Tichys Einblick
Flüssiggas-Terminal vor Rügen

Der Druck auf Habecks LNG-Projekt steigt

Ob Opposition, Greenpeace oder Kommunalpolitiker vor Ort – sie alle sind gegen das LNG-Terminal vor Rügen, das 2024 in Betrieb genommen werden soll. Nun liegt dem Haushaltsausschuss ein offener Brief vor. Eine Petition, die das Bauprojekt stoppen will, erfreut sich großer Zustimmung. Noch gibt sich Habeck unbeeindruckt. Von Samuel Faber

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, Sassnitz Mukran, Rügen, 12.05.2023

IMAGO / BildFunkMV

Die Kritik an dem LNG-Terminal vor Rügen (TE berichtete mit als erstes) reißt nicht ab. Im Lichte des Verfassungsurteils, das ein klaffendes Finanzloch im Bundeshaushalt aufgedeckt hat, hoffen nun Kritiker, dass das Projekt gestoppt wird. Wirtschaftsminister Habeck hingegen treibt das Vorhaben voran, indem er auf die Energieversorgung durch Flüssiggas setzt, obwohl dieses als teuer und umweltschädlich gilt.

Selbst eine vom grünen Minister beauftragte Analyse des energiewirtschaftlichen Instituts EWI kommt zu dem Ergebnis, dass die deutschen LNG-Ausbauplanungen im Widerspruch zu den selbstgesteckten Klimazielen stehen. Unter den drei Szenarien zu Gasangebot und -nachfrage ist lediglich eines mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar – das Abkommen, welches für Klimaschützer als zentral gilt.

Die Firma Deutsche Regas plant, das Terminal auf der bekannten Urlaubsinsel Anfang 2024 in Betrieb zu nehmen. Es soll aus zwei Regasifizierungsschiffen bestehen. Bei der Regasifizierung führt man dem auf minus 162°C abgekühlten Erdgas über Wärmeaustauscher die Verdampfungswärme zu, um es weiter durch die Pipelines zu transportieren. Dazu wird ein Terminal benötigt. Eine 50 Kilometer lange Pipeline soll dann das Gas vom Grund des Greifswalder Boddens nach Lubmin weiterleiten, wo es dann in das Gasnetz eingespeist wird.

Offener Brief fordert, das Projekt zu canceln

Das Problem hierbei: Die 50 Kilometer lange Leitung soll durch sensible Meeresschutzgebiete gebaut werden. Kritiker befürchten, dass das Ökosystem der Insel irreparabel zerstört wird und aufgrund dessen die Touristen fernbleiben. Rügen gilt als Natur- und Erholungsgebiet.

Kürzlich erhielten die Mitglieder des Haushaltsausschusses deshalb einen offenen Brief, der vom Muster der sonstigen Schreiben dem Vernehmen nach abweicht: Es ging nicht darum, ein Projekt zu bewerben, das trotz des notwendigen Sparkurses realisiert werden soll. Vielmehr bestand das Anliegen darin, das Flüssiggas-Vorhaben komplett zu canceln.

Der Brief wurde von Karsten Schneider und Kai Gardeja unterschrieben, ihres Zeichens Bürgermeister und Tourismusdirektor vom Ostseebad Binz. „Das LNG-Terminal auf Rügen wird den deutschen Staat und damit die Steuerzahler mehr als eine Milliarde Euro sowie Sicherheitsgarantien in Milliardenhöhe kosten“, beginnen sie ihr Anliegen laut dem Merkur.

Weil die Folgen für die Natur so verheerend sind, würde sich laut dem Brief ein Stopp „für unsere Gesellschaft gleich doppelt auszahlen“. Zudem verweist das Schreiben darauf, dass die Gasspeicher „zu 100 Prozent gefüllt“ sind, während die bereits aktiven LNG-Terminals nur zur Hälfte ausgelastet sind.

Amthor kritisiert, Habeck schweigt

Mit diesen Worten endet der Brief: „Sie haben es in der Hand, den Bau dieser gewaltigen Investitionsruine zu stoppen, die deutsche Klimapolitik vor einem erheblichen Rückschritt zu bewahren und damit irreparable Schäden (…) abzuwenden.“ Hierzu passt auch eine Petition, die den Stopp des LNG-Terminals vor Rügen fordert, die (Stand 28.11.) mehr als 330.000 Menschen unterzeichnet haben.

Kritik kommt auch aus der Opposition. CDU-Politiker Philipp Amthor, der aus der Nähe von Rügen stammt, bezweifelt den Bedarf eines weiteren LNG-Terminals an der Ostsee. „Bei grüner Energiepolitik stellt sich leider ganz regelmäßig die Frage, ob sich Fakten überhaupt gegen Ideologie durchsetzen können“, so der 31-Jährige.

Aus dem Wirtschaftsministerium gibt es bisher keine Anzeichen, das LNG-Projekt vor Rügen zu stoppen.

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