Die Szene war gespenstisch: Dreißig Bücher wurden ins lodernde Feuer geworfen. Diese Szene spielte allerdings nicht 1933 in Deutschland, sondern 2019 in Kanada. Die Asche der Bücher verwandte man anschließend als Dünger für einen Baum, den man pflanzte. In dem Video für Schüler wurde verkündet: „Wir begraben die Asche von Rassismus, Diskriminierung und Klischees in der Hoffnung, dass wir in einem inklusiven Land aufwachsen, in dem alle in Wohlstand und Sicherheit leben.“
Laut Radio Canada fand diese große Säuberung 2019 in den Bibliotheken des Conseil scolaire catholique Providence statt. Insgesamt wurden in 30 französischen Schulen im Südwesten Ontarios 4.716 Bücher, was im Durchschnitt 157 Bücher pro Schule bedeutet, ausgesondert und vernichtet, vorrangig Bücher, die in irgendeiner Weise das Thema der Ureinwohner Kanadas berühren, zumeist in Kinderbüchern und Comics. Zu den ausgesonderten und auch verbrannten Comics gehörten „Tim und Struppi“, „Asterix und Obelix“ und „Tintin“.
Die katholische Schulbehörde, erfahren mit dem Index librorum prohibitorum, setzte mit Kies tatkräftiger Beratung Bücher auf den Index, weil die Sprache angeblich „inakzeptabel“ wäre, wie in dem Comic „Tintin in America“, oder weil das 1981 erschienene Buch „Les Esquimaux“ eine heute als abwertender Begriff geltende Bezeichnung für die Inuit wählte. Lucky-Luke-Bücher gerieten auf die Vernichtungsliste, weil in ihnen ein Ungleichgewicht der Machtverteilung zwischen Weißen und Ureinwohnern ausgemacht wurde. Ein anderes Buch, das humorvoll über die Beziehungen zwischen Ureinwohnern und den französischen und englischen Soldaten während der Kolonialzeit spottete, fand sich auf dem Index wieder, weil die Schulbehörde fehlerhafte Zeichnungen und eine „inakzeptable Sprache“ meinte zu entdecken. Eine Zeichnung in einem Comic galt bereits als „fehlerhaft“, wenn sie männliche Ureinwohner mit nacktem Oberkörper zeigte. Selbstverständlich trugen die Indigenen alle einen Armani-Anzug.
Suzie Kies begründete das Bücher-Autodafé schließlich damit, dass Kinder darauf angewiesen seien, dass man ihnen sagt, was richtig und was falsch ist. Und was richtig und was falsch ist, wusste am besten die „Wissensbewahrerin“ Suzie Kies.
Und damit Jim Knopf und Pippi Langstrumpf den Kindern nicht mehr vorgelesen werden, hat Kassama in ihrer Kita verfügt: „Im Februar habe ich gesagt: Der Black History Month steht an, wie können wir den umsetzen? Eine Kollegin schlug vor, vorübergehend nur Kinderbücher mit schwarzen Hauptfiguren in der Bibliothek zu belassen. Das hat gut funktioniert, gut im Sinne von: Es hat niemand gemerkt. Kein Kind hat ein Buch vermisst.“ Denn für Kassama „ist die Kita ein politischer Ort“, ein Ort der Indoktrination also.
Und damit bei Kassamas ideologischem Feldzug nichts schief geht, hat sie „dafür gesorgt, dass alle Kolleginnen und Kollegen ein Antirassismustraining machen. Ich hole Menschen in die Kita, die den Blick dafür schärfen, was Rassismus ist. Schwarze mit Rassismuserfahrung, die unsere Kinder natürlich nicht haben, weil sie weiß sind. Alle zwei Jahre ist ein Critical-Whiteness-Training oder ein Antirassismustraining verpflichtend.“ Brain wash kennt man aus Diktaturen, in Deutschland hatten wir zwei davon, und inzwischen in Hamburger Kitas. Verbrannt hat Christiane Kassama „Jim Knopf“ und „Pippi Langstrumpf“ nicht, aber aus der Kita verbannt. Weiße Kinder, die, weil sie weiß sind, strukturell rassistisch sind, haben deshalb mit schwarzen Helden aufzuwachsen. Haben sie sich auch ihrer Hautfarbe zu schämen? Vielleicht führt Christiane Kassama in ihrer Kita noch den White-Shame-Day ein.
