlungsfähig ist Söder vor allem – hin und her changierend zwischen Nähe bzw. Distanz – gegenüber den „Grünen“.

Beim Politischen Aschermittwoch am 14. Februar 2024 in Passau erteilte der CSU-Vorsitzende Söder einer Regierungsbeteiligung der Grünen nach der nächsten Bundestagswahl eine klare Absage. Wörtlich: „Wir als CSU wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregierung, kein Schwarz-Grün.“ Die Grünen seien nicht regierungsfähig.

Noch im September 2024 bezeichnete Söder ein schwarz-grünes Bündnis als „absolutes No-Go“ und erklärte, die CSU werde dies verhindern. Söder warnt die Union vor einer Festlegung auf die Grünen: „Wenn die Union sich auf die Grünen einlässt, wird sie bei der Bundestagswahl ein deutlich schlechteres Ergebnis erzielen.“ Viele bürgerliche Wähler würden die Grünen grundsätzlich ablehnen. Beim CSU-Parteitag am 12. Oktober 2024 in Augsburg (wo kommunal übrigens schwarz-grün regiert) bezeichnete Söder Habeck als den schlechtesten Wirtschaftsminister aller Zeiten und warf den Grünen vor, das Land herunterzuwirtschaften. Eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene sei daher unmöglich. www.radio-augsburg.de/soeder-wettert-auf-csu-parteitag-gegen-habeck-und-die-gruenen-54536/

Bald darauf ließ sich Söder immerhin ein Hintertürchen offen: „Der Satz von Friedrich Merz ist eindeutig: Mit diesen Grünen geht es nicht“, sagte der CSU-Mann dem „Stern“. Betonung auf „diesen“! Entscheidend, so Söder, sei der Kurs der „Grünen. Zum Beispiel seien die Grünen in der Migrationspolitik auf einem Irrweg. www.br.de/nachrichten/bayern/soeders-nein-zu-schwarz-gruen-klingt-nun-etwas-anders,UTXgJoh

Dann aber wieder: Schwarz-Grün sei keine Option, meinte Söder im ARD-Fernsehen am 18. November 2024 nach dem Parteitag der „Grünen“. Vielmehr brauche es bei der Bundestagswahl einen echten Richtungswechsel. Der Grünen-Parteitag habe diesbezüglich keine echten Lösungsansätze geboten.

Also, was denn nun? Die Ungewissheit dauert nicht lange. Man konnte jedenfalls darauf wetten, dass Söders radikale Absage an eine Koalition mit den Grünen nur eine sehr kurze Halbwertszeit hat. Jetzt heißt es: Grüne sind für Söder kein absolutes No-Go mehr. www.n-tv.de/politik/Gruene-sind-fuer-Soeder-kein-absolutes-No-Go-mehr-article25386743.html

Allerdings sieht Söder insbesondere den Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck als Problem. „Robert Habeck ist das Gesicht der Wirtschaftskrise“, sagte Söder. „Dass Robert Habeck jetzt sogar Kanzler werden will, ist so, als würde man mit Hertha BSC absteigen und dann Trainer von Real Madrid werden wollen.“ Seine Beziehung zu dem Grünen-Politiker benannte er mit einem Wort: „Abgeschlossen.“

CDU-Chef Friedrich Merz ist da schon viel weiter: Bei CDU-Parteitag hatte er im Mai 2024 zwar gesagt, Habeck sei „Kinderbuchautor“ und habe deswegen von Technologie „keine Ahnung“. Nun nannte Merz Robert Habeck einen studierten Philosophen und promovierten Literaturwissenschafter, der Bücher geschrieben habe. Als Merz gefragt wurde, ob er nach der Neuwahl mit ihm zusammenarbeiten könnte, bezeichnete er Habeck als „angenehmen Gesprächspartner.“
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/schwarz-gruen-merz-zieht-kritik-an-habeck-zurueck-und-lobt-ihn/

Söder ist auf einem anderen Gebiet weiter, er sprach sich für eine Reform der Schuldenregeln aus. „Wir wollen die Schuldenbremse grundsätzlich behalten. Allerdings sollten Bund und Länder dieselben Schuldenregeln haben. „Allerdings!“ Momentan dürften sich Bundesländer überhaupt nicht verschulden, der Bund aber schon, kritisierte Söder. „Das ist zweierlei Maß und darüber sollte man diskutieren können.“ Söder schiebt hinterher: „Wer mit der CSU über die Schuldenbremse reden will, wird mit uns zuerst über eine Lösung beim Länderfinanzausgleich sprechen müssen.“ Bayern zahlte dort allein im vergangenen Jahr rund neun Milliarden Euro ein. Für die Länder gilt bisher ein Verbot der Neuverschuldung, während die Bundesregierung Schulden von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen darf. Zuletzt hatte auch Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen solchen Schritt nicht mehr ausgeschlossen.

Ja, das kann lustig werden. Der Wähler wird sich allmählich fragen: Warum wählen wir am 23. Februar 2025 überhaupt?“ Die etwas älteren Wähler (40 aufwärts) werden sich erinnern an eine urplötzliche Namensänderung für den Schokoriegel „Raider“.
Die Firma „Mars“ dichtete 1991 dazu: „Raider hießt jetzt Twix. Geändert hat sich nix!“


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