Zur Natur von Gesetzestexten gehört es, dass sie Spielraum für Interpretationen bieten. Oft wichtiger als die eigentlichen Gesetze sind daher die Kommentare. Sie entscheiden darüber, wie das Regelwerk in der Praxis angewandt wird. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen soll an einem Kommentar über das Asylrecht mitschreiben. Dagegen haben nun andere Kommentatoren protestiert. Sie wollen nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.
Auslöser für die Kampagne gegen Maaßen ist ein Gastbeitrag in der FAZ. Geschrieben hat ihn Stefan Huster, Professor für Öffentliches Recht an der Ruhr-Universität Bochum. Huster spricht dem ehemaligen Leiter des Bundesverfassungsschutzes ab, hinter der Verfassung zu stehen: „Wer als CDU-Mitglied Sympathien für eine Zusammenarbeit mit einer Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, formuliert, ein ‚Covid-Impfverbot‘ fordert … muss sich schon fragen lassen, ob er nach Art, Inhalt und Kontext seiner Äußerungen noch zu den verlässlichen Unterstützern der freiheitlichen Ordnung gezählt werden kann.“
Der ganze Beitrag in der FAZ ist entsprechend aufgebaut: Bevor Huster konkret auf Maaßen eingeht, baut er ein Umfeld auf, in das er Maaßen damit stellt. Manche Juristen würden mit Freiheit, Gleichheit und Demokratie fremdeln. Er erzählt die Geschichte des Juristen Theodor Maunz (CSU), der Landesminister war, aber auch Berater der „National-Zeitung“ und in der NSDAP-Diktatur Parteimitglied. Dann schwenkt Huster auf Maaßen um: „Aber andere Fälle sind komplizierter.“ In einem Zitat wird dann Husters Methode besonders anschaulich, wie er mit Dreck werfen, aber als Mann sauberer Hände gelten will:
Huster verweist auf einen anderen Juristen, der nicht in einem Kommentar mit Maaßen auftauchen will – und der sogar fordert, Maaßens Namen aus dem Beitragsverzeichnis zu streichen. Immerhin: Dass Maaßen in dem Verzeichnis steht, will er nicht dem Verlag und dem Herausgaber vorwerfen. „Sie haben das Problem nicht provoziert.“ Huster erhält von diesem Vertrag ebenfalls Aufträge. Ein Journalist hat mal geschrieben – in einem ganz anderen Zusammenhang – dass man halt nicht in die Hand beißt, die einen füttert.
Dass er einen guten Verteidiger abgeben würde, beweist Huster in eigener Sache. Mit der „Cancel Culture“ wolle er nichts zu tun haben – Dreck werfen, ohne schmutzige Hände zu haben. „Wir sprechen hier nicht über Ge- und Verbote … sondern über ein professionsethisch angemessenes Verhalten der Autoren, Herausgeber und Verlage.“ Soweit der Jurist. Auf Deutsch heißt das: Maaßen darf keine Rechts-Kommentare schreiben, aber das sei kein Gebot und Verbot, sondern das mit dem angemessen und so. Wie der Spiegel berichtet, haben sich weitere Juristen dem Bochumer Professor Huster angeschlossen. Doch bisher halte der C.H.Beck-Verlag stand: „Als juristischer Fachverlag stehen wir für eine pluralistische und freie wissenschaftliche Diskussionskultur, solange sich diese im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt.“ Das Gegenteil hat Huster nicht bewiesen, nur behauptet, dass man sich die Frage stellen lassen müsse.