Eine knappe Woche vor Deutschland wird in Kanada gewählt. Für Kanadas Premierminister Trudeau erweist sich die Parteifreundin, die er sehr unterstützt hat, nun als Belastung. Nur trifft Suzie Kies keine Schuld an der substanzlosen Politik Trudeaus, nicht an einem Klima der Intoleranz, der Kulturvernichtung, der Indoktrination, der Cancel Culture, sie hat es nur für sich benutzt, wie es auch ein Versagen der Hamburger Sozialdemokraten, Scholzens engster Genossen ist, Kita-Leiterinnen wie Christiane Kassama, die mit ihrer zweifelhaften literarischen Bildung und ihrer fragwürdigen Ideologie Mitarbeiter und Kinder indoktriniert und das Neutralitätsgebot der Bildungseinrichtungen missachtet, im Amt zu belassen.
An den Universitäten und Hochschulen wird von einer radikalen Minderheit unter den Studenten, die von den Linken, den Grünen und der SPD unterstützt, von der CDU/CSU wohlwollend geduldet und von der Feigheit, dem Opportunismus oder der Gesinnungsgenossenschaft der Hochschulleitungen gefördert wird, ein Klima der Intoleranz, der Diskriminierung, der Angst und des Totalitarismus geschaffen. Zunehmend geht in der westlichen Welt die Aufklärung verloren und macht einem brutalen Obskurantismus Platz. Aber die Aufklärung ist als Schöpfung „weißer Männer“ für die studentischen Aktivisten und dem intellektuellen Prekariat verschiedener akademischer Weihen zum Feind schlechthin geworden.
Klaus Kinzler, der als junger Mann 1983 nach Frankreich ausgewandert war und dem dort eine universitäre Karriere gelang, galt zwar als Neoliberaler, doch nun hat man ihm das Etikett „islamophob“ angehängt, was in gewissen Kreisen in Frankreich so viel wie in Deutschland Nazi bedeutet. Die NZZ kommentiert den Vorfall vollkommen richtig als „Konflikt zwischen Aktivisten und kritischer Wissenschaft“.
Im Herbst 2020 wurde am politologischen Institut der Universität Grenoble in Arbeitsgruppen eine Aktionswoche für Gleichheit und Kampf gegen Diskriminierung vorbereitet. Zwischen den Professoren Klaus Kinzler und Claire Marynower kam es zum Streit, weil Kinzler den Begriff Islamophobie wissenschaftlich korrekt für fragwürdig hielt, denn es stellte sich bei diesem Begriff die Frage, ob es nicht hierbei lediglich „um eine Propagandawaffe von Extremisten geht, die intelligenter sind als wir.“ Die Professorin Claire Marynower hingegen hält den Begriff nur in der Politik für umstritten, nicht aber in der Wissenschaft, eine Vorstellung, die sie übrigens als Wissenschaftlerin diskreditiert und als Ideologin qualifiziert.
Kaum hatte Kinzler den Einwand gewagt, brach die Hölle los. Die Direktorin des sozialwissenschaftliches Labors Pacte publizierte eine Kommuniqué, in dem sie ohne Namensnennung Kinzler vorwarf, seine Kollegin Marynower gemobbt zu haben, zumal der Begriff Islamophobie in der Wissenschaft noch viel stärker Einzug halten müsse, weil, wie ihre abenteuerliche, ganz im Sinne des Islamogauchismo gehaltene Begründung lautete, in der Gesellschaft rassistische Meinungen zunehmen würden. Madame Direktrice besaß zwar kein wissenschaftliches und auch sonst kein Argument, aber den viel effektiveren Vorwurf, dass ein Mann eine Frau und überhaupt die ganze Wissenschaft mobben würde. Man darf annehmen, dass die Wissenschaftlerin wusste, was sie tat, denn radikale Studenten dürften das Kommuniqué als Jagdaufruf auf den Wissenschaftler verstanden haben und begannen nun eine Kampagne in den sozialen Medien gegen den Professor, den die Kollegen bis auf zwei von da an bestenfalls mieden, zu entfesseln. Der Untersuchungsbericht des Erziehungsministeriums kam zu dem Schluss, dass es den Studenten darum ging, den Professor von der Universität zu vertreiben, einzig aus dem Grund, weil er ein „rechter“ Professor war.
Wo man hinblickt, wird deutlich, dass die Linke und der Linksliberalismus sich im Modus des Klassenkampfes befinden. Elementare Bürgerrechte gelten nicht mehr, wenn sie der politischen Gesinnung entgegen stehen. Doch, was sich als so fortschrittlich gibt, ist in Wahrheit altbekannt und reaktionär. Die totalitäre Versuchung, der die Linksliberalen erlegen sind, hat der französische Politologe Pierre-André Taguieff, eher ein Mann der Linken, als „senile Krankheit der heutigen Linksintellektuellen“ bezeichnet. Man könnte auch sagen, wer entweder zu faul, oder zu feige oder einfach nur unfähig zum Denken ist, legt sich eine Gesinnung zu, die hegemonial ist – und die ist im dekadenten Westen links